Konzert:Sehnsucht Süden

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Zaubern sinnliche Musik in die Aula des Gymnasiums: Das Duo mit der Geigerin Jeanette Pitkevica und dem Gitarristen Maximilian Mangold. (Foto: Arlet Ulfers)

Gitarrist Maximilian Mangold und Geigerin Jeanette Pitkevica zeigen in Gilching große Musik im kleinen Format

Von Reinhard Palmer, Gilching

Konzertbesucher im Landkreis mussten schon ihr Gedächtnis anstrengen, um sich an Maximilian Mangold zu erinnern. Der renommierte Gitarrist war 2007 in Tutzing, 2009 dann in der Aula des Gilchinger Gymnasiums zu Gast beim Kulturkreis Gilching mit der Flötistin Stephanie Hamburger, mit der er schon damals Piazzollas "Histoire du Tango" interpretierte. Aber im Duo mit einer Violine war es nun im Gilchinger Gymnasium eine andere Geschichte, zumal diese von der temperamentvollen Lettin aus Riga, Jeanette Pitkevica, gespielt wurde. Eine Geigerin, die immer auf die Klangsubstanz achtet, auch wenn es leise wird.

Ebenso mit den drei ausgewählten solistischen Tango-Études war die Violine die Alternativbesetzung zur Flöte. Doch Pitkevica machte hier deutlich, dass die Interpretation mit der Violine eigene Qualitäten entwickelt, etwa charakterstarkes Drängen oder elegische Leidenschaft, wie sie eine Flöte so ausdrucksstark nicht hervorzubringen imstande ist.

Es ging allerdings nicht nur um Piazzolla allein. Das Thema "Sehnsucht Süden" bot eine große Spanne. Wichtiger Faktor fürs südliche Flair ist vor allem die Gitarre. Dass am Anfang eine Komposition von Paganini stand, hatte seine Logik. Denn der Teufelsgeiger, der ebenfalls die Gitarre virtuos beherrschte, hatte für die Popularität des Instruments im 19. Jahrhundert viel geleistet. Allerdings sind die Centone di Sonate op. 64 (hier Nr. 1) nicht virtuose Konzertstücke, sondern vielmehr intime Hausmusiken. Pitkevica und Mangold zeigten, dass selbst mit kleinen Formen große Musik zu machen ist. Angesichts der Klangschönheit eines so instrumentierten Duos verwundert es, dass es relativ wenig Literatur dafür gibt. Wenn, dann meist von Komponisten, die selbst Gitarristen waren.

So etwa der Frühromantiker Francesco Molino. In dessen Nocturne op. 37 konnte das Duo die instrumentale Kombination mit klangschöner Ensemblehomogenität auskosten. Viele der als spanische Musik schlechthin angenommenen Stücke sahen im Original keine Gitarre vor. So die "Siete canciones populares españolas", sechs Volkslieder für Mezzosopran, die vom Klavier begleitet werden, und die später mit Gitarrenbegleitung arrangiert, ferner als "Suite populaire espagnole" für Klavier und Violine herauskamen. Das Duo Pitkevica und Mangold nahm beide Arrangements zur Hand, um die Stücke selbst spielen zu können. Überzeugend, denn die feinen Nuancen dieser Konstellation machten die Musik überaus sinnlich.

Eine Qualität, die Mangold mit drei Stücken vom Paraguayer Agustín Barrios später solistisch vorführen sollte: mit musikantischer Spiellust des "Aire de Zamba", mit leichtem Schmiss im beschwingten Vals op. 8/4. Der Tremolo-Gesang "Canción de la Hilandera" geriet etwas matt, doch mit einer plastisch geformten Melodik. Solche Differenziertheit sah Piazzolla auch in seiner "Histoire du Tango", seinem vierteiligen Zyklus vor. Pitkevica nutzte ihre Freiheit, rahmte etwa die zarte Lyrik in "Bordel 1900" mit vergnügt schmissiger Ausgelassenheit oder verführte mit Sentimentalität des "Café 1930". Die Paarung Empfindsam-Temperamentvoll setzte sich auch im energischen "Nightclub 1960" fort. In "Concert d'aufourd'hui" lockerte das Duo die Zügel und gab hier ein schrill-freitonales Finale mit Bravour. Und noch sehnsuchtsvoll Paganinis "Cantabile" in der reich beklatschten Zugabe.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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