Coronavirus:Zahl der Intensivpatienten im Münchner Umland steigt

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In den Kliniken von Starnberg bis Dachau sind bereits 71 von 91 Betten mit Beatmungsgerät belegt, davon 14 mit Covid-19-Patienten.

Von Carolin Fries, Starnberg

Alles dreht sich um die Zahlen: Wie viele Covid-Patienten sind in den Kliniken, wie viele davon auf den Intensivstationen und wie viele Betten sind noch frei? Thomas Weiler prüft die Zahlen mehrmals täglich, denn als Mediziner weiß er, dass es manchmal schnell gehen kann. Der 57-Jährige behält seine Patienten, die zwölf Kliniken in den Landkreisen Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau und Landsberg am Lech mit 2534 Betten, deshalb genau im Blick. Denn der Job des Starnberger Klinikchefs ist es, die Krankenhäuser ohne Überlastung durch die Pandemie zu führen. "Entspannt schaue ich schon lange nicht mehr auf die Zahlen", sagt er.

Dabei gilt die Weilers Aufmerksamkeit besonders den Intensivbetten, wovon in den Kliniken der vier Landkreise 40 zur Überwachung und 91 mit Beatmungsgerät zur Verfügung stehen. "Wir haben bereits angefangen, die Kapazitäten auszubauen, in der vergangenen Woche waren es noch 85 Betten mit Beatmungsgerät", sagt Weiler. Belegt seien 71 Plätze, davon 14 mit Covid-19-Patienten. Sollte sich deren Zahl in den kommenden Tagen verdoppeln, würde er nervös, sagt er. Denn: "Intensivpatienten, ganz gleich ob mit oder ohne Coronavirus, kann ich nicht einfach entlassen." Zudem sei die Verweildauer von Covid-19-Patienten mit durchschnittlich 17 Tagen auf der Intensivstation mehr als doppelt so lange wie gewöhnlich, es staue sich also schneller. Auf bis zu 144 Intensivbetten könne man auf den Stationen noch aufstocken, sagt Weiler, jedenfalls auf dem Papier. Doch ob dafür auch ausreichend Personal vorhanden ist, bezweifelt er.

Bereits im Katastrophenfall im Frühjahr hat Weiler als Ärztlicher Leiter die Koordination der Kliniken im hiesigen Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) übernommen. Damals gab es klare Angaben, wie viele Betten die Kliniken pauschal für Covid-19-Patienten vorhalten müssen. Diesmal ist es eine Allgemeinverfügung, die dem Mediziner und Manager weitreichende Entscheidungsbefugnisse gibt. So kann er unter anderem Patienten verlegen lassen, Schwerpunktkrankenhäuser bestimmen oder geplante Eingriffe absagen. Der entscheidende Unterschied: Anstatt auf Vorgaben setzt die Regierung auf Eigenverantwortlichkeit.

Aktuell seien die Kliniken gut belegt, berichtet Weiler, es gebe einen regelrechten "Nachholbedarf" an Behandlungen und Operationen. Hinzu kämen immer mehr Covid-19-Patienten. Wurden vor einer Woche noch 27 Patienten mit Sars-CoV-2 in den Kliniken im Landkreis behandelt, waren es an diesem Montag insgesamt 32 sowie drei Verdachtsfälle. 19 Covid-19-Patienten sowie zwei Verdachtsfälle werden in der Gautinger Asklepios-Klinik behandelt, die als Pandemiezentrum fungiert. Drei Patienten werden dort beatmet. In Starnberg sind sieben mit dem Coronavirus infizierte Patienten auf Station, in Tutzing und Herrsching je einer. In der Herrschinger Schindelbeck-Klinik werden zudem drei Patienten auf der Intensivstation mit Beatmungsgeräten unterstützt, in Tutzing zwei, wovon ein Patient als Verdachtsfall gilt. Bei immer mehr Patienten gelinge es, die Schwere der Erkrankung zu lindern und deren Dauer zu verkürzen. Behandelt würde mit Cortison und dem Medikament Remdesivir sowie schon früh mit einer externen, unterstützenden Sauerstoffzufuhr. Entzündungsreaktionen könnten auf diese Weise verhindert oder abgemildert werden. Durchschnittlich blieben die Patienten auf den Infektstationen ein bis zwei Wochen in der Klinik.

Anders als bei der ersten Welle im Frühjahr, als etwa 17 Prozent der Infizierten in den Krankenhäusern behandelt wurden, habe es zu Beginn der zweiten Welle überwiegend junge Menschen getroffen, von denen lediglich sieben Prozent in die Kliniken mussten. Inzwischen habe sich das Virus wieder quer durch alle Altersgruppen verteilt, so Weiler. Die Quote der Infizierten, die ins Krankenhaus müssen, liege wieder bei 17 Prozent. "Und von diesen landen vier bis fünf Prozent auf der Intensivstation." Thomas Weiler hat gelernt, die Zahlen zu deuten und Schlüsse zu ziehen: "Nachdem es kein Medikament und keine Impfung gibt, um diese Anteile zu verringern, bleibt nichts, als den Anteil der Infizierten zu verringern."

© SZ vom 10.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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