Interview:"Ich habe das Bedürfnis zu helfen"

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Stargeigerin Julia Fischer aus Gauting spricht über ihre Beweggründe, im Kulturhaus Bosco ein Benefizkonzert für die Ukraine zu geben.

Von Gerhard Summer, Gauting

Stargeigerin Julia Fischer aus Gauting gibt an diesem Freitag ein Benefizkonzert für die unter dem Krieg in der Ukraine leidenden Menschen. Sie tritt mit der Violinistin Lena Neudauer und dem Schweizer Pianisten Adrian Oetiker, die ebenfalls in der Würmtal-Gemeinde leben, im Kulturhaus Bosco auf. Neudauer und Oetiker unterrichten wie Fischer an der Musikhochschule München. Die drei Künstler verzichten auf Honorar, das Theaterforum des Bosco trägt die Unkosten, die Gemeinde stellt den Saal kostenlos zur Verfügung. Spenden gehen an die Ukraine-Hilfe des BRK Starnberg, beziehungsweise ans Deutsche Rote Kreuz. Die SZ sprach mit der berühmten Geigerin über ihre spontane Hilfsaktion.

SZ: Wie ist die Idee entstanden, ein Benefizkonzert für die Ukraine zu geben?

Julia Fischer: Ich glaube, wir alle sitzen machtlos zu Hause und wissen nicht, was wir tun sollen. Da erinnert man sich daran, was man kann. Und ich kann ja jetzt nicht ganz was anders tun, ich kann nur Geige spielen. Ich habe mir eben gedacht, ich frag mal beim Bosco nach, die Leiterin Amelie Krause hat gleich zugestimmt und hat wahnsinnig hilfreich alles organisiert. So ist es entstanden.

Spielt überhaupt eine Rolle, dass Ihre Mutter, die Pianistin Viera Fischer, aus der Slowakei stammt, einem Nachbarland der Ukraine?

Das spielt in dem Fall überhaupt keine Rolle, das würde mich genauso berühren, wenn ich keine familiäre Verbindung in die Slowakei hätte. Wir Musiker sind ziemlich vernetzt, ich reise ja doch ziemlich viel durch die Weltgeschichte. Ich kenne sehr viele Musiker, die jetzt in Moskau sitzen, ich kenne Musiker, die in der Ukraine sind oder aus der Ukraine fliehen. Ich kenne Musiker, die in Deutschland leben und deren Eltern in der Ukraine feststecken. Und ich höre von Kollegen, die in Moskau sind und Einmarschbefehle bekommen.

Wie kommen Sie mit den schrecklichen Bildern und Nachrichten aus der Ukraine zurecht? Und wie geht es Ihren jungen Studenten damit?

Seit Kriegsbeginn sind Semesterferien, das Semester geht erst wieder in einer Woche los. Ich spreche darüber nicht mit meinen Studenten, wenn sie nicht auf mich zukommen. Was will man auch groß reden? Ich habe das Bedürfnis zu helfen, und ich kann nur dadurch helfen, indem ich die Menschen dazu bringe, Geld oder Hilfsgüter zu spenden, was anderes kann ich nicht tun. Ich lese jetzt noch mehr Nachrichten als vorher sowieso schon, was einen auch nicht wirklich weiter bringt. Ich bin als Musikerin ja ständig mit dem Thema konfrontiert, ich spiele mit russischen Musikern, und ich spiele russische Komponisten.

Es wäre vielleicht naheliegend gewesen, Musik eines ukrainischen Komponisten ins Programm zu nehmen. Sie haben sich nicht dafür entschieden.

Lena Neudauer tritt zusammen mit Julia Fischer im Bosco auf. Das Bild zeigt sie bei einem Konzert mit den Musikfreunden Gauting im Oktober 2020. (Foto: Nila Thiel)

Nein, wir hatten jetzt eine Woche Zeit, man muss auch praktisch denken. Adrian Oetiker kommt erst am Donnerstag zurück, Lena Neudauer ist am Sonntag aus Lissabon zurückgekommen. Wir müssen ja auch das machen, was wir spielen können. Und wir müssen nicht politischer werden als notwendig, jeder weiß, warum wir das machen. Wir hätten natürlich sagen können: Wir spielen einen russischen und einen ukrainischen Komponisten, und wir nehmen russische und ukrainische Musiker dazu. Klar. Gleichzeitig habe ich mir aber gedacht, wir Gautinger Musiker, die wir uns kennen, spielen miteinander ein Benefizkonzert für die Menschen, die leiden, und versuchen so zu helfen. Man muss es dann nicht komplizierter machen, als es ohnehin schon ist.

Es kommt Ihnen ja vor allem auch darauf an, dass die Gautinger Solidarität zeigen. Und dieses Ziel haben Sie schon so gut wie erreicht. Der erste Abend ist fast schon ausverkauft, nun ist am Freitag ein Zusatzkonzert angesetzt worden.

Gastiert immer wieder mal im Kulturhaus Bosco: Pianist Adrian Oetiker, hier zusammen mit seiner Frau Paola de Piante Vicin. Das Ehepaar lebt in Gauting. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das hoffentlich auch noch voll wird. Natürlich geht es mir um Solidarität, aber es geht mir auch darum, dass die Leute möglichst viel spenden und so viel Geld zusammenkommt, dass man etwas damit erreicht. Wir werden in Gauting und im Landkreis Flüchtlinge aus der Ukraine haben, da werden Kinder kommen, die Schulsachen brauchen und vielleicht auch Instrumente. Und man muss den Menschen, die unbegründet leiden, wieder ins Leben helfen, so weit es geht.

Das Zusatzkonzert im Gautinger Bosco am Freitag, 18. März, beginnt um 17 Uhr. Platzreservierung unter bosco-gauting.de oder Telefon 089/45238580. Auf dem Programm steht Musik von Haydn, Schubert, Charles-Auguste de Bériot, Mendelssohn Bartholdy und Moritz Moszkowski.

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