Konzert:Jazz mit barocker Vorlage

Lesezeit: 1 min

Feinarbeit am Kontrabass: Dieter Ilg beim Konzert in Feldafing. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Trio des Bassisten Dieter Ilg spielt in Feldafing Bach

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Im Grunde gehören Bach-Werke längst zu den Jazz-Standards. Ausgeprägte Tektonik, modulationsreiche Harmonik, klare Basslinien und Rhythmen, vorantreibende Motorik, poetisches Fortspinnen der Themen: All das sind Charakteristika, die dem Jazz weit entgegenkommen. Die Liste der Jazzmusiker, die sich an Bach heranwagen, ist lang, so unterschiedlich die Vorgehensweise dabei ist. Auch Kontrabassist Dieter Ilg fand seinen Weg, der sich schon bei Beethoven bewährte, was Ilg 2017 beim Seejazz-Festival bewies. Erneut zusammen mit Rainer Böhm am Klavier und Patrice Héral am Schlagzeug ging er nun bei Jazz am See im Feldafinger Bürgersaal in vergleichbar analytischer Art an Bach heran. Sensibel, zurückhaltend im Volumen und ohne Pathos, doch im erprobten dramaturgischen Aufbau von meist sanft-poetischem Ausgangsmaterial bis zu virtuosen Ausbrüchen.

Bach vom Kontrabass her zu denken, ist mit der barocken Opulenz vereinbar, auch wenn die Rolle der Basslinie bei Bach eine andere war. In die stimmte auch Ilg ein, wenn Böhm von Bachs Original abrückte, um virtuose Variationen zu erfinden, manchmal gesteigert bis zum Bebop. Hier war der Bass im Sinne Bachs das tektonische Fundament und die dunkle Substanz. Der Entfremdung mit dem thematisch führenden Bass entging das Ensemble mit der geschickten Auswahl der Vorlagen. Die Goldberg-Variationen waren die beste Wahl, entstammte doch die Gattung der Variation dem improvisatorischen Fach. Das Besondere: Bach variierte nicht die Melodiestimme der Aria, sondern die Basslinie, worauf Ilg direkt aufbaute. Wer wegen des CD- und Konzerttitels aufs Motiv B-A-C-H wartete, wurde enttäuscht, denn so betitelte das Trio nur die Auswahl der Variation als "Goldberg B", "Goldberg A" etc.

Das Trio gestand sich ausgedehnte solistische Einlagen zu. So brillierte Ilg fetzig im Cembalokonzert BWV 1052, Héral im kleinen Präludium BWV 924 und Böhm ebenfalls im Bogen von zart bis opulent im Präludium XII des Wohltemperierten Klaviers. Als besinnliche Zugabe gab es Bachs betörendes Air.

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: