Ein Bauzaun mitten in Gauting dient seit Freitag als Ausstellungsfläche. Vor dem sogenannten Wunderl-Grundstück an der Starnberger Straße hängen großformatige Bilder, die Mittelschüler in Zusammenarbeit mit der Schule der Phantasie gestaltet haben. Abgebildet sind jeweils Porträts, die kombiniert sind mit alten Gebrauchsgegenständen. "Ich freue mich sehr, was hier zu sehen ist", sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger bei einer kleinen Feier. "Es sind Kunstwerke, die aus einem hässlichen Bauzaun einen echten Eyecatcher machen."
Der Metallzaun versperrt den Zugang zu einem Grundstück an der Ortsdurchfahrt, auf dem einmal ein alter Bauernhof der Familie Wunderl stand. Das Gebäude war baufällig und musste deshalb abgebrochen werden, berichtete die Bürgermeisterin. Seitdem liegt das Gelände brach. Derzeit benutzt es ein Bauunternehmen, das im Ort Glasfaserkabel verlegt, als Lagerplatz. Später soll dort ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet werden. "Dort wollen wir den Ort verschönern", sagte Bürgermeisterin Kössinger. Doch das kann noch dauern. Derweil ist die Lücke nicht gerade ein Schmuckstück. "Dieser Bauzaun ist hässlich. Warum nicht ein Kunstobjekt daraus machen?", fragte sich die Rathauschefin beim Vorbeifahren. Und so kam die Sache ins Rollen.
Das Bauamt im Rathaus nahm Kontakt mit Rosemarie Zacher von der Schule der Phantasie auf, die Paul-Hey-Mittelschule wurde eingeschaltet. Der Unterbrunner Sammler Hermann Geiger machte mit und eine Ausstellung in München diente als Inspiration. In der Kunsthalle war bis Januar eine Retrospektive des französischen Fotografen und Streetart-Künstlers JR aus Paris zu sehen. Er zeigt großformatige Porträts im öffentlichen Raum; es sind riesige Gesichter auf Wänden, auf Zugwaggons oder auf Grenzzäunen.
Schüler der Klasse 9M der Gautinger Mittelschule haben diese Ausstellung besucht. In einer Führung durch die Geiger-Sammlung wählten sie dann historische Gegenstände wie eine alte Melkmaschine, Ski oder einen Rechen aus und ließen sich damit fotografieren. Teilweise stammten die Gegenstände sogar aus dem Wunderl-Hof. Auch dort hatte Geiger vor dem Abbruch noch das eine oder andere Stück in Sicherheit gebracht und aufbewahrt. Den künstlerischen Part des ganzen Projekts haben die Design-Studentin und Jugendleiterin Josephine Zacher und die Kunstpädagogik-Studentin Lina Petzendorfer organisiert, die in der Schule der Phantasie arbeiten.
Den Schülern hat die Abwechslung Spaß gemacht. "Mal was anderes als immer nur im Unterricht zu sitzen", sagen jedenfalls die Neuntklässler Joshua Rolhoff und Erik Heide. "Die Ausstellung in München war auch cool", erzählen sie und fangen gleich an aufzuzählen, welche prominenten Gesichter sie dort erkannt haben. Ein kleines bisschen Prominenz können nun auch sie genießen. Immerhin sind ihre Konterfeis nun im JR-Stil im öffentlichen Raum ausgestellt.
Und das womöglich noch eine ganze Weile. Eine Neubebauung des Wunderl-Grundstücks ist noch nicht in Sicht, zumal es möglichst zusammen mit dem Nachbargrundstück überplant werden solle, wie am Rande der Ausstellungseröffnung am Bauzaun von der Bürgermeisterin zu erfahren war.
Die Gautinger Bilder sind Teil eines größeren Projekts, das bayernweit organisiert wurde, berichtete dort Imelda Stier, die beim Landesverband der Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen Einrichtungen für die Kooperationen mit Mittelschulen zuständig ist. Von dem Gautinger Beitrag ist sie nach eigenen Worten "richtig begeistert" und will ihn daher bei einem bundesweiten Wettbewerb einreichen. "Da habt ihr gute Chancen", sagte sie zu den Mittelschülern.