Konzert:Fingerakrobaten

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Janoska Ensemble erobert sein Publikum im Sturm

Von Reinhard Palmer, Andechs

Es war zu erwarten, dass sich diesmal zur "Russian Passion" der Andechser Florian-Stadl besser füllen würde als zum letztjährigen Konzert, als das aus Wien angereiste Janoska Ensemble zum ersten Mal die Ammerseerenade beehrte - und das Publikum sogleich im Sturm eroberte. Die drei Janoska-Brüder, Ondrej und Roman an den Violinen sowie Frantisek am Klavier, und deren angeheirateter Cousin Julius Darvas am Kontrabass haben allesamt eine solide klassische Ausbildung genossen, haben in dem Fach eine umfangreiche Berufserfahrung, sind daher auch meisterhafte Instrumentalisten. Und das nutzen sie auch ergiebig, um ihre ungewöhnlichen, Grenzen überschreitenden Arrangements und Kompositionen mit einer ordentlichen Portion Euphorisiakum spektakulär anzureichern. Es gibt kaum ein Stück im Repertoire des Quartetts, das nicht auch mit virtuosen, bisweilen Fingerakrobatischen Passagen ausgestattet wäre. Den Janoskas und Darvas liegt offenbar neben der rein musikalischen Qualität vor allem auch die emotionale Erfahrbarkeit am Herzen. Und hörte man den frenetischen Jubel, den im Florian-Stadl jedes Stück des Ensembles entfesselte, dann bleibt nur zu konstatieren, dass es treffsicher gelang.

Nur wenige Stücke im Repertoire des Janoska Ensembles sind Originalkompositionen für diese Besetzung. In der Regel handelt es sich um Bearbeitungen bekannter Klassikstücke oder populärer Melodien, die aber nach der bewehrten Methode des "Janoska Style" zu musikalischen Bomben verarbeitet werden. Sie leben vom unentwegten Wandel und einer weit gefächerten Variationsvielfalt. Jedes Stück ist eine Rhapsodie über das Ausgangsstück, die durch weite musikalische Landschaften wandert, hier und da Motivanspielungen auf weitere Werke einwirft, vor allem aber für ein Wechselbad der Gefühle sorgt.

Ganz gleich, ob es die Fledermaus-Ouvertüre, Kreislers "Liebesleid", Tschaikowskys "Melodie" aus "Souvenir d'un lieu che" op. 42, Prokofjews Flötensonate op. 94, Frantisek Janoskas "Sergei Csárdás" mit Rachmaninow-Motiven, Rachmaninows "Vocalise" oder russische Romanzen und Volkslieder waren: Sie konnten Anlass zugleich für temperamentvolles Musikantentum, leidenschaftliche Elegie, einfühlsame Lyrik, aber auch mitreißende Jazz-Improvisationen und konzertante Virtuositätseinlagen sein. Schließlich fließt ungarisches Blut in den Adern der Ensemble-Mitglieder und verbindet die Musiker mit den Musikanten, die hingebungsvollen Klassiker mit den ekstatischen Magiern. Am Ende war das Publikum wieder aus dem Häuschen, bekam vom Janoska Ensemble zwei ausgedehnte Zugaben und die Ankündigung, im kommenden Jahr wiederzukommen.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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