Kommunalwahl:Bürgermeister, zum Dritten!

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Münsings Amtsinhaber Michael Grasl hat erneut keinen Gegenkandidaten, kündigt aber seinen Abschied in sechs Jahren an

Von Benjamin Engel, Münsing

Durch die Fenster seines Amtszimmers sieht Münsings Bürgermeister auf die Gipfel der Alpenkette. Dieses Panorama könnte Michael Grasl (Freie Wähler) bis zur Kommunalwahl am 15. März einfach nur auf sich wirken lassen. Denn politisch spannend wird es für den langjährigen Rathauschef wohl kaum noch. Zum dritten Mal in Folge hat er keinen Gegenkandidaten. Womöglich ein Vertrauensbeweis für seine Arbeit, mit dem er sich aber nicht zufriedengibt. "Ich finde es langweilig und undemokratisch", sagt Grasl. "Für eine Wahl wäre es natürlich schöner und besser, man hätte eine Möglichkeit, sich auch entsprechend zu positionieren." In Münsing habe dies aber eine gewisse Tradition. Einmal im Amt hätten sich seine Vorgänger selten mit Gegenkandidaten auseinandersetzen müssen.

Die Weichen auf Wechsel hat Grasl allerdings frühzeitig gestellt. 2026 will er nicht noch einmal als Bürgermeister kandidieren. Das hat er bereits Anfang 2019 angekündigt. Bis dahin wäre er fast 21 Jahre im Amt. So habe er potenziellen Interessenten genügend Zeit geben wollen, sich zu positionieren, sagt Grasl. "Mir selbst wollte ich eine Perspektive verschaffen, um alles zu geben, ohne eine lahme Ente zu sein."

Das größte Projekt der kommenden Jahre für die Kommune liegt direkt in Sichtweite des Rathauses. Dort steht der Pallaufhof, an dessen Stelle ein neues Bürgerhaus für die Verwaltung samt Veranstaltungssaal entstehen soll. Mit dem Abriss des alten Hauses aus der Nachkriegszeit soll noch im Frühjahr begonnen werden. Der Bürgermeister spricht selbst von einem "alles beherrschenden Projekt", was erste Kostenschätzungen und auch der Anspruch deutlich machen.

Grasl nennt mehr als 15 Millionen Euro bis hin zu möglichen 18 Millionen Euro. Der Gemeinderat hat daher bereits Kürzungen beschlossen, etwa von einer Stahl- auf eine Holztragekonstruktion im Veranstaltungssaal umzuschwenken, was den Raum niedriger machen wird. "Die Kürzung war nur der Anfang", sagt Grasl. Über einen Antrag, den Veranstaltungssaal auf maximal 200 Personen zu beschränken und damit die Kapazität zu halbieren, soll der Gemeinderat im März abstimmen. Die Entscheidung hängt auch davon ab, wie viel Fördergelder die Kommune bekommen kann.

Für den Bau des Bürgerhauses hat sich das Architektenteam um Bernhard Peck und Armin Daam in einem Wettbewerb durchgesetzt. Mit ihrem Team greifen sie die lang gestreckte Form des Einfirsthofs auf. Eine Tiefgarage und ein Veranstaltungssaal mit 350 bis 400 Plätzen sollen ihrem Entwurf nach entstehen. Grasl selbst sagt, dass er zum Wettbewerbsergebnis stehe. Es gebe nur verschiedene Auffassungen zur Größenordnung. "Es soll ein kulturelles Zentrum am Ostufer werden", sagt Grasl.

Dort kann er sich Kunstausstellungen, Tagungen, Auftritte von Kabarettisten, Konzerte oder Lesungen vorstellen. "Das wird auch im Betrieb eine ganz andere Nummer werden. Wir werden nicht nur fünf Tage im Jahr Veranstaltungen machen." Dafür brauche die Gemeinde ein professionelles Veranstaltungsmanagement. Wenn alles gut geht, wird der neu gewählte Gemeinderat in der nächsten Amtsperiode laut Grasl noch in dem neuen Bürgerhaus einziehen.

