Gauting:Die letzten Bälle

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Auf dem Golfplatz Eberle stehen die Maschinen still. (Foto: Georgine Treybal)

Die Familie Gorke gibt den Golfplatz am Ortsrand nach mehr als 20 Jahren auf. Was passiert nun mit dem knapp drei Hektar großen Gelände?

Von Carolin Fries, Gauting

Golfen ohne Clubmitgliedschaft? Das ging im Fünfseenland nur in Gauting auf dem Golfplatz Eberle. Der einzige öffentliche Golfplatz in der Region bot Besuchern knapp 30 Jahre lang Tageskarten an, die ein flexibles Spielen ermöglichten. Doch nun ist Schluss: Die drei Geschwister, die den Platz all die Jahre gepachtet hatten, hören auf. Auf der Homepage sind frühlingshafte Obstbaumblüten zu sehen und die schlichten Worte "Golfpark Gauting geschlossen". Was die Gründe sind, was der Eigentümer nun mit der Fläche vorhat - und welche Vision der Golflehrer hat.

Der Golfplatz

Obwohl der Platz nur sechs statt 18 Löcher hat, wurde er von Besuchern geschätzt. (Foto: Georgine Treybal)

Nur sechs Löcher statt klassisch 18 hat der Golfplatz, direkt am Gautinger Ortsrand zwischen Wohnbebauung, Wald und der Asklepios-Klinik gelegen. Von München aus also bestens zu erreichen. Bis vor 30 Jahren wuchsen auf dem Feld noch Erdbeeren. Es war einer von vielen "Eberle Gärten" rund um München von Renate Eberle und ihrem Mann. "Naja und irgendwann braucht so ein Feld eine Pause", erklärt Renate Eberle. "Und eine sehr gute Zwischenfrucht ist Gras."

Damals in den 1990er-Jahren habe es einen Golfplatz-Boom gegeben, überall wurden Plätze angelegt. Also säten die Geschwister aus dem Allgäu spezielles Gras und ließen einen einfachen Platz anlegen. Er sollte nicht künstlich grün und durchgedüngt sein, sondern nah an der Natur. Von Beginn an waren Besucher da. Vor allem zu Übungszwecken wurde der Platz genutzt. Sein Handicap konnte man hier nicht verbessern, dafür war er zu klein - aber trotzdem durchaus attraktiv: Während auf Golfplätzen üblicherweise Startzeiten gebucht werden müssen, bezahlte man in Gauting ein Tagesticket und konnte damit auch mehrmals am Tag kommen. Zuletzt lag der Preis bei 24 Euro. Wer nur in den Übungsbereich wollte, musste sechs Euro bezahlen.

Die Geschwister

Manfred Gorke war die vergangenen Jahre als Platzwart tätig. (Foto: Georgine Treybal)
Gisela Gorke im Kiosk auf dem Golfplatz. (Foto: Georgine Treybal)

Manfred Gorke sagt, zuletzt habe sich der Golfplatz kaum noch gelohnt. In den Lockdowns während der Corona-Pandemie "bei schönstem Wetter" habe er ebenso gelitten wie unter dem verregneten Frühjahr im vergangenen Jahr. Und nach der Corona-Zeit seien die Leute erstmal wieder verreist. Hinzu kämen immer heißere Somme mit neuen Rekord-Temperaturen "da will keiner auf einem Golfplatz stehen". Er sei fast nur noch am Gießen. Die Wasserrechnung sei 2022 von 800 Euro auf mehr als 1000 Euro gestiegen, im vergangenen Jahr habe er schließlich knapp 1600 Euro zahlen müssen. "Das geht so nicht weiter", sagt der 61-Jährige, der die vergangenen Jahre als Platzwart tätig war und von Frühjahr bis Herbst morgens um fünf Uhr mit wässern und mähen begann.

