Gastronomie:"Wir brauchen eine bestimmte Größe"

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Der Herrschinger Seehof-Chef Peter Reichert erklärt seine Überlebensstrategie

Interview von Astrid Becker, Herrsching

Seit mehr als 20 Jahren betreiben Gerda und Peter Reichert den "Seehof" in Herrsching, ein großes Haus mit 40 Hotelzimmern, einem Restaurant mit fünf Gasträumen und einem Biergarten. Von Anfang Februar an wollen sie mit einer neuen Bar mehr Gäste gewinnen. Das Haus liegt direkt am Dampfersteg, was den Wirten im Sommer jede Menge Ausflügler beschert. Auch ansonsten ist der Seehof recht beliebt, nicht zuletzt auch, weil Reichert auch Volksmusikant ist und mit entsprechenden Darbietungen und Veranstaltungen punktet. Was darüber hinaus nötig ist, um heutzutage als Gastronom im Landkreis erfolgreich zu sein, verrät er im Gespräch mit der SZ.

SZ: Herr Reichert, bitte eine ehrliche Antwort: Wie geht es Ihrem Geschäft?

Peter Reichert: Ganz ehrlich: Es wird für die Gastronomie immer schwieriger. Man muss sich schon laufend etwas Neues einfallen lassen, um attraktiv für die Gäste zu bleiben. Dabei ist es gar nicht mal so, zumindest nicht hier, dass die Leute weniger Geld ausgeben wollen in der Wirtschaft. Also, dass es am Umsatz hapern würde. Das Problem sind die gestiegenen Anforderungen seitens der Bürokratie, und auch die Kosten, die mehr als früher zu Buche schlagen.

Nennen Sie uns bitte ein Beispiel.

Zum Beispiel zahle ich mittlerweile vier Mal so viel für den Strom als früher. Das hat sich mit dem Ausstieg aus der Atomkraft und dem Umstieg auf erneuerbare Energien so entwickelt. Diese hohen Kosten sind für Mittelständler oder kleine Betriebe ein echtes Problem geworden. Denn das Geld muss ja erst mal erwirtschaftet werden. Dazu kommt die Sache mit dem Personal. Sie dürfen heute keine Servicekraft mehr länger als zehn Stunden beschäftigen. In einem Saisonbetrieb wie dem unseren ein Riesenproblem.

Weil sie keine Mitarbeiter finden?

Es ist nicht so, dass die Leute nicht arbeiten wollen oder dass es nur an den hohen Lebenshaltungskosten im Landkreis liegt. Wir haben darauf reagiert und extra noch ein Haus und eine Wohnung für unser Personal in Herrsching und Breitbrunn gemietet. Auch das ist teuer, aber wir halten das für wichtig. Das Problem ist aber, dass wir ja als Saisonbetrieb nicht anerkannt sind. Deshalb müssen wir uns an die vorgegebenen Arbeitszeiten halten. Unser Sommerpersonal aber würde viel lieber mehr Stunden am Tag bei schönem Wetter arbeiten, um den Verdienst und auch das Trinkgeld mitzunehmen und zum Ausgleich dann lieber an einem Tag frei haben, an dem nicht so viel los ist. Ich darf das aber nicht zulassen. Genauso ist es bei Hochzeiten, bei denen ja gern auch bis drei Uhr nachts gefeiert wird. Da komme ich mit drei, vier Kellnern, so wie früher, nicht weit. Ich brauche das doppelte Personal.

Wie können Sie sich dann behaupten?

Ich sage es immer so: Bei uns Wirten ist es nicht anders als bei den Bauern. Wir brauchen eine bestimmte Größe, um den nötigen Umsatz erwirtschaften zu können und um das mittlerweile nötig gewordene Dokumentationspensum bewältigen zu können. Das ist bei uns zum Glück der Fall. Aber auch ich werde heuer im Biergarten auf mehr Selbstbedienung setzen, weil ich nicht noch zwei Servierkräfte mehr einstellen kann. Unser Geheimnis ist aber Qualität und Frische. Beispiel: Bei uns wird auch im Selbstbedienungsbereich alles frisch zubereitet. Das dauert zwar länger, aber der Gast bekommt dieselbe Qualität wie im Restaurant. Nur kostet es ihn nicht so viel, weil der Service ja wegfällt. Das spricht sich herum.

© SZ vom 27.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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