Nepomuk:Der Seegeist und sein Bildnis

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Der Fotoapparat am Starnberger Bahnhof ist defekt. (Foto: Nila Thiel)

Der Nepomuk hätte so gerne ein Konterfei von sich. Aber das ist problematisch.

Von Eurem Nepomuk, Starnberg

Neulich habe ich in einer der hintersten Ecken ein altes Bild entdeckt. Ein tolles Ding. In Öl und in einem fetten goldenen Rahmen. So mit Schnörkeln an den Seiten. Es zeigt einen Ururopa von mir. Er trug sogar ein Monokel auf der Nase, damit er alles noch besser sehen konnte. Er hieß natürlich auch Nepomuk. "Nepomuk I." Ja, der Name hat bei uns Familientradition. Er war vermutlich der erste Seegeist im Fünfseenland überhaupt. Muss ein besonders schlauer Bursche gewesen sein und zäh obendrein. Schließlich wurde er sehr, sehr alt - so an die 340 Jahre, glaube ich. In jedem Fall kannte er tausend Geschichten über den Landkreis, wusste über alles und jeden Bescheid. Zumindest erzählt man sich das.

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So wie er möchte auch ich gerne sein. Gut, ich weiß auch einen Haufen Geschichten. Aber sicher nicht so viele wie er. Ja, mein Öl-Ururopa war schon ein echt toller Hecht und bekannt in allen Wassern. Da kann ich natürlich nicht mithalten. Und ein Ölbild gibt es von mir auch nicht. Was schade ist und irgendwie ungerecht. Denn schließlich gebe ich mir auch seit so vielen Jahren wirklich Mühe, euch die geheimsten Geheimnisse zu erzählen. Da wäre ein Ölporträt mit meinem Konterfei in jedem Fall angebracht. Aber bisher wollte mich noch niemand malen. Ja, so sind die Künstler im Fünfseenland: Bepinseln Leinwände noch und nöcher, aber dass sie mich mal porträtieren würden - Pustekuchen.

Starnberg (Foto: Bernd Schifferdecker)

Doch vielleicht ist so ein Ölschinken auch einfach nicht mehr zeitgemäß. Heute drückt man eher auf die Auslöser von Handys oder Fotoapparaten. Man muss eben mit der Zeit gehen. Auch ich. Darum habe ich mich ordentlich hergerichtet, die Haare gewaschen und gebürstet und ein freundliches Gesicht aufgesetzt. Bin zum Bahnhof Nord in Starnberg marschiert und dort schnurstracks zum Fotoautomaten: Vorhang zur Seite gezogen, in Position gesetzt, freundlich geschaut und auf die grüne Taste gedrückt! Doch dann erschien nicht etwa ein Foto im Ausgabeschlitz, sondern der Schriftzug: Automat defekt!

Also schnell zum nahen Bahnhof Starnberg. Da steht ja noch so ein Ding. Power-Walking zum See bei minus sieben Grad, das hält gesund. Wieder das gleiche Spiel: Vorhang weg und in Position gesetzt. Aber da steht die Auflösung gleich auf dem Bildschirm: außer Betrieb! Der zweite kaputte Automat in Starnberg, na bravo.

Muss ich jetzt doch dem Betreiber des nahen Fotostudios neben dem Seearkaden-Parkhaus ein teures Nepomuk-Starfoto abkaufen? Aber dann ist mir gottlob eingefallen, dass ich ja unsichtbar bin und darum ohnehin auf keinem Bild zu sehen wäre. Welch ein Glück.

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