Kino:Cleo und ihre Väter

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Erik Schmitts erster Spielfilm kommt beim Dießener Publikum gut an

Von Armin Greune, Dießen

Den Begriff "Debütfilm" benutzen Regisseur Erik Schmitt und sein siebenköpfiges Team bei der Vorstellung ihres ersten abendfüllenden Streifens in der "Kinowelt am Ammersee" öfter. Auch auf die originelle Bildsprache mit verblüffenden visuellen Tricks weisen die Filmemacher mehrmals hin. Doch "Cleo" ist kein Spontan-Werk inspirierter Anfänger, sondern Ergebnis einer Entwicklung, die sich über 15 Jahre hinzog. Und obwohl die in dem Zeitraum gedrehten Filme alle in Berlin filmisch und inhaltlich verankert sind, spielt Dießen bei der Entstehungsgeschichte von "Cleo" eine Nebenrolle.

Denn 2004 fand unter anderem in der Kinowelt das erste Dießener Kurzfilmfestival statt. Zum Wettbewerbssieger kürte das Publikum keinen der mit Hilfe von Hochschulen und Fernsehanstalten professionell produzierten Mini-Spielfilme, sondern "Fliegenpflicht für Quadratköpfe" - einen Beitrag, den der damals 23-jährige Stephan Müller mit seinem Arbeitslosengeld, seinen "Hinterhofjungs" und enormem Ideenreichtum gedreht hatte. Perspektivische Tricks, Texttafeln, simple Animationen oder verfremdete Slogans zauberten dem Publikum ein Lächeln ins Gesicht. Es war nicht das erste Mal, dass einer seiner Filme bei einem Wettbewerb Erfolg hatte, doch 1000 Euro habe er dabei noch nie gewonnen, sagte Müller damals zur SZ, als er übernacht mit dem letzten Groschen aus Berlin zum Dießener Filmball angereist war. Es blieb nicht bei dieser Auszeichnung: "Fliegenpflicht..." gewann unter anderem den Jurypreis der Oberhausener Kurzfilmtage sowie Publikumspreise in Regensburg und Annecy.

Noch erfolgreicher waren die Kurzfilme, die Müller mit Erik Schmitt und der gemeinsamen Firma "Kamerapferd" produzierte: Mit "Und nun sehen Sie Folgendes" gewannen sie 2011 den Deutschen Kurzfilmpreis und brachten so die Lola in ihren Kiez Kreuzkölln. "Nashorn im Galopp" lief 2013 auf der Berlinale und erhielt 50 Auszeichnungen - darunter auch die Publikumspreise beim 7. Fünfseen-Filmfestival und dem 6. Dießener Kurzfilmfestival.

Die Streifen beeindruckten offenbar auch Wim Wenders, der ein Drehbuch-Stipendium für "Story of Berlin" - so der Arbeitstitel für "Cleo"- zur Verfügung stellte. Erst danach stiegen das ZDF und weitere Finanziers ein, wie Schmitt in Dießen erzählte. Vier Jahre Arbeit und eine Million Euro steckten in "Cleo". Für den Spielfilm erwies sich "Nashorn..." als eine Art Fingerübung: Wieder wird charmant und fantasievoll eine märchenhafte Liebesgeschichte aus Berlin erzählt, die gelegentlich in die Klischee-Falle tappt, aber doch absolut sehenswert und in der deutschen Kinolandschaft einzigartig ist, zumal nun auch eine spannende Handlung erzählt wird.

Ein Teil des Drehteams wie Hauptdarstellerin Marleen Lohse hat auch schon am "Nashorn. . ." mitgewirkt. Müller aber habe fast nur noch als "Inspirationsquelle" gedient, sagte Schmitt und räumte einen Anfängerfehler ein: Film- und Promotionsstart im Juli bei 42 Grad hätten dazu geführt, dass er und sein Team einmal vor genau null Besucher standen. Das Dießener Kino war immerhin zu zwei Dritteln gefüllt. Zum Lohn bekam das Publikum von Lohse und dem Team eine berührende Live-Darbietung des Black-Songs "A wonderful Life" spendiert.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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