Flächenfraß im Landkreis:Klares Jein zum Gewerbegebiet

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Die Kreis-SPD fordert eine Studie für den Landkreis Starnberg, um Flächenfraß und Wildwuchs zu verhindern. Im Streit um die Gautinger Pläne im Unterbrunner Holz gibt es jedoch keine einheitliche Linie.

Von Michael Berzl, Starnberg

Die Pläne der Gemeinde Gauting für ein großes neues Gewerbegebiet an der Grenze zu Gilching stürzen die SPD in ein Dilemma: Je nach Wohnort äußern Parteimitglieder dazu völlig gegensätzliche Standpunkte. Während der Gilchinger Gemeinderat und Landtagskandidat Christian Winklmeier für eine Gegendemonstration trommelt, kündigt sein Parteifreund Jürgen Sklarek, Vize-Bürgermeister in Gauting, an, er werde sich "vehement" für das Gewerbegebiet einsetzten und gegen die "Scheinheiligkeit" Winklmeiers angehen. Auf Kreisebene sind die Sozialdemokraten in dieser speziellen Frage zum Teil noch unentschlossen, wollen sich aber für ein landkreisweites und langfristiges Flächenmanagement einsetzen. Stellvertretender Landrat Tim Weidner und die Vize-Kreisvorsitzende Sissi Fuchsenberger haben am Donnerstag in Starnberg einen entsprechenden Antrag vorgestellt.

Demnach soll die Kreisverwaltung zusammen mit der Wirtschaftsfördergesellschaft eine Studie in Auftrag geben, die eine Grundlage schafft für künftige Entscheidungen über die Herausnahme von Flächen aus dem Landschaftsschutz. Mit solchen Entscheidungen ist der Kreistag immer wieder konfrontiert (Infokasten). Benötigter Wohnraum, Verkehrsanbindung und soziale Infrastruktur wie Kindergärten und Schulen sollen weitere Themen sein. Außerdem will die SPD einen Überblick über die noch verfügbaren Gewerbegebiete und über den Platzbedarf von Unternehmen. Der Antrag der SPD-Kreistagsfraktion sieht außerdem vor, dass Flächen nach Kriterien wie Eingriff in die Natur, in den Wasserschutz sowie Verkehrsbelastungen klassifiziert werden.

"Wir brauchen langfristig ein abgestimmtes Vorgehen", sagte Weidner. "Wir wollen keinen Wildwuchs", betonte er. Vielmehr gehe es der SPD darum, was man vor Ort tun kann gegen den Flächenfraß. Man müsse entscheiden, "in welcher Gebietskulisse wir künftig leben wollen". Die beantragte großflächige Analyse solle in ein zukunftsfähiges Konzept für den Landkreis münden, das die Kommunen unterstützt und auch zu mehr interkommunalen Lösungen führt, heißt es in dem Antrag.

Der SPD-Vorschlag geht weit über die aktuelle Kontroverse zwischen Gauting und Gilching hinaus. Die Ortsnamen tauchen darin kein einziges Mal auf, aber eben diese Debatte war der Auslöser dafür. Bei einer Klausurtagung im Februar in Alling hatten sich die SPD-Mitglieder mit dem Thema befasst und sich vom einschlägig erfahrenen Friedberger Bürgermeister Roland Eichmann beraten lassen. Es wurde offenbar hart gerungen: Laut Weidner ist es die sechste Version, die nun auf dem Tisch liegt und als Antrag an den Kreistag eingebracht wird - mit offenem Ausgang. Das weiß auch Fraktionschef Weidner. Denn Bürgermeister könnten sich dadurch in ihrer Planungshoheit eingeschränkt fühlen und so ein Grundlagenpapier ablehnen.

Dass die Mitglieder lange um die richtigen Formulierungen gerungen haben, zeigt auch, wie schwer sich die Kreis-SPD in dem aktuellen Streitfall tut. Am klarsten äußert sich da noch die Kreisvorsitzende Julia Ney aus Gauting: "Ich verstehe, dass die Gautinger das wollen, aber es ist zu groß. In den Ausmaßen ist das nicht vertretbar." Damit stellt sie sich gegen ihre Parteifreunde im Gemeinderat. Die Vertreter im Starnberger Kreistag indes wissen noch gar nicht, was sie tun sollen, wenn sie den Antrag auf den Tisch bekommen, etliche Hektar aus dem Landschaftsschutzgebiet herauszunehmen. "Ich bin hin und her gerissen", sagte Fraktionschef Weidner. Von einem "Dilemma" sprach Kreisrätin Fuchsenberger, die auch im Umweltausschuss sitzt. Dass ein "intelligentes Flächenmanagement", wie die SPD es jetzt fordert, rechtzeitig beschlossen wird, um eine Entscheidungsgrundlage im Streitfall Gauting zu liefern, ist unwahrscheinlich.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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