Konzert:Nichts für Genießer

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Zwischen Jazz und Neuer Musik: Ronny Graupe, Henning Sieverts und Nils Wogram (von links) beim Konzert im Bosco. (Foto: Arlet Ulfers)

Henning Sieverts mit seinem Trio im Bosco

Wenn drei herausragende Jazzmusiker miteinander musizieren, muss nicht unbedingt Jazz dabei herauskommen. Zumindest keiner im herkömmlichen Sinne. Der Cellist und Kontrabassist Henning Sieverts hat sich wohl auch kaum den Kopf darüber zerbrochen, wie das Kind zu taufen ist, als er das experimentierfreudige Unternehmen startete. Am Anfang war die Symmetrie, der Sieverts nachzugehen begann. Ein Ansatz, der im akribischen Analysieren und Konstruieren nicht mehr so ganz der Idee des freien Improvisierens, mit der man für gewöhnlich Jazz assoziiert, gerecht wird.

Sieverts, der Posaunist Nils Wogram und der Gitarrist Ronny Graupe improvisierten beim Gautinger Jazzforum im Bosco durchaus auch, aber in einem eng abgesteckten Rahmen. In Sieverts' Kompositionen für Symmethree geht es eben um systemische Konstrukte, die nicht per Zufall entstehen, sondern auskomponiert sind. Eine weitgehend intellektuelle Erfindung, die der Neuen Musik noch am nächsten kommt. Die extravagante Besetzung unterstreicht mit ihrem Changieren zwischen Homo- und Heterogenität diese Positionierung, zumal mit der sparsamen elektronischen Verstärkung ein ausgeprägt kammermusikalischer Charakter den Klang dominiert. Hinzu kam ein Element, das seit Jahrhunderten schon Komponisten beschäftigt: das Motiv B-A-C-H. Im Grunde ging es nicht um Bachs Kompositionsweise, auch wenn sich der Übervater der E-Musik mit Symmetrien, Umkehrungen und Spiegelungen befasst hatte. Bis auf die "Bach-Ballade" (einer der Arbeitstitel im frischen Repertoire), wo tatsächlich auch die barocke Musik klar erkennbar erklang.

In Richtung aufs Konzertende wuchs der Anteil an echtem Jazz. "Nine on Twelve", einem Messiaen-Schema folgend, erwies sich als hastender Bebop-Blues mit Kraft und Energie. Immer wieder auftauchende Grooves sorgten für den nötigen Antrieb als Ausgleich zu kopflastigen Passagen. Trotz aller Chromatik, bisweilen in Clustern vorgetragen, bewahrte sich das Trio dabei stets Klarheit und Transparenz Kein entspanntes Hörvergnügen, aber geistvoll und faszinierend.

© SZ vom 06.04.2019 / palm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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