Das bei weitem teuerste Projekt der 4300-Einwohner-Kommune Münsing könnte schon allein Managementaufgabe genug sein. Doch im neuen Gemeinderat wird Grasl nach der Kommunalwahl im März zudem noch die Interessen von womöglich wieder acht Gruppierungen austarieren müssen. Ein Gremium zu einen, das zusammenarbeite, sei herausfordernd, sagt er. Zugute kommen Grasl dafür seine Erfahrungen in der Kommunalverwaltung, zuletzt als Bauamtsleiter in Schäftlarn bis 2005. Sachlich und unaufgeregt leitet er die Sitzungen im Gemeinderat. Bei wichtigen Vorhaben lässt er erst einmal ausgiebig diskutieren, ehe er anmahnt nun doch bitte zu einer Entscheidung zu kommen. So treibt er wichtige Projekte Schritt für Schritt voran.

Von diesen existieren in Münsing mehr als genug. Als realistisch bezeichnet es Grasl etwa, dass die Ammerlander Feuerwehr in der nächsten Amtsperiode endlich ein neues Gerätehaus bekommt. Dafür hat die Kommune ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet. Das soll das Vorhaben ermöglichen, auch wenn die weitaus umfangreicheren Hochwasserschutzmaßnahmen für Ammerland noch stocken. Für das Seniorenwohnstift in Ambach bereitet die Kommune derzeit den Bebauungsplan vor. Grasl schließt aber derzeit aus, dort gegenüber, wie von Einheimischen gefordert, Bauland auszuweisen. Erst wenn ein neuer Flächennutzungsplan für die ganze Kommune aufgestellt würde, werde das Thema wieder aufgerollt.

Zur Daseinsvorsorge zählen genauso Einrichtungen für Kinder und Senioren. Grasl spricht von einer möglicherweise nötigen Zwischenlösung, bevor das jetzige Rathaus zu einem Haus des Kindes umgebaut werden soll. Mittelfristig brauche es für nicht so gut betuchte Senioren in der Kommune eine Tagesbetreuung oder -pflege. Themen wie die Vereinsamung älterer Menschen würden ausgespart. "Mir fehlen die Visionen im sozialen Bereich", sagt Grasl. "Man kann nicht nur über Sportstätten reden." In das Sportzentrum am Hartlweg habe die Kommune viel investiert. Eine Mehrzweckhalle sei in nächster Zeit kaum realistisch.

Zu den Forderungen nach Tempo 30 der Bürgerliste und auch der Grünen auf der Münsinger Hauptstraße mahnt Grasl, realistisch zu bleiben. In der Vergangenheit hat das Tölzer Landratsamt Geschwindigkeitsbegrenzungen abgelehnt. "Man muss ehrlich bleiben, was geht und was nicht geht", sagt er. Gleichwohl prüfe die Kommune einen Antrag der Bürgerliste auf Tempo 30 aus Lärmschutzgründen. Das erfordere aber umfangreiche Analysen, wozu Fachleute eingeschaltet seien.

In der Kontroverse um den bei Holzhausen geplanten Mobilfunkmast fehlt bislang eine Lösung. Der Gemeinderat hatte den Bauantrag abgelehnt. Ein Teilflächennutzungsplan soll orts- und landschaftsverträgliche Standorte festlegen. Dafür hat die Kommune Fachbüros und Juristen eingeschaltet, laut Grasl gibt es aber noch keine Lösung.

Die vielen Projekte fordern Grasl. Zum Ausgleich treibt er Sport, ist selbst begeisterter Radfahrer. Oder Münsings Bürgermeister greift zur Tuba. Früher war er Vorsitzender der Holzhauser Musikkapelle. Mit dem früheren Gemeinderatskollegen Sepp Leis spielt Grasl immer noch in einem Quartett, wenn es die Zeit erlaubt. Und das ist für Grasl wichtig. "Man bekommt sonst den Kopf nicht frei."

© SZ vom 04.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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