School Lab am DLR:Nachhilfe für Lehrer

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Pilot Thomas van Marwick instruiert die Lehrerin Johanna Böhm, wie das Cockpit funktioniert. (Foto: Arlet Ulfers)

Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt lernen Lehrkräfte, wie sie Schülern Lust auf Physik machen können. Dafür steigen sie in Flugsimulatoren - und auch mal in einen echten Flieger.

Von Patrizia Steipe, Oberpfaffenhofen

Aus den Tragflächen steigen Flammen auf, der Pilot hantiert hektisch am Steuerknüppel, vergeblich. Das Flugzeug stürzt ab, begleitet vom Gelächter der Umstehenden. Flammen und Flugzeug waren zum Glück lediglich am Bildschirm zu sehen und den Absturz hat Physiklehrer Robert Liesaus im Flugsimulator unabsichtlich provoziert. Während man bei einem normalen Videospiel einfach neu starten würde, gab es im "School Lab" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erst eine Manöverkritik. "Was ist hier falsch gelaufen?", will Betreuerin Sonja Pellowski wissen und erklärt die grundlegenden Regeln der Aerodynamik, die einen Flug ermöglichen.

Einem anderen Piloten zeigt sie, wie man einen Looping ohne Absturz fliegt. Damit es möglichst echt ist, sitzen die Piloten der beiden Flugsimulatoren in einem rüttelnden Stuhl, können Fußpedale und Steuerknüppel bedienen und schauen auf drei Bildschirme. Liesaus ist eine von 20 Lehrkräften aus ganz Bayern, die an dem mehrtägigen Workshop "Fliegendes Lehrerzimmer" im DLR-School-Lab teilnahmen. Neben den Schulklassen, die regelmäßig hierher kommen, gibt es für Lehrkräfte einmal im Jahr eine "Leuchtturmveranstaltung". Highlight war in diesem Jahr der Flug in einem der kleinen Flugzeuge der DLR-Flugsportgruppe. "Ich durfte sogar selbst mal den Steuerknüppel halten", berichtet Liesaus mit leuchtenden Augen.

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Sein Kollege Dominik Köth ist mit Kamera und Smartphone in die Piper-Maschine gestiegen. Mit einer App sollen Werte aus den Bereichen Beschleunigung, Luftdruck, Drehrate oder Winkelgeschwindigkeit und Erdmagnetfeld im Flugzeug gemessen werden. Die Originaldaten wird er dann seinen Schülern präsentieren. "Das ist viel mehr als nur eine Formel auf der Tafel." Der Physiklehrer hofft, seine Schüler und Schülerinnen über Bilder und Geschichten und nicht über Formeln für das Fach zu packen. Das versucht auch das School Lab. Hier sollen Schüler - salopp ausgedrückt - "Bock" auf Physik bekommen.

"Das Fach Physik wird oft als realitätsfern und schwer empfunden. Im School Lab werden die Themen mit Alltagsbezug, spielerisch und mit vielen Experimenten vermittelt", erklärt School-Lab-Mitarbeiterin Lisa Schüttler. Sonja Pellowski ist eine der Betreuerinnen im Schülerlabor. Sie kann sich noch gut an ihren eigenen Klassenausflug in das School Lab vor einigen Jahren erinnern. "Physik war nicht mein Lieblingsfach", gestand sie. Die Experimente hätten sie aber so begeistert, "dass ich nachher mehr Lust auf den Physikunterricht hatte". Heute studiert die junge Frau sogar Luft- und Raumfahrt und will als School-Lab-Betreuerin wiederum andere junge Menschen begeistern.

Sonja Pellowski erklärt, wie der Flugsimulator funktioniert. (Foto: Arlet Ulfers)
Höhepunkt ist der Flug in einem der kleinen Flugzeuge der DLR-Flugsportgruppe. Pilot Thomas van Marwick (2. von links) instruiert die Lehrer, wie man ins Flugzeug einsteigt. (Foto: Arlet Ulfers)

Auch Tobias Schüttler, der seit vier Jahren das School Lab leitet, hat vor 20 Jahren als Student im damals neuen School Lab angefangen. Bereits als Kind bastelte er Modellflugzeuge, die er dann starten ließ. Doch als er seinem Physiklehrer eine Frage zur Aerodynamik stellte, war er zutiefst enttäuscht, als er merkte, dass dieser überhaupt keine Ahnung von diesem Fachgebiet hatte. "Seitdem war er bei mir unten durch", erinnert sich Schüttler, der Lehramt für Physik studiert hat. Der Grund für die Ahnungslosigkeit sei, dass das Thema Fliegen im Lehrplan fehle. "Deswegen möchte ich die Lehrer dazu bringen, dass sie Lust bekommen, sich das Wissen selbst anzueignen." Liesaus aus dem "Fliegenden Lehrerzimmer" hat er bereits überzeugt: "Das ist ein wahnsinnig spektakuläres Fachgebiet", schwärmte er.

Kai Kulp, Physiklehrer an einer Fach- und Berufsoberschule in München, besucht mit seinen Klassen regelmäßig das School Lab. Die Schule hat eine Kooperation mit dem DLR. Derzeit schreiben zwölf Schüler und Schülerinnen ihre Seminararbeit zu einem luft- und raumfahrttechnischen Thema wie "Ergonomie im Cockpit". Sie können im School Lab experimentieren und die Wissenschaftler befragen - und davon gibt es am Standort Oberpfaffenhofen reichlich. Das DLR ist schließlich eine der größten Forschungseinrichtungen Europas. Hier werden die Flugzeuge der Zukunft entwickelt, Raketentriebwerke getestet und Bilder der Erde oder von fernen Planeten ausgewertet, heißt es auf der Homepage. Außerdem forschen die etwa 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DLR zum Beispiel an Hochgeschwindigkeitszügen der nächsten Generation und an umweltfreundlichen Verfahren zur Energiegewinnung - und vieles mehr.

Auch Schüler dürfen am DLR experimentieren - im School Lab

Im School Lab soll die Begeisterung für all diese Themen an junge Menschen weitergegeben werden. In den Schülerlaboren auf dem DLR-Gelände in Oberpfaffenhofen gibt es zwölf unterschiedliche Module zu Themen wie "Robotik", "Wetter und Klima", "Raketen und Satelliten", die gebucht werden können. Die Teilnehmer bekommen Sensoren, Roboter, das Satellitendatenarchiv, einen Profiarbeitsplatz für Meteorologen und natürlich die studentischen Betreuer mit Know-how zur Verfügung gestellt. Die Jugendlichen können virtuell einen kleinen Mars-Rover durch Krater und Täler steuern, Modell-Raketen bauen und starten sowie vieles, was man aus dem Alltag zu kennen glaubt, genauer unter die Lupe nehmen. Zum Beispiel können sie erkunden, wie bei Solarenergie das Sonnenlicht in Strom verwandelt wird oder wieso das Navigationsgerät im Auto weiß, welcher Weg am schnellsten zum Ziel führt.

Neben den Angeboten für Schulklassen gibt es Informationen für Lehrkräfte, damit die Experimente später im Unterricht noch aufgearbeitet werden können. Die Klassen kommen entweder für einen halben Tag, um ein Experiment durchzuführen, oder ganztags, dann können zwei unterschiedliche Module gebucht werden. Der Besuch der Schulklassen ist dabei kostenfrei.

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