Feldafing/München:"Menschenunwürdig und herabsetzend"

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Walter Föhr protestiert mit einem Schreiben gegen unhaltbare Zustände beim Amt für Migration und Flüchtlinge

Von Peter Haacke, Feldafing/München

Großes Lob ernten landesweit die Asylhelferkreise für ihre aufopferungsvolle Arbeit in den Flüchtlingsunterkünften. Doch nur allzu oft wird das ehrenamtliche Bemühen um Praktikumsplätze, Lehrstellen, Festanstellungen und Integration amtlich konterkariert durch viele Hürden, die Landratsämter, die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgebaut haben. Das ist jedenfalls der Eindruck, den Walter Föhr vom Asylhelferkreis Feldafing ("Teamleitung Arbeit") gewonnen hat. Stellvertretend für viele andere hat er seinen Unmut beispielhaft anhand eines konkreten Falls in einem Schreiben ans BAMF dargelegt, das der SZ vorliegt.

Föhr war vergangene Woche frühmorgens als Begleiter eines 25-jährigen Flüchtlings aus Afghanistan zur zweiten Anhörung nach München gereist, um - wie verlangt - pünktlich um acht Uhr auf dem Amt zu erscheinen. Dort angekommen, staunte er nicht schlecht: Für die Wartenden standen nicht genügend Sitzgelegenheiten zur Verfügung, viele nahmen auf dem Fußboden Platz. Geschätzt 250 Flüchtlinge - allesamt für acht Uhr einbestellt - mussten sich vier Toiletten teilen, die aufgrund der hohen Frequentierung nach wenigen Stunden entsprechend verschmutzt waren. Aufgrund der Präsenzpflicht konnten die Wartenden weder eine Mittagspause einlegen noch ein Getränk beschaffen. Als Höhepunkt des Tages verkündete dann ein BAMF-Mitarbeiter nach insgesamt achteinhalb Stunden Wartezeit (!), von acht bis 16.30 Uhr, dass es an diesem Tage zu keiner Anhörung mehr kommen könne. Neuer Termin sei nun der 28. Oktober um acht Uhr.

Flüchtlingshelfer Föhr schreibt dazu: "Ich stelle fest, dass die Art und Weise des Umgangs mit den Asylsuchenden menschenunwürdig und herabsetzend ist und bitte Sie, alles zu unternehmen, um die Situation zu verbessern." Hierzu gehöre es auch, die Uhrzeiten der Gespräche besser zu koordinieren. "Mir ist keine öffentliche Einrichtung in Deutschland bekannt", schreibt Föhr, "bei der zirka 250 Flüchtlinge für acht Uhr bestellt werden, obwohl klar ist, dass es unmöglich ist, sie alle um acht Uhr anzuhören." Zudem zeigt sich Föhr darüber irritiert, dass Originalzeugnisse und Ausweispapiere seines Schützlings, der ein Pharmaziestudium absolviert hat, "aufgrund eines Umzuges des BAMF vorübergehend nicht auffindbar seien". Die Papiere hatte der Bruder vor längerer Zeit ans BAMF in der Boschetsrieder Straße geschickt.

Der Apotheker aus Afghanistan nimmt derzeit an einer einjährigen Einstiegsqualifizierung teil und hätte an jenem Tag die Berufsschule besuchen sollen - ein sinnlos verschenkter Tag. Föhr bittet das BAMF deshalb darum, seinen Schützling möglichst frühzeitig anzuhören. Eine amtliche Antwort zum Schreiben des Asylhelfers steht noch aus.

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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