Mitten in Gauting:111 Jahre Trachtenverein

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Eine einfache Erklärung, warum man auch einmal ein krummes Jubiläum feiern kann.

Von Michael Berzl, Gauting

Frühlingsfest in München war gerade, das Oktoberfest kommt im Herbst nach zweijähriger Pause wieder, und im nächsten Jahr sind die Gautinger Trachtler dran. Die wollen nämlich endlich auch mal wieder feiern. Der Anlass? 111-jähriges Bestehen. Nicht ganz rund, das Jubiläum, aber ungewöhnliche Zeiten erfordern eben ungewöhnliche Maßnahmen. "Wir können doch nicht alles einschlafen lassen. Wir wollen doch ein bisschen leben auch noch", hat der Ehrenvorstand Georg Schoger den Gemeinderäten in schönstem Bairisch erklärt. Und dagegen lässt sich nun wenig sagen.

Und so kommt es, dass den Gautingern in ziemlich genau einem Jahr ein zwar unrundes, in der Ausgestaltung aber sicherlich sehr rundes Trachtenvereinsjubiläum bevorsteht, mit allem was dazugehört: Bierzelt und Musik, Schafkopf und Trachtenschau, Festzug und Festgottesdienst, Heimatabend und Totengedenken. Und sogar mit einem Auftritt von LaBrassBanda. Insgesamt soll fünf Tage lang von Mittwoch bis Sonntag ausgiebig gefeiert werden. Trachtenvorstand Andreas Ketterl rechnet insgesamt locker mit ein paar tausend Gästen und Besuch von vielen benachbarten, befreundeten und verpartnerten Vereinen.

Ein Fest in solchen Dimensionen ist natürlich auch für einen Verein wie die "Würmlust" in Gauting mit gut hundert Mitgliedern ein respektables Unterfangen mit einigen Risiken. Wer dem Vorsitzenden Ketterl eine Weile zuhört, kann sich zwar nach fünf Minuten sicher sein, dass das Organisatorische bei ihm und seinen Leuten in besten Händen liegt, aber auch er hätte halt gerne ein wenig finanzielle Absicherung. Der Trachtenverein beantragt deshalb bei der Gemeinde eine Ausfallbürgschaft, für den Fall, dass alles schiefgeht oder es wieder saukalt und ungemütlich ist wie beim vorherigen Jubiläumsfest vor zehn Jahren. Darum Ketterls Auftritt im Gemeinderat im Jahr 110 nach Vereinsgründung.

So wird auch recht unverblümt deutlich, mit welchen Größenordnungen und Tücken bei so einer Gaudi zu rechnen ist: ein Festzelt für 3000 Leute, allein 12 000 Euro für die Musik, Gesamtausgaben in Höhe von 30 000 Euro. Dann das G'frett, wie der Bayer sagt, mit den Coronafolgen: Viele Zeltverleiher haben aufgegeben, weiß Ketterl, viele Musikkapellen sind noch dabei, in der Pandemie ausgefallene Termine nachzuholen. Das macht es nicht einfacher. Und dann die Sache mit dem Kabel: Es ist wohl ziemlich aufwendig, eine ordentliche Stromversorgung zum designierten Festplatz draußen beim Sportclub zu verlegen. Da brauche es schon einen ordentlichen "Kaventsmann", so Ketterl in Seemannssprache, also ein ziemlich dickes Teil. Und das kostet. "Allein 4000 Euro für des scheiß Kabel", so Ehrenvorstand Georg Schoger, diesmal wieder auf Kraftbairisch in schönster Tradition von Georg Queri. Aber die beiden sind sich sicher, sie werden auch dafür eine geschmeidige Lösung finden.

Und wenn der Finanzausschuss demnächst hinter verschlossenen Türen über die Ausfallbürgschaft fürs Jubiläumsfest abstimmt, dürfen die Trachtler ganz sicher mit großem Wohlwollen rechnen. Da war ja schon die Stimmungslage im Gemeinderat eindeutig: Vom CSU-Gemeinderat Stephan Ebner ("gute Geschichte") bis zur Grünen Michaela Reißfelder-Zessin ("ganz toll, dass mal wieder gefeiert wird").

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