Fünfseen-Filmfestival:Macho mit Gefühlen

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Moderatorin Verena Schmoeller und der Regisseur Pierre Pinaud beim Filmgespräch. (Foto: Georgine Treybal)

"Der Rosengarten von Madame Vernet" von Regisseur Pierre Pinaud ist ein französisches Märchen für Erwachsene

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Rosen sind ihr Leben. Seit Eve Vernet den Züchtungsbetrieb ihres Vaters übernommen hat, versucht sie verzweifelt, das Unternehmen über Wasser zu halten. Doch mit Idealismus und der Suche nach der schönsten, der am besten duftenden und widerstandsfähigsten Rose alleine ist es nicht getan. Das Zuchtgeschäft ist knallhart und bei den Wettbewerben sahnt regelmäßig der konkurrierende Großbetrieb Lamarzelle ab. Mit dem Film "Der Rosengarten von Madame Vernet", der am Donnerstag beim Fünfseen-Filmfestival gezeigt wurde, hat Regisseur Pierre Pinaud der Rose als Sinnbild für Liebe und Leidenschaft mit wunderschönen Bildern ein Denkmal gesetzt.

Für den Regisseur ist die Schönheit der Rose "ein sehr französisches Thema", das noch nie im Film dargestellt worden sei, wie Pinaud im anschließenden Filmgespräch in Starnberg erklärte. Es könnte ein Film über den Kampf von David gegen Goliath sein, wie sich ein kleiner Betrieb gegen die Übernahme durch ein globales Unternehmen wehrt. Doch Pinaud geht weiter. In der Rosenwelt werden untaugliche Pflanzen rigoros eliminiert. Das spiegelt für den Regisseur den Zustand der Gesellschaft wider, in der nur die Besten überleben und die Kleinen häufig auf der Strecke bleiben.

Neben einem Ausflug in das Metier der Gaunerkomödie, der Humor in die Handlung bringt, hat Pinaud geschickt ein weiteres Thema mit der Geschichte verwoben: die Suche des Kleinkriminellen und ungelernten Aushilfsarbeiters Fred nach seinen Eltern. Es zeigt, dass ein Mensch mit schwieriger Kindheit im Leben nicht unbedingt scheitern muss. Dieses "Nebenthema" sei ihm sogar wichtiger gewesen als die Haupthandlung, sagte Pinaud, der auch federführend am Drehbuch mitgearbeitet hat. Das habe Spannung in den Film gebracht.

Die Auswahl der Schauspieler hat sich der Regisseur nicht einfach gemacht. Zwar hat er mit Catherine Frot als Eve Vernet sofort eine in Frankreich bekannte Schauspielerin gefunden, die seiner Meinung nach geerdet ist und Eleganz ausstrahlt. Für die Rolle des Fred hatten sich 70 Bewerber gemeldet. Doch nur wenige hätten die Ausstrahlung gehabt, um die vielschichtige Persönlichkeit des Machotypen darzustellen, der gleichzeitig ein trauriges, verlassenes Kind ist, das nach seinen Eltern sucht. Eher zufällig hat Pinaud den Rapper Melan Omerta entdeckt, der eigentlich gar kein Schauspieler war. Er machte Probeaufnahmen mit Omerta. Sogar Catherine Frot sei von ihm überzeugt gewesen und habe ihn während der Dreharbeiten unter ihre Fittiche genommen, so Pinaud. Im Film entwickelt sich zwischen den beiden eine Mutter-Sohn-Beziehung. Die Rosenzüchterin erkennt Freds besonders ausgebildeten Geruchssinn als Talent und fördert ihn.

Zur Vorbereitung auf den Film hat sich Pinaud intensiv mit dem Thema Rosenzucht auseinandergesetzt. Er hat viel über das Thema gelesen und Rosenzüchter besucht sowie Rosen-Wettbewerbe. Für die Rosenaufnahmen habe er nahezu ein Jahr benötigt, erklärte er. Zehn Monate lang hatte Pinaud eine Kamera vor Rosenstöcken installiert, um Aufzucht und Entwicklung einer neuen Rosenart in allen Stadien verfolgen zu können. Die achtwöchigen Dreharbeiten fanden an Originalschauplätzen statt in einem Zuchtbetrieb in der Nähe von Lyon. Nur wenige Szenen habe er in einem eigens dekorierten Gewächshaus gedreht. Der Film ist ein Märchen für Erwachsene, in dem Madame Vernet versucht ihren Traum zu leben. Das Happy End ist allerdings anders als erwartet.

© SZ vom 28.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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