Ohne den Handwerkerhof in Gauting wäre Marco Ferzandi wahrscheinlich schon weg. Der gelernte Elektrotechniker hätte sich ein neues Quartier für seine Firma suchen müssen, mit dem Schmalzhof in Pöcking hatte er schon liebäugelt. Am bisherigen Standort am Rand des Grubmühlerfeldes reichte jedenfalls der Platz nicht mehr aus. Der 33-Jährige musste improvisieren mit Ausweich-Lagerflächen, denn der Platz auf insgesamt knapp 200 Quadratmetern reichte hinten und vorn nicht mehr aus. "Wir waren zwischenzeitlich schon auf der Suche", sagte er bei einem Ortstermin mit Wirtschaftsförderern und Vertretern der Gemeinde.
Fündig wurde er dann in dem neuen Gewerbegebiet am westlichen Ortsrand von Gauting, das sich nach und nach füllt. Dort hat der junge Unternehmer gebaut, im Sommer ist er mit seinem Betrieb umgezogen, einen Teil der Flächen vermietet er. Für seine eigene Firma mit neun Mitarbeitern hat er jetzt geschätzt viermal so viel Platz wie bisher. So ist Ferzandi ein Paradebeispiel dafür, warum eine Gemeinde wie Gauting eigene Gewerbeflächen entwickelt: Ein Gewerbesteuerzahler und Arbeitsplätze bleiben am Ort, statt gezwungenermaßen abzuwandern. Es dürften deutlich mehr als 100 Arbeitsplätze sein, die dort entstehen, hieß es überschlägig beim Ortstermin.
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Gut einen Hektar groß ist die Fläche beim sogenannten Penny-Kreisel zwischen der Ammerseestraße und der Abzweigung nach Pentenried . Die Gemeinde hat den Grund gekauft, entwickelt, in neun Parzellen aufgeteilt und wieder verkauft. Die Einnahmen liegen in einer Größenordnung von eineinhalb Millionen Euro, sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) beim Ortstermin am Montag. Sechs Gebäude stehen schon, drei weitere folgen noch. Es ist ein bunter Branchenmix, der dort entsteht.
Im Firmensitz des Elektrotechnikers Ferzandi hat sich auch die Photovoltaik-Firma von Ingo Martin angesiedelt. In der Nachbarschaft gibt es einen Elektronikvertrieb und eine Glaserei, eine Autowerkstatt, einen Metallbauer, eine Sattlerei und eine Prüfstelle der Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger (KÜS), die Aufgaben wie der TÜV übernimmt, außerdem eine bisher in Königswiesen ansässige Firma, die sich auf den Ausbau von Caravans und Booten spezialisiert hat. Die neuen Betriebsgebäude sind zum Teil schon fertig und bezogen, zum Teil wird noch gebaut.
Das gilt auch für das neue Gebäude für die Gautinger Polizeiinspektion an der Einfahrt zum Gewerbegebiet, das in etwa einem Jahr fertig sein soll. Der Rohbau steht, in dieser Woche wurden Außenwände verputzt. Der Innenausbau mit hohen Sicherheitsanforderungen an eine Polizeiwache dauert aber noch seine Zeit. Direkt bei dem Gewerbegebiet stehen zudem Container einer Unterkunft für Flüchtlinge; daran wird sich auch auf lange Sicht wohl nichts ändern. Die Regierung von Oberbayern erwäge dort sogar einen Neubau in Modulbauweise, sagte Bürgermeisterin Kössinger.
Deutlich wurde bei dem Besichtigungstermin auch, wie langwierig die Entwicklung von solchen Gewerbeflächen ist. Erste Gespräche über den Handwerkerhof habe es im Jahr 2015 gegeben, berichtete Bürgermeisterin Kössinger. "Dass es so mühsam ist, hätten wir uns damals nicht gedacht", sagte die Rathauschefin rückblickend. "Ich dachte, das dauert zwei Jahre." Damals vor acht Jahren.
Ähnliche zeitliche Dimensionen sind bei der Entwicklung der beiden weiteren Gewerbegebiete auf Gautinger Flur zu erwarten, die schon seit Jahren in Planung sind. Die beiden Areale sind zudem viel größer dimensioniert. Eines liegt nur einen knappen Kilometer weiter westlich in Richtung Unterbrunn neben dem Gelände der Asklepios-Klinik. Dort gebe es noch Einwände von Behörden und Grundstücksverhandlungen wegen der Zufahrt, sagte Kössinger am Montag. Sie hoffe, dass in den nächsten zweieinhalb Jahren und damit in ihrer Amtszeit, wenigstens der Bebauungsplan für das sogenannte Gautinger Feld fertig wird.
Für ein weiteres Gewerbegebiet in der Nähe des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen soll eine Fläche von knapp 60 Hektar überplant werden. Dort ist eines der Hindernisse noch das Schutzgebiet der Wassergewinnung Vierseenland. Die Nachfrage von ortsansässigen Betrieben sei "weiterhin sehr hoch", heißt es in einer Mitteilung der Gemeinde.