Amtsgericht Starnberg:Herrschinger attackiert und beleidigt Polizisten

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55-Jähriger zu sechsmonatiger Bewährungsstrafe und 2000 Euro Geldauflage verurteilt

Von Christian Deussing, Herrsching

Zunächst war es nur um Ruhestörung gegangen, als die beiden jungen Polizisten in einer Aprilnacht vor zwei Jahren zu einem Herrschinger Mehrfamilienhaus gerufen wurden. Doch als die Beamten eintrafen, konnte sich ein Besucher, der gegen die damaligen Corona-Ausgangsbeschränkungen verstieß, angeblich nicht ausweisen. Erst als sieben weitere Polizisten zur Verstärkung kamen, war der Widerstand gebrochen - und die alkoholisierten Männer konnten zur Wache gebracht werden. Laut Anklage hatte der aggressive Gastgeber die Beamten der ersten Streife nämlich weggestoßen, einem Polizisten gegen das linke Schienbein getreten und die Ermittler als "Arschlöcher" beleidigt. Der geständige Angeklagte, der sich am Montag vor dem Amtsgericht Starnberg verantworten musste, wurde wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, wegen Widerstands sowie versuchter vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und zu einer Geldauflage von 2000 Euro verurteilt, die an die "Aktion Deutschland hilft" zu zahlen ist.

"Ich war alkoholisiert, hatte Wodka, Rum und Bier getrunken und wollte die Beamten in meiner Wohnung stoppen, mehr weiß ich aber nicht mehr", erzählte der bisher unbescholtene 55-jährige Angeklagte. Er hatte nach den Attacken die Nacht in einer Polizeizelle verbringen müssen. Der Lagerist zeigte sich in der Verhandlung reumütig und sagte, dass er zwei Tage nach dem Vorfall in der Herrschinger Wache angerufen habe, um sich zu entschuldigen. Es tue ihm leid, er sei kein aggressiver Mensch und trinke zudem seit vier Monaten keinen Alkohol mehr.

Allerdings hatte sich der kräftige Mann in der Aprilnacht unbeherrscht und bedrohlich gegenüber den Polizisten in der Wohnung verhalten, was auch eine Bodycam aufzeichnete. "Er hat sich in den Weg gestellt, als wir den Gast kontrollieren wollten, und es kam zu einer Rangelei", berichtete einer der Polizisten im Prozess. Es sei eine brenzliche Situation im engen Flur gewesen, denn der Angeklagte habe offenbar auch nach einer Schnapsflasche oder großen Scherbe gegriffen, die er womöglich hinter seinem Rücken gehalten habe. Der andere Polizist sagte, er habe den aggressiven Mann mit dem Schlagstock unterhalb der Rippen getroffen, um ihn aufzuhalten. Der Angeklagte sei aber erst stehengeblieben, als man gedroht habe, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.

Vernommen wurde auch der Besucher, der seinerzeit in der Nacht keinen Ausweis dabei hatte und zunächst falsche Personalangaben gemacht hatte. Es sei ein "guter Freund" des Angeklagten und habe nichts gemacht, beteuerte der Zeuge und behauptete, dass der Gastgeber nicht aggressiv gewesen sei. Das widerlegten jedoch die aufgenommenen Szenen und Aussagen der Polizisten. Die Staatsanwältin forderte daher eine einjährige Bewährungsstrafe und eine Geldauflage von 4000 Euro für den Angeklagten. Sie sah zwar in dem Verhalten des Herrschingers eine "alkoholbedinge Enthemmung", aber keine verminderte Schuldfähigkeit - von der der Verteidiger in seinem Plädoyer ausging. Der Anwalt räumte zwar ein, dass sein Mandant überreagiert und sich nicht gut benommen habe. Aber man hätte den Einsatz auch anders regeln können, sagte der Jurist.

Auch die Amtsrichterin merkte an, dass erfahrenere Polizisten mit der Situation vielleicht anders umgegangen wären. Trotzdem sei das Verhalten des Angeklagten nicht zu akzeptieren, zumal er auch noch die Nachbarn beleidigt habe, so die Richterin.

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