Jazz:Reiz des Leisen

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Die "Echoes of Swing" im Gautinger Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Den Namen muss man wörtlich nehmen: Echoes of Swing wollen kein tausendster Aufguss sein, sie verstehen sich als Nachklang der Swing-Ära in zeitgemäßer Spielart. Damit ist eben nicht nur die Stilrichtung der 1920er und -30er Jahre gemeint, sondern generell das musikalische Phänomen der Beschwingtheit, das auch im ausverkauften Gautinger Kulturhaus Bosco die damit assoziierte Wirkung zu entfalten vermochte.

Und das bedeutet immer eine entspannte, doch mitreißende Gute-Laune-Musik, die unmittelbar anspricht. Die bestechende Qualität des Ensembles ist dabei der kammermusikalische Zugriff, der selten auf schmetternde Bläsersoli, bravouröse Pianistik oder massive Trommelattacken aus ist. Es ging in erster Linie um einen homogenen Ensembleklang und vor allem darum, dass sich die vier Musiker einer sehr feinsinnigen, einfühlsamen und meist weit zurückgenommenen Spielart hingaben.

Höchste Effizienz war hier die Devise, die jedoch Colin T. Dawson (Trompete und Gesang), Chris Hopkins (Altsaxophon), Bernd Lhotzky (Klavier) und Oliver Mewes (Schlagzeug) keinesfalls dazu nötigte, zaghaft zu agieren. Der Fokus lag dabei stets auf der Besonderheit eines jeden Stücks, das dann mit viel Detailsorgfalt und Raffinesse köstlich dargeboten wurde. Durchaus mit Musizierlust und Verve, doch abgesehen von der Steigerung zum Finale hin, das die Zuhörer nachhaltig packen sollte, meist in den leisen Registern.

Auf diese Weise kamen die besonderen Charakteristika der einzelnen Stücke deutlicher zur Geltung und konnten klarer herausgearbeitet werden. Besonders profitierten davon die melancholischen Balladen, wie etwa Duke Ellingtons "On a turquoise Cloud" von der brandneuen CD "Travelin" mit seinen singenden Soli, oder noch weiter auf Klavier und Saxophon reduziert das melodiös-sentimentale "You are to beautiful" von Richard Rodgers.

Einen schönen Effekt arbeitete das Ensemble in "Dream Dancing" von Cole Porter heraus - beginnend mit einem empfindsamen Solo der Trompete, zu der die weiteren Instrumente dann sukzessive dazu stießen, um schließlich auf eine finale Wirkung mit großer Klangfülle hinzusteuern. Prickelnd-spritzige Leichtigkeit kam indes mit Stücken wie "Volare" oder Colin Dawsons "Gan Hyem" zum Zuge. In den kraftvolleren Stücken sollte aber auch der Reichtum an Ausprägungen nicht zu kurz kommen. So etwa mit "Ol' Man River" aus dem Musical "Show Boat", das sich aus einer Art schrägem Kinderlied entwickelte, dann mit Drive auch Mewes die Gelegenheit bot, die Klangfarben seines Schlagzeugs auszuspielen.Oder auch im Powerplay des "Disorder at the Border" von Coleman Hawkins, das sich bluesig leicht verdunkelte. Eine humoristische Einlage lieferte das vierhändige Klavierduo Lhotzky und Hopkins mit einem entfesselten "Ain't Misbehavin" in der Zugabe, effektvoll von Tutti zu einem packenden Schluss geführt.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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