Proteste gegen Rechtsextremismus:"Die Demos gegen rechts bringen der Klimabewegung einen großen Aufwind"

Lesezeit: 4 min

Ulrike Bubenzer hat die Regionalgruppe gegründet. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die "Omas for Future" aus Gauting kämpfen gegen den Klimawandel. Doch auch bei den Demos gegen Rechtsextremismus sind sie ganz vorne mit dabei. Ulrike Bubenzer und Katharina Clausen erklären, wie das zusammenpasst.

Interview von Dario Weber, Gauting

Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus sind in den Schlagzeilen allgegenwärtig. Was aber deutlich abgeflacht ist, sind Demos für den Klimaschutz, die sich am prominentesten durch die "Fridays for Future"-Bewegung bemerkbar machen. Im Gespräch erklären Ulrike Bubenzer, Gründerin der Regionalgruppe der "Omas for Future" in Gauting, und ihre Kollegin Katharina Clausen die Gründe für den Rückgang der Klima-Demonstrationen - und warum ältere Menschen weniger AfD wählen.

SZ: Was machen Sie denn genau als "Omas for Future"?

Ulrike Bubenzer: Die Omas machen sich vor allem stark für Aufklärungsprojekte, sei es durch Öffentlichkeitsarbeit oder durch Flyer und Informationen. Hier in Gauting waren wir einmal in der Woche im Sommer vor Ort in der Stadt und haben versucht, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Es gibt auch ein Quiz zum Klimawandel, das wir für Gruppen anbieten wollen, in Schulen, aber eben auch für Senioren. Wir wollen Aufklärung in entspannter Atmosphäre machen, ohne Panik zu schüren. Ganz simpel gesagt wollen wir den Leuten sagen: Wir sind nicht ohnmächtig und auch nicht ausgeliefert, sondern können eine Menge tun.

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Woher Sie ihren Namen haben, liegt nahe. Organisieren Sie dann auch die "Fridays for Future"- Demos mit?

Katharina Clausen: Nein, wir haben uns eigentlich gegründet aus einer Eigenmotivation heraus. Wir sind unabhängig von "Fridays for Future", unterstützen sie aber natürlich und nehmen an den Demos teil. Weil wir einfach denken, dass die das gar nicht alleine schaffen können. 56 Prozent der Wähler sind 50 oder älter. Das heißt, wir wählen für die Zukunft der jungen Generation, und die müssen mit den Entscheidungen zurechtkommen. Wir haben die Verantwortung, so zu wählen, dass die Lebensgrundlage erhalten bleibt für die Jungen, und das ist gerade nicht der Fall. Im Moment wird zwar immer viel geredet, aber es wird einfach viel zu wenig getan. Das 1,5-Grad-Ziel werden wir nicht mehr erreichen höchstwahrscheinlich, da muss man sich keinen Illusionen hingeben. Es heißt immer, die Politik muss was machen, aber die machen viel zu wenig - da bin ich absolut dabei. Aber: Jeder Einzelne kann auch was machen! Und wie hat unsere Gründerin Cordula Weidmann das so schön gesagt: Es sind kleine Schrittchen, die aber auch schon einen Unterschied machen. Zum Beispiel für kleinere Strecken auch mal das Fahrrad statt das Auto zu nehmen. Und dann wird man süchtig, das fühlt sich gut an.

Katharina Clausen setzt sich für den Klimaschutz ein. (Foto: privat)

Seit Corona hört man ja weniger von "Fridays for Future", die Bewegung hat an Intensität und Größe verloren. An was liegt das?

Ulrike Bubenzer: Ich denke, das ist normal, dass sich das abnutzt. Wenn wir freitags in München auflaufen, dann denkt man sich schon: Wow, die paar Leute, das ist ja wirklich nur noch ein kleines Häufchen. Es ist Aufwand, immer wieder dorthin zu gehen, immer wieder die gleichen Forderungen zu stellen. Da gibt es dann auch Frustration, weil man sich fragt: Ändert sich überhaupt irgendwas? Jede Protestbewegung ist mal stärker und flacht irgendwann ab. Dann wäre die Hoffnung, dass die Politiker übernehmen. Aber es ist gut, wenn es jetzt auch wieder einen neuen Schwung kriegt. Diese großen Demos gegen rechts in München haben ja die "Fridays for Future"-Menschen auch mitorganisiert. Ich glaube, das gibt einen neuen Aufwind.

