Feldafing:Jetzt geht's ans Ersparte

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Im Rathaus sollen Stellen nicht mehr nachbesetzt und Arbeitsstunden reduziert werden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Gemeinde braucht Geld, um Turnhalle und Strandbad-Gastronomie sanieren zu können. Darum wird gespart: am Personal im Rathaus und bei freiwilligen Leistungen.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Feldafing

Die Landkreisgemeinden sind in einem Dilemma: Der Bund überträgt immer mehr Aufgaben an die Kommunen, ohne dass ein entsprechender finanzieller Ausgleich erfolgt. Zudem steigt die Kreisumlage stetig an. In den vergangenen Jahren konnte die Gemeinde Feldafing die Kreisumlage stets aus den Einkommenssteuer-Einnahmen finanzieren, die etwa vier Millionen Euro pro Jahr einbringen. Nun übersteigt die Kreisumlage mit rund 4,1 Millionen Euro erstmals diese Einnahmen.

Zwar nimmt die Gemeinde mehr als zwei Millionen Euro an Gewerbesteuern ein sowie knapp eine Million Euro an Grundsteuer - doch auch damit können die Ausgaben nicht mehr gedeckt werden. Wie Kämmerin Frauke Betz dem Gemeinderat am Dienstag vorrechnete, wären für einen ausgeglichenen Haushalt Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von vier Millionen Euro notwendig.

Dennoch will die Gemeinde nicht am günstigen Gewerbesteuer-Hebesatz von 290 Punkten rütteln. Sie befürchtet, die Unternehmen könnten ansonsten abwandern zur Nachbargemeinde Pöcking, die nach Angaben von Bürgermeister Bernhard Sontheim mit 240 Punkten einen der günstigsten Hebesätze in ganz Bayern hat. Die Kämmerin hat nun alle Haushaltsposten hinsichtlich Einsparungsmöglichkeiten akribisch geprüft und bekam dafür viel Lob vom Gemeinderat. Trotz einer voraussichtlichen Finanzlücke über knapp zwei Millionen Euro zeigte sich das Gremium überzeugt, dass die Gemeinde gut gewirtschaftet hat und segnete Haushalt und Stellenplan einstimmig ab.

Die Ausgabenseite ist hoch, weil in Feldafing hohe Investitions- und Sanierungskosten in Höhe von mehr als fünf Millionen Euro notwendig sind, die nicht aufgeschoben werden können. Alleine für drei Millionen Euro muss die Turnhalle saniert werden und für rund eine Million Euro die Strandbad-Gastwirtschaft. Mittelfristig müssen nach Angaben der Kämmerin Frauke Betz bis zum Jahr 2027 mehr als elf Millionen Euro investiert werden.

Im Strandbad muss die Gastronomie saniert werden. (Foto: Georgine Treybal)

Noch hat die Gemeinde Feldafing genügend liquide Mittel, aber sie muss an die Rücklagen heran: Um das Defizit ausgleichen zu können, müssen die Ersparnisse um rund fünf Millionen Euro abgeschmolzen werden, sodass zum Jahresende nur noch drei Millionen Euro übrig bleiben. Künftig dürfe daher auch der Verkauf von Grundstücken laut Betz kein Tabu mehr sein. Zudem wird Feldafing um eine Kreditaufnahme - geplant sind zwei Millionen Euro - nicht herumkommen. Für einen ausgeglichenen Haushalt wäre nach Meinung der Kämmerin aber eigentlich sogar eine Kreditaufnahme von drei Millionen Euro notwendig. Dann aber dürften trotz hoher Steuerkraft bis 2040 keine weiteren Schulden mehr gemacht werden.

Vom Gestalter zum Mangelverwalter

Bislang hätten die Kommunen selbst gestalten können, ärgerte sich Bürgermeister Bernhard Sontheim, aber "jetzt sind wir Mangelverwalter." Es würden immer mehr Aufgaben auf die Kommunen abgewälzt. Zwar gebe es Förderprogramme, doch diese deckten die Kosten nie zu 100 Prozent ab. "Auf die desaströse Finanzsituation müssen wir mit Personalreduzierung reagieren", kündigte der Rathauschef an.

Konkret bedeutet dies: Mitarbeiter, die ausscheiden, werden nicht mehr ersetzt, darüber hinaus werden Arbeitsstunden reduziert. Auch wenn diese Maßnahme letztendlich erst im Jahr 2025 greift, werden die Öffnungszeiten des Rathauses zurückgefahren. Allerdings sind weiterhin individuelle Terminvereinbarungen möglich. Zudem müssen sich die Bürger auf den Abbau von freiwilligen Leistungen einstellen: Hochzeitstermine am Wochenende wird es künftig nicht mehr geben und die Rentenberatung wird komplett gestrichen.

Ausdrücklich wies der Rathauschef darauf hin, dass er dennoch nicht bereit sei, alle freiwilligen Leistungen herunterzufahren. Kultur und Sport oder die "Nacht der 908 Kerzen" seien wichtig für den Zusammenhalt der Gemeinde, betonte er.

Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim sieht die Kommunen als "Mangelverwalter". (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Allen Sparmaßnahmen zum Trotz steigen die Ausgaben weiter an. Neben der Kreisumlage zählen die Personalkosten mit 2,26 Millionen Euro zu den größten Posten. Sach- und Dienstleistungen, etwa für IT-Sicherheit (110 000 Euro) oder das Buch über den Nationalsozialismus in Feldafing (85 000 Euro), schlagen mit 1,14 Millionen Euro zu Buche. Auch die Unterhaltskosten für die gemeindlichen Gebäude belaufen sich wegen gestiegener Energiekosten auf nunmehr rund 2,4 Millionen Euro. Alleine im vergangenen Jahr sind die Kosten für Kinderbetreuung laut Betz um 14 Prozent auf nunmehr 1,4 Millionen Euro angestiegen.

Wegen der angespannten Finanzsituation in fast allen Gemeinden wurden die hohen Landkreisausgaben kritisiert, wie der Bau des Gymnasiums in Herrsching oder die hohen Kosten der Krankenhäuser, die die Kommunen indirekt über die Kreisumlage finanzieren müssen. Die Kreisratsmitglieder sollten stärker auf die Landkreisausgaben achten, hieß es. Sontheim fand zumindest einen Trost: Rückblickend habe sich das Bürgerbegehren zum Erhalt des Ratskellers und die damit verbundene Ablehnung eines Feuerwehrhaus-Neubaus als Vorteil erwiesen, sagte er. Seiner Ansicht nach war es auch eine gute Entscheidung, dass an der Sanierung des Strandbads der Rotstift angesetzt worden ist. Damals sei die Gemeinde noch gut aufgestellt gewesen, nun aber seien derartige Ausgaben nicht mehr finanzierbar.

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