Ammersee:Elegant auch noch mit hundert Jahren

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Der Vorstand des Ammersee Yacht-Clubs aus Riederau segelt mit der Argo II zum Diessner-Segel-Club, um zu dessen 100-jährigen Bestehen zu gratulieren. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Rennyacht Argo II feiert ein großes Jubiläum - und die Mitglieder des Ammersee Yacht-Clubs in Riederau sind stolz auf ihr Juwel.

Von Renate Greil, Dießen

Elegant segelt die Argo II, ein 45er Nationaler Kreuzer mit dem Segelzeichen P-106, zur eigenen Geburtstagsparty an den Steg heran und wird von vielen Clubmitgliedern des Ammersee Yacht-Clubs (AYC) in Dießen freudig erwartet. Kein Wunder, denn mit der Clubyacht sind viele Erinnerungen verbunden. Dabei hat die flotte Rennyacht - 1923 von der Gebrüder Engelbrecht-Werft in Berlin-Köpenick nach den Plänen von Paul Franke gebaut - in den letzten einhundert Jahren ein bewegtes Leben und mehrere Namensänderungen hinter sich. Das Alter sieht man dem Traum aus weißen Segeln und glänzendem Mahagoni nicht an, der sich blumengeschmückt auf die nächsten hundert Jahre begießen lässt.

1952 kommt die Argo II zum AYC, den 1906 Charles Curry mitgründet. Bekannt ist sein Sohn Manfred Curry, ein Ausnahmesegler, Erfinder, Wissenschaftler, Arzt und Buchautor, dessen Großmutter Mary-Abby Curry dem Club ein Darlehen gewährt und ihm das Grundstück am See im Dießener Ortsteil Riederau schenkt. Zwei historische Bootshäuser, eine von Seerosen umrankte Steganlage, ein kleines Clubhaus und dazu schöne Holzboote zeigen, dass hier der Segelsport Tradition hat und diese auch gepflegt wird.

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Der Name Argo II geht auf die große Clubyacht Argo I zurück, die von mindestens vier Personen gesegelt werden muss und während des Zweiten Weltkriegs eingelagert wird. 1947 wird diese renovierungsbedürftig zwar wieder in Dienst gestellt, kurz darauf aber abgewrackt. Der Verkauf des Bleis ihres Kiels finanziert die Anschaffung des neuen Bootes Anfang der 1950er-Jahre sowie andere Reparaturen in der Anlage.

Im Club geht es familiär zu, auch die Kleinsten werden schon mitgenommen. Ellen Rudolph berichtet davon, wie die junge Familie einst mit Kinderwagen auf der Rennyacht segelte: "Die Tragetasche wurde in der Kabine aufgehängt", sagt die Seniorin und lacht. Nach vielen Segelstunden mit der Familie auf dem Schiff hält sie es für "ziemlich sicher". Auch Andreas Hendrich, eines der etwa 20 Clubmitglieder, die die Berechtigung haben, das über zehn Meter lange Boot zu segeln, schaukelte schon als Baby in der Kabine. Wie viele im Club habe er das Argo-Segeln mit der Muttermilch aufgesogen, berichtet er an Deck der gepflegten Yacht. "Es ist wichtig, dass man das Boot mag", betont er. Denn jedes Jahr wartet viel Arbeit auf die Segler.

Die edle Yacht Argo II wird zu ihrem hundertsten Geburtstag am Steg des Ammersee Yacht-Clubs in Riederau empfangen. (Foto: Arlet Ulfers)
Die Argo II in jüngeren Jahren. (Foto: privat)