Die "Omas for Future" bei einer Mahnwache. (Foto: Nila Thiel)

Das heißt, Sie denken, dass die Demos gegen Rechtsextremismus auch eine Chance sind für die Klimabewegung?

Katharina Clausen: Auf jeden Fall. Weil ich glaube, dass wir ohne Demokratie auch keine Klimabewegungen mehr haben werden. Es gibt hier eine Partei, die den menschengemachten Klimawandel verneint und sagt: Das gibt es nicht, es wäre auch wissenschaftlich nicht belegt. 97 Prozent der Wissenschaftler belegen das aber und nur drei Prozent sagen das Gegenteil. Mir kommt es immer so ein bisschen vor wie so ein Geisterfahrer, der sagt: Wieso kommen mir denn so viele Autos entgegen? Durch die Demos gegen rechts kommen ja auch neue Leute dazu die sagen: Wir können nicht nur vor dem Fernseher sitzen und schauen, was passiert, sondern wir müssen auf die Straße gehen.

Ältere Menschen wählen im Gegensatz zu anderen Altersgruppen am wenigsten AfD. Bei den Landtagswahlen im Herbst in Bayern waren es nur sieben Prozent bei den über 70-Jährigen - im Gegensatz zu 15 Prozent in der Gesamtbevölkerung. An was liegt das?

Ulrike Bubenzer: Ich denke, das liegt daran, dass die Bayern ihrer angestammten Partei sehr treu sind. Ich fürchte, dass es auch daran liegt, dass die Parteien am rechten Rand gefischt haben. Ich meine, das ist ein alter Grundsatz, der in Bayern schon lange gilt: "Rechts von der CSU soll es niemand anderen geben." Und jetzt gibt es halt doch noch jemanden. Öffentlich distanziert man sich klar von der AfD. Versucht wird aber trotzdem, da noch Stimmen abzufangen. Ich denke, das kommt von dieser konservativen Einstellung: Ich bin Bayer, ich wähle CSU. Es kann aber auch daran liegen, dass die älteren Menschen durch den Nationalsozialismus extremen Parteien gegenüber anders eingestellt sind als nachfolgende Generationen, die es nicht mehr hautnah miterlebt haben. Meine Mutter zum Beispiel ist mitten im Krieg aufgewachsen. Bei den U18-Wahlen wurde ja auch wahnsinnig viel AfD gewählt, was die Lehrer teilweise sehr schockiert hat.

Die "Omas for Future" demonstrieren auf den Würmterrassen in Gauting. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Wie waren die "Omas for Future" denn bei den Demos gegen Rechtsextremismus involviert ?

Katharina Clausen: Wir waren dabei, haben es aber nicht mitorganisiert. Die Omas sind überall dabei, auch bei den globalen Klimastreiks. Und ich denke mal, dass einfach unsere Bewegung und unser blaues Erdherzsymbol sehr viele Leute anspricht. Unsere Botschaft ist auch emotional ausgerichtet und soll rüberbringen: Mensch, ihr habt doch auch Kinder und Enkel, denkt doch mal daran, wenn die so alt sind wir ihr. Den Kindern sollte es doch immer besser gehen!

Und wo bleiben die Opas?

Ulrike Bubenzer: Also 20 Prozent der Mitstreiter sind auch tatsächlich Opas, und sind auch willkommen und gleichberechtigt. (lacht) Aber tatsächlich war die Überlegung, dass Frauen aus unserer Generation viel weniger repräsentiert sind in der Öffentlichkeit. Durch die "Omas for Future" bekommen sie eben auch eine Stimme.

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