Bürgerkühlschrank in Utting:"Der Andrang ist groß"

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Ein Jahr Bürgerkühlschrank in Utting: Frank Grupp zieht eine Zwischenbilanz. (Foto: Arlet Ulfers)

Seit einem Jahr soll der Bürgerkühlschrank in Utting die Lebensmittelverschwendung reduzieren. Infolge der Krisen ist er heuer besonders gefragt. Während der Weihnachtszeit findet auch Feinkost ihren Weg in den Schrank.

Interview von Paul Wiese, Utting

Der sogenannte "Bürgerkühlschrank" in Utting feiert in diesen Tagen sein einjähriges Bestehen. Im Dezember vergangenen Jahres hatte die örtliche SPD das Projekt ins Leben gerufen. Das Konzept: Jeder, der Lebensmittel übrig hat, räumt sie in den Schrank - wer etwas braucht, nimmt es sich raus. In ein nebenstehendes Regal passen auch kleine Küchengeräte oder etwa ein Staubsaugeraufsatz. Ob das Konzept angenommen wird und welche Dinge sich im Schrank wiederfinden, darüber spricht Frank Grupp, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins und Initiator des Projekts.

SZ: Herr Grupp, wird das Projekt nach einem Jahr überhaupt noch angenommen?

Frank Grupp: Ja, fast zu gut. Es ist erschreckend zu sehen, wie groß der Andrang ist. Wenn wir den Kühlschrank mit Lebensmitteln befüllen, ist er meist nach zwei bis drei Stunden wieder leer. Manchmal warten sogar schon Leute davor, wenn wir mit frischen Sachen kommen.

Welche Menschen bedienen sich an den Lebensmitteln?

Anfangs waren es Leute, die sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetzen. Im Moment geht es eher in die soziale Richtung. Es kommen vor allem Leute, die sich durch das gespendete Essen finanziell entlasten.

Gewinnt der Schrank in Zeiten steigender Preise also an Bedeutung?

Ich habe den Eindruck, ja. Der Druck ist durch die Ukraine-Flüchtlinge nochmal gestiegen. Ich war erschrocken, als ich das erste Mal nur die Hälfte der gespendeten Sachen in den Kühlschrank räumen konnte, weil der Rest direkt aus meinem Kofferraum genommen wurde.

Welche Menschen räumen auf der anderen Seite denn etwas in den Schrank?

Vor allem die, die vor dem Urlaub ihren Kühlschrank ausräumen oder etwas zu viel haben. Auf Seiten der kommerziellen Lieferanten sind es vor allem Supermärkte aus der Umgebung. Zwei oder drei bringen ihr Zeug her, bei den anderen holen wir es persönlich ab.

Muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man etwas aus dem Kühlschrank nimmt, ohne in einer sozialen Notlage zu sein?

Nein, im Gegenteil. Der erste Gedanke war: Das Projekt soll Lebensmittelverschwendung entgegenwirken. Da können alle mitmachen. Natürlich spielt der soziale Aspekt inzwischen auch eine Rolle und überwiegt im Moment ja sogar.

Was für Lebensmittel landen in dem Kühlschrank?

Zu Weihnachten haben wir besonders viel Feinkost von den Supermärkten. Einige Leute stellen sogar Nikoläuse rein für Menschen, die sich so etwas sonst nicht leisten können. Im laufenden Jahr ist es vor allem Gemüse. Manchmal kommt dann die Frage: Was ist der Unterschied zwischen Pastinake und Petersilienwurzel? Das können nicht alle unterscheiden. Andere fragen mich nach Rezepten. Unter der Woche gibt es aber auch Fertiggerichte und Milchprodukte.

Ist das Projekt hier in der Region einzigartig?

Es gibt inzwischen auch andere, die das machen. Zwei weitere SPD-Ortsvereine haben sich schon über den rechtlichen Rahmen informiert und darüber, welche Art von Kühlschrank wir gekauft haben. Das greift um sich. In Utting soll er aber vorerst der einzige bleiben, noch kommen wir damit aus.

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