Man könne nicht alles in die Werft geben, deshalb werde im Winter manches selbst überholt oder lackiert, erzählt Hendrich. Bei der Generalüberholung des Schiffes 1993 wurde die ursprüngliche Struktur um moderne Technik ergänzt. 120 000 D-Mark kostete die Sanierung, die durch Umlagen und Spenden finanziert wurde. Verwendet wurden zwei Hölzer, Eiche und Mahagoni, dessen rötlicher Schimmer für Segler Hendrich "einfach hinreißend" ist. Eine Prise Romantik gehört dazu, das "Schmalzsegeln" zum Genuss über den Ammersee ebenso. Aber die Rennyacht wird vielseitig genutzt, auch von der Jugend und zum Fahrtensegeln. Beinahe 250 Regatten absolvieren die Clubsegler und können regelmäßig Ergebnisse im vorderen Feld vorweisen. Auch einige Siege stehen in der Bilanz.

Anfang des 19. Jahrhunderts entsteht die Konstruktionsklasse der nationalen Kreuzer, die 45er haben als Merkmal 45 Quadratmeter Segelfläche. Diese Yacht, die P-106, wird für den Auftraggeber Alfred Schmidt gebaut, der diese unter dem Namen Daimon bei der Seglervereinigung 1903 Berlin registriert. Allerdings wechselt die Yacht, vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen, schon 1927 den Eigner und wird als Darling III wahrscheinlich nach Rostock gebracht.

Das "Trio Nautico" umrahmt musikalisch die Feierlichkeiten am Club-Ufer in Riederau. (Foto: Arlet Ulfers)
Zum Geburtstag gab es reichlich Blumenschmuck. (Foto: Arlet Ulfers)

Über Umwege kommt die Darling III wieder an den Wannsee. Dort verliert sich die Spur in den 1930-er Jahren. Für die 1940-er Jahre wird angenommen, dass die Rennyacht einige Zeit auf dem Grund des Wannsees verbringt. In einer seichten Bucht an der Glienicker Brücke, die im Kalten Krieg als Austausch von Spionen diente, soll das edle Schiff wohl vor dem Zugriff der Besatzungsmächte geschützt werden. Bis zum Kajütaufbau versenkt, wird abgewartet, bis sich die Lage wieder beruhigt und dann das Schiff gehoben. Die Yacht steht schließlich zum Verkauf und kommt 1952 als Clubschiff in den Yacht-Club Ammersee. 1963 und 1964 lagert sie ungenutzt an Land und muss Mitte der 1960-er Jahre abgedichtet werden.

Das Bootshaus in Riederau, in dem das Jubiläum der Argo II gefeiert wurde. (Foto: Arlet Ulfers)
Das Innere des Schiffes. (Foto: Arlet Ulfers)

2017 segelt die nun "alte Dame" wieder am Wannsee bei einer Jubiläumsregatta zum 150. Geburtstag des Vereins Seglerhaus. Ein kurzer Ausflug, den auch 33 holzbeplankte Schönheiten vom Attersee bis zum Bodensee unternehmen, die allesamt Berliner Wurzeln haben.

Als Herzstück des Clublebens gilt die Argo II seit 70 Jahren. In einer kleinen Ausstellung werden im unteren Bootshaus auch ein paar Einträge aus dem Logbuch gezeigt, das auch eine gebührenpflichtige Verwarnung wegen falschen Parkens am Herrschinger Dampfersteg aufweist. Die älteren Mitglieder erzählen Anekdoten - wie die Geschichte, als die Polizei die Segler wegen Ruhestörung in Empfang nahm, da die Crew nach einem Besuch in Andechs die ganze Nacht durchgesegelt ist und dabei laut und falsch Trompete gespielt hat.

Der Ammersee Yacht-Club in Riederau ist stolz auf seine Argo II. (Foto: Arlet Ulfers)

Bevor die Feier zum 100. Geburtstag nach Geschwaderfahrt, Steg-Empfang und Festabendausklingt, segelt Vorstand Johannes Schmohl mit der Crew noch zum Diessner-Segel-Club (DSC), der ebenfalls den 100. Geburtstag feiert. Als älterer Club stand der AYC bei der Gründung 1923 Pate, wie Schmohl berichtet.

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