Buchheim Museum:Die Expressionisten sind wieder da

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Das Buchheim-Museum in Bernried erfindet sich selbst neu und präsentiert gleich zwei neue Ausstellungen. Die Besucher haben ihre Freude an großer Kunst, bewegten Bänken, Musik und Lyrik

Von Katja Sebald, Bernried

"Tiefer hängen" heißt ein programmatischer Aufsatz über den zeitgemäßen Umgang mit Kunst. Tiefer gehängt sind jetzt einige der berühmtesten Bilder aus der Sammlung Buchheim. In den letzten Monaten waren sie zu Gast in der Kunsthalle Emden, jetzt sind die in den neu gestalteten Expressionisten-Saal, Herzstück des Bernrieder Museums, zurückgekehrt. Am Sonntag fand die Eröffnung unter dem Motto "Wir sind wieder da!" statt. Zeitgleich wurde im Grafikkabinett eine weitere mit Ausrufezeichen versehene Ausstellung präsentiert: "Echte Kunst für alle!" heißt die Zusammenstellung von 32 Farblithografien der "Guilde International de la Gravure". Im Sinne des Museumsgründers soll die neue Hängung den Besuchern ein "Fest fürs Auge" bieten, "unerwartete und ungewohnte" Attraktionen anstelle von "klassischer Museumspräsentation", hatte Buchheim gefordert.

Wie er sich das vorstellte, ist auf der Empore über dem zentralen Ausstellungsraum zu sehen: Dorthin wurden verschiedene Ensembles aus dem Feldafinger Wohnhaus transloziert, die Wertvolles und Wertloses, große Kunst und kunstvollen Krimskrams vereinen. Unten im Saal aber hängen nun Bilder nebeneinander, die man im ersten Moment nicht als zusammengehörig ansehen würde, etwa das Fleischerladen-Bild von Lovis Corinth inmitten einer Reihe von Landschaften. Gebirgslandschaften von Ernst Ludwig Kirchner, Inkunabeln der Sammlung, haben vorn im Saal ihren großen Auftritt - und sie hängen wie alle anderen Bilder so tief, dass man als Betrachter nicht zu ihnen aufblicken muss, sondern gleichsam in sie eintritt. Zwei Gebirgsbilder des Malers Bernd Zimmer stehlen ihnen mit überbordender Farbigkeit allerdings beinahe die Schau. Als erstem zeitgenössischen Künstler hatte man Zimmer im Vorjahr eine Ausstellung gewidmet, jetzt hat die Buchheim-Stiftung zwei seiner Werke angekauft.

Ein weiterer Zeitgenosse avancierte schon am ersten Ausstellungstag zum absoluten Publikumsliebling: Als Leihgabe ist die Installation "Moving Bench #2" des dänischen Künstlers Jeppe Hein zu sehen - und vor allem zu benützen: Zwei auf den ersten Blick gewöhnliche Museumsbänke bewegen sich auf vorgegebenen Bahnen durch den Raum; die Besucher lassen sich mit Begeisterung an der großen Kunst vorbeifahren. Neu ist auch die endgültige Öffnung aller von Lothar-Günther Buchheim im Streit mit seinem Architekten verhängten Fenster. Auch die Oberlichter lassen nun, mit einer entsprechenden Folie versehen, ein auf das notwendige Maß gedämpftes Licht in den Raum. Da die druckgrafischen Arbeiten zwar einerseits sehr lichtempfindlich sind, andererseits aber wegen der wechselseitigen Bezüge unbedingt zu den Gemälden der Expressionisten gehören, wurden einige Blätter kopiert, vergrößert und in einer Siebdrucktechnik direkt auf die Wand aufgebracht. Auch einige ausgewählte Stück der afrikanischen Volkskunst hängen zwischen den Gemälden der Expressionisten.

Aber nicht nur die Kunstwerke untereinander kommunizieren so auf neue Art und Weise, auch die Kunst und die nicht minder spektakuläre Natur vor den Museumsfenstern treten miteinander in Beziehung: Neben den badenden Mädchen von Otto Mueller und die Küstenlandschaft Max Pechstein blickt man auf den echten See. Auch der berühmte "Schlafende Pechstein" hat nun seinen Liegestuhl gleichsam direkt am Seeufer aufgestellt.

Eine Etage tiefer haben Druckgrafiken einen eigenen Raum bekommen: Der Allessammler Buchheim hatte in der Nachkriegszeit auch Blätter der von Pierre Cailliers in Genf gegründeten "Guilde International de la Gravure" gesammelt, die an ihre Mitglieder kostengünstig echte Kunst verkaufte. Zu sehen sind unter anderem Farblithografien von Serge Poliakoff, Max Ernst und Willi Baumeister