Konzert:Reizvolle Kontraste

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Leidenschaftlich: Cellist Thomas Carroll und Pianistin Elizabeth Hopkins beim Konzert in Gilching. (Foto: Fuchs)

Das Trio Hopkins, Kucharsky und Carroll in Gilching

Von Reinhard Palmer, Gilching

Es war nicht zum ersten Mal, dass dieses Trio in den thematischen Konzertreihen der Gilchinger Pianistin Elizabeth Hopkins auftrat. An das Schubert-Projekt erinnert eine sehr gelungene CD-Einspielung. Hopkins konzertiert mit dem Geiger Boris Kucharsky bereits seit vielen Jahren. Charakteristisch für ihre Konzerte im Gymnasium Gilching ist das präzise, zugleich musikalische, substanzvolle und sehr homogene Zusammenspiel. Die Beliebtheit der beiden Musiker sorgte auch dieses Mal beim vierten und letzten Konzert der von Hopkins konzipierten und moderierten Reihe "Cello plus" mit Werken von Beethoven für einen gut gefüllten Saal.

Dem Inhalt der Reihe entsprechend war der im Programmheft als "Starcellist" titulierte Brite Thomas Carroll der Protagonist. Seine kraftvolle, energische Spielweise erwies sich für den Charakter der Trios geradezu als ideal. Das Ensemble zeigte sich denn auch im interpretatorischen Zugriff absolut einig, zudem funktionierte die Kommunikation mühelos. Die überraschendsten Wendungen konnten so in wirkungsvoller Einhelligkeit für große Momente mit außergewöhnlichem Reiz sorgen, insbesondere die weiten Rücknahmen aus leidenschaftlicher Klangfülle zu einer zarten, beredsamen Innigkeit.

Schon in den beiden Beethoven-Sonaten für Klavier und Violoncello op. 102 zeigte Carroll, von der einfühlsamen und pianistisch geschmeidigen Hopkins begleitet, enorme Ausdruckskraft, einhergehend mit einem Reichtum an Farbnuancen und Emotionen. Anlass für diese Vielfalt liefern ja die Spätwerke des zu dieser Zeit schon ertaubten Komponisten im Überfluss. Das Duo vermochte den kapriziösen Charakter des Werkpaares, das man "beim ersten Hören ohnmöglich verstehen" kann - so 1815 der Mannheimer Kapellmeister Michael Frey -, jeweils in einen schlüssigen dramaturgischen Kontext zu stellen. Das Kontrastprogramm in dem ausladenden Auf und Ab der Emotionen fiel extrem aus. Carroll feuerte zu temperamentvoller und leidenschaftlicher Substanzfülle an, die mitunter schon mal recht ruppig oder wuchtig daherkommen konnte. Singende Melodielinien, wie sie nicht nur jeweils im Adagio vorkommen, sondern auch als Kontrastmittel in den schnellen Sätzen, formte das Duo mit Intensität und atmender Weite. Die Nähe zur Romantik machte sich in dieser Interpretation deutlich bemerkbar und legitimierte die Empfindsamkeit der bisweilen gewollt kraftlos in sich zusammensinkenden Rücknahmen.

In Beethovens vier Jahre früher entstandenem Erzherzogtrio B-Dur ist dieser Ansatz nicht minder gültig, zumal die thematische Arbeit darin nichts Heroisches an sich hat. Der breite, liedhafte Gesang trägt vielmehr etwas Sinfonisches in sich. Und das Trio ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, diesen Charakterzug zu unterstreichen. Um so größer fielen die Kontraste aus, wenn es dann im Scherzo spritzig leicht und vergnügt zuging und sich der Triosatz anschließend verdüsterte. Beim Schlusssatz ging es dann im extremen Kontrastprogramm zum Finale hin. Eine klare dramaturgische Linie, die mit dem Andante cantabile an dritter Stelle eine Insel der Seligkeit zum Ausruhen vor der letzten Etappe anbot und vom Trio Kucharsky, Carroll und Hopkins zu einem ergreifenden, stillen Gebet geformt wurde. Eine Interpretation, die keine Fragen offen ließ und dennoch erfrischend neuartig und ungemein packend war. Lang anhaltender, begeisterter Applaus.

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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