Liberale in Starnberg:Die FDP - ein zerstrittener Haufen

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Kommentar von Peter Haacke, Starnberg

Wohl kaum eine politische Gruppierung im Fünfseenland hat jemals so erfolgreich die Selbstdemontage betrieben wie jetzt die Starnberger FDP: Die einstige Hochburg der Liberalen - auch wenn die Ära mit Landrat Rudolf Widmann als einzigem Landrat Oberbayerns nun schon vor mehr als 25 Jahren endete - ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Aktueller Höhepunkt ist die an Peinlichkeit nur schwer zu überbietende Mitgliederversammlung des Starnberger Ortsverbands: Tief gespalten präsentierten sich die 34 anwesenden Stimmberechtigten bei der Vorstandsneuwahl, der ein massiver Streit ums Ergebnis der Wahlen vom November zwischen den Stadträten Anke Henniger und Marc Fiedler sowie ein Bruch der Zweierfraktion vorangegangen war. Am Ende stand ein parteiinternes Schiedsverfahren mit der Empfehlung, die Wahlen zu wiederholen.

Zweifelsohne sind Wahlen ein wichtiger demokratischer Akt. Im konkreten Fall aber verdient die Sachlage genauere Betrachtung. Denn die nun erfolgte Abwahl des bisherigen FDP-Ortsvorsitzenden Fiedler, der 2020 als Neuling gemeinsam mit Henniger für einen konstruktiven kommunalpolitischen Neubeginn in Starnberg stand, wurde nicht etwa von einer aufbegehrenden Jugend inszeniert, sondern einer alten Seilschaft ehemaliger FDP-Größen und Tunnelgegner. So verwundert es nicht, dass auch Johannes Glogger und Willi Illguth als stille Zuhörer der WPS dabei waren - eine Gruppierung, deren Platz in vielen anderen Kommunen Deutschlands die AfD einnimmt.

Fiedlers Entmachtung war von langer Hand vorbereitet. Inquisitorisch stellten die Rechtsanwälte Hans-Peter Tauche, einst FDP-Ortsvorsitzender, und Viggo von Wietersheim, 2020 noch WPS-Stadtratskandidat und nun FDP-Mitglied, den Rechenschaftsbericht Fiedlers in Frage. Ebenfalls irritierend: Der Ehemann von Henniger bezichtigte Fiedler der Lüge. Und dann folgte ein Manöver, das nicht wenige als bedrohlich interpretierten: Schnurstracks ging Andreas Henniger auf Fiedler zu, machte dann aber einen Haken um den Widersacher seiner Frau.

Profiteur der ganzen Angelegenheit ist nun Rechtsanwalt Stefan W. Zeil, Sohn von Bayerns Ex-Wirtschaftsminister Martin Zeil. Er hatte gegen das unter Corona-Vorzeichen stehende Wahlergebnis vom November 2021 aufgrund eines formalen Fehlers Widerspruch eingelegt. Freilich muss sich Fiedler fragen lassen, ob er Fehler gemacht hat, ob die Kommunikation in Kreis, Ortsverband und Fraktion passend war. Einerseits. Andererseits: Wären interne Lösungen nicht besser gewesen als die öffentlich ausgetragenen Querelen und der offenkundige Bruch?

Ein neues FDP-Mitglied, erst seit wenigen Wochen dabei, brachte die Sache auf den Punkt: "Ein total zerstrittener Haufen", stellte er fest, "das finde ich komisch: Bin ich in der richtigen Partei?"

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