Im Gilchinger Gemeindearchiv lagert eine Kiste mit 39 verschlossenen Dosen. Es sind Zeitkapseln aus dem Jahr 2021, die erst nach zehn Jahren geöffnet werden sollen. Im Rahmen der letzten Kulturwoche, im Oktober 2021, hatte die Leiterin des Museums "Schichtwerk - Zeitreisen im Wersonhaus", Annette Reindel, die Blechdosen an Familien, Einzelpersonen, eine Kita und Schulklassen ausgegeben. Sie sollten mit Dingen gefüllt werden, die den Menschen wichtig waren, die sie an das Jahr 2021 erinnerten. Die Büchsen haben die Größe von mittelgroßen Lebensmittelkonserven. Aus Platzgründen musste deswegen genau überlegt werden, was hinein passt. Vor kurzem hat Reindel die letzte Dose zurück bekommen, alle beschriftet und Gemeindearchivarin Ursula Lochner übergeben. Nach zehn Jahren sollen die Dosen geöffnet und der Inhalt in einer Sonderausstellung gezeigt werden.
Dinge, die wichtig waren oder werden, lagern in den Dosen: Fotos, Lego-Figuren, Whisky und ein Schwangerschaftstest
Dank der Begleitlisten verrät Reindel jetzt schon, was die silbernen und teilweise verzierten Büchsen beinhalten. "Das beherrschende Thema war Corona", sagte Reindel. In den verschiedenen Dosen fanden sich alle Sorten von Masken, Teststäbchen, Quarantäneaufforderungen und "AHA-Regeln". Ein elfjähriges Mädchen hat seine Gedanken über das Jahr 2021 in einem Aufsatz niedergeschrieben, es gab Bilder von Geburtstagen, der Familie und von Lieblingsorten wie dem Steinberg oder dem Marktplatz. Ein Schulzeugnis steckt in einer Büchse, in anderen liegen Fußball-Sammelkarten, Lego-Figuren, Samen von selbstgezogenen Tomaten und Urlaubserinnerungen wie Muscheln, kleine Ästchen, Eintrittskarten. Eine Familie hatte Fotos von den Lieblingsklamotten der Kinder beigefügt, um den Wandel der Mode in zehn Jahren zu dokumentieren, andere hatten Werbung dazugelegt, um in zehn Jahren nachzuprüfen, ob Waren billiger oder teurer geworden sind. Sie waren nicht die einzigen, die Trends von heute mit denen in zehn Jahren vergleichen wollten. So landeten auf USB-Sticks Playlists, Ausschnitte von angesagten Filmen, aber auch der Online-Zugang für ein Computerspiel, bei dem unsicher ist, ob er überhaupt in zehn Jahren noch funktioniert. In einer Büchse wartet eine kleine Flasche Whisky darauf über die Jahre zu einem besonders edlen Tropfen zu werden. Man darf gespannt sein, wie sich der frisch gepflanzte Baum auf einem Bild entwickeln wird und ob der positive Schwangerschaftstest aus einer Zeitkapsel tatsächlich zu einem dann bereits zehnjährigen Kind geführt hat. Die Kita "Kinderfarm" feierte 2021 20-jähriges Jubiläum. Passend kam ein kleines Leporello mit der Historie des Kindergartens in die Dose. Und auch der Verein Zeitreise hat mitgemacht. "Wir haben unsere Angebote der "Zeitreise dahoam" hineingegeben", verriet Vorsitzende Reindel und dazu einen Stick mit Interviews von Gilchingern, die sich zum Thema "was denken Sie, was in zehn Jahren ist?", geäußert hatten.
"Es ist spannend, wie der Rückblick 2031 auf das zehn Jahre zurückliegende Jahr 2021 ausfallen wird", sagt Reindel
Für viele Bürger sei der Aufruf, sich an dem Zeitprojekt zu beteiligen eine Gelegenheit gewesen, sich mit sich selbst und mit der Vergänglichkeit allen Seins zu beschäftigen, berichtete Reindel. Da sei bei einigen der Gedanke gekommen, wo man in zehn Jahren in seinem Leben wohl stehen werde, ob man vielleicht sogar bereits gestorben sei. "Es ist spannend, wie der Rückblick 2031 auf das zehn Jahre zurückliegende Jahr 2021 ausfallen wird. Nicht nur sind wir alle zehn Jahre älter geworden und haben uns verändert, sondern vielleicht auch unser persönliches Umfeld und auch unser Gilching", so Reindel.
Von Freitag, 25., bis Sonntag, 27. März, feiert das Gilchinger Museum im Wersonhaus, Brucker Straße 11, sein fünfjähriges Bestehen. An allen drei Abenden werden Lichtinstallationen zwischen 19.30 und 22 Uhr an die Hausfassade geworfen. Sie waren für die Kulturwoche 2021 unter dem Motto "Das Museum leuchtet" gestaltet worden. Gleichzeitig wird das zehnjährige Bestehen des Ortsgeschichte-Journals mit einer neuen Ausgabe gefeiert. Mit einer Finissage beendet das Schichtwerk außerdem die Kunst-Ausstellung von Lia Fischer und die Sonderausstellung "Luftkrieg 1944: Schauplatz Gilching". Hier wurden die Ereignisse des Absturztages eines amerikanischen B-24-Bombers dokumentiert und mit Zeitzeugenberichten ergänzt. Geöffnet ist am Freitag und Samstag jeweils von 16 bis 22 Uhr und am Sonntag bereits ab 15 Uhr.