Ja klar, man hätte vielleicht in Werbung investieren müssen, um noch mehr Kunden zu gewinnen, sagt er. Doch der Eigentümer habe den Pachtvertrag nicht mehr für zehn Jahre verlängern wollen - "das hätte sich nicht mehr rentiert", so Gorke. Seine Schwester Gisela, 58, die stets den Kiosk besetzte und als "gute Seele" des Platzes galt, will sich nun einen neuen Job suchen. Als Altenbegleiterin vielleicht, erzählt sie. Und auch Manfred Gorke wird nun wohl mehr EDV-Aufträge annehmen - das lief bislang nebenher. Lediglich Renate Gorke, 64, die sich um die Finanzen des Golplatzes kümmerte, ist bereits die vergangenen Jahre einer anderen Tätigkeit nachgegangen.

Der Eigentümer

Markus Deschler (Mitte) gehört das Golfplatz-Grundstück. Hier stellt er 2020 das Programm der FDP zur Kommunalwahl vor. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Markus Deschler sagt, er wisse noch nicht, was mit der etwa drei Hektar großen Golfplatz-Fläche geschehen soll. Der 40 Jahre alte Betriebswirt, der zudem Dritter Bürgermeister in Gauting ist, befindet sich in der "Überlegungsphase" wie er sagt. Und er habe ja auch noch Zeit, betont er: Schließlich laufe der Pachtvertrag mit den Gorkes erst zum Jahresende aus. Bis dahin müsse der Golfplatz freilich zurückgebaut sein. Im Flächennutzungsplan ist das Grundstück als Grün- und Sportfläche eingetragen. Noch lägen im Rathaus keine Anträge vor, daran etwas zu ändern, teilt eine Sprecherin mit. Gleichwohl wird im Ort gemunkelt, die Fläche würde Bauland.

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"Natürlich wird spekuliert, aber ich werde dazu nichts sagen", sagt Deschler, der auch stellvertretender FDP-Ortsvorsitzender ist. Dem selbständigen Betriebswirt gehören auch noch Teile des an den Golfplatz anschließendes Waldes, welchen er bewirtschaftet. Dass Grundbesitz Begehrlichkeiten weckt, das ist ihm klar. Ob er denn schon von der Bürgermeisterin angesprochen worden ist? "Nein", sagt er, doch er rechne fest damit, dass "die Anfragen von Investoren zunehmen" werden. Gautinger Bürger können sich freilich auch in der Bürgermeistersprechstunde mit Ideen an ihn wenden, Termine werden auf Anfrage vergeben.

Der Trainer

Golflehrer Fredj Aich möchte gerne weitermachen. (Foto: Georgine Treybal)

Fredj Aich hat Ende Oktober vergangenen Jahres erfahren, dass der Golfplatz im Frühjahr nicht wieder öffnen wird. Der Golftrainer unterrichtet seit 2002 auf selbständiger Basis auf dem Platz in Gauting. Für ihn kommt das Ende überraschend, "ich hätte das gerne früher erfahren". Der 51-Jährige muss nun sehen, wo und wie er in wenigen Wochen arbeiten kann. "Das ist nicht einfach, weil alle Clubs in der Regel ihre eigenen Trainer haben." Zudem gäbe es viele Kunden, die bei ihm Zehnerkarten oder Kurse gebucht haben - wo soll er die nun einlösen?

Er hat darum die Idee, den Golfplatz Eberle für diesen Sommer alleine zu betreiben und von den Gorkes zu mieten. Er würde die Jahrespacht den Geschwistern bezahlen und die Gerätschaften ablösen - vorausgesetzt, die Gorkes sind einverstanden. Der Eigentümer hätte nichts dagegen, so Aich. So bliebe ihm Zeit, sich für 2025 nach neuen beruflichen Möglichkeiten umzuschauen und seine Kunden vorzubereiten. Klar, er müsste sich um alles selbst kümmern, doch das bekomme er hin. Erst vor Kurzem ist Aich nach Gauting gezogen, lange Anfahrtswege fallen nun weg. Er hofft, dass die Geschwister seinem Vorschlag zustimmen, "sie haben dabei nichts zu verlieren", ist er überzeugt. Womöglich werden also in diesem Sommer doch noch ein paar Bälle abgeschlagen in Gauting.

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