Konzert:Debussy - mal ganz anders

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Christa Edelhoff-Weyde und Bradford Robinson verstanden sich als Duo bestens. Sie spielten Geld für die Restaurierung des Bechstein-Flügels ein. (Foto: Arlet Ulfers)

Benefizkonzert in Herrsching überrascht mit Raritäten des Komponisten

Von Reinhard Palmer, Herrsching

Der US-amerikanische Musikwissenschaftler und Pianist Bradford Robinson hatte gewiss Recht, als er zum Auftakt des Benefizkonzerts im Gemeindesaal der Erlöserkirche Herrsching von Debussy sprach. Es ist zu wenig über den französischen Komponisten bekannt, die interpretierte Literatur von ihm auf wenige Stücke reduziert, seine Würdigung als Pionier der Moderne zu gering - und die Veranstaltungen zum 100. Todestag sind wohl vergessen worden. Der große Poet zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert warf im Grunde als erster die Fesseln der Tonalität ab, ohne die tradierten Werte der Ästhetik gänzlich zu verwerfen. Vielleicht war er aber nicht skandalös genug, um von der Geschichte angemessen wahrgenommen zu werden.

Gegen diese Missachtung trat Robinson mit seinem eloquent und fundiert moderierten Debussy-Programm an, wobei die Spenden (statt Eintritt) für die Restaurierung des 100 Jahre alten Bechstein-Flügels sind. Der Flügel sollte auch einer der Protagonisten des Abends sein. Zusammen mit Christa Edelhoff-Weyde setzte sich Robinson an ihn, um vierhändig einen Abriss des Debussy-Gesamtwerkes zu geben, also eher mit Randerscheinungen im Œuvre des Komponisten. In der Symphonie h-Moll war das Vorbild Tschaikowski des erst 18-jährigen Debussys noch deutlich zu spüren, vordringlich im elegischen Tenor. Er machte aber passagenweise eigenen Ideen Debussys Platz, wenn auch noch nah an der Romantik. Die Besonderheit, die das Programm durchzog, war die Verhaltenheit in den Ausprägungen. Debussy suchte besondere Atmosphären, weniger vordergründige Wirkungen. Edelhoff-Weyde und Robinson verstanden sich bestens als Duo gerade in dieser Hinsicht und ließen die reiche Farbigkeit in einem begrenzten dynamischen Bereich feinsinnig changieren. Besonders farbenreich im Prélude aus der biblischen Cantate "L'enfant prodique" (Der verlorene Sohn) von 1884. Zehn Jahre später entstand das bekannte Werk "Prélude à l'après-midi d'un faune", das hier in einer Bearbeitung von Ravel Debussys rhapsodischen Ansatz deutlich herausstellte, um 20 Jahre später in den "Six épigraphes antiques" zu einer bilderreichen Vollendung zu gelangen.

Absolute Raritäten waren die Vokalwerke, die mit dem achtköpfigen Ensemble Pévernage unter der Leitung von Edelhoff-Weyde mit gestalterischem Reichtum überzeugten. Zunächst im schönfarbig-melancholischen "Beau Soir", vor allem aber in den "Trois Chansons de Charles d'Orleans" a cappella waren sie von bildhafter Beredsamkeit. Klangmalerei war gewiss die große Stärke Debussys, vom Klavierduo Edelhoff-Weyde und Robinson in "Petite Suite" von 1888 in einen heiteren Farbenrausch verwandelt: vergnüglich leicht, beschwingt rhythmisiert, feinfühlig im Ausdruck. Der lang anhaltende, begeisterte Schlussapplaus überraschte nicht.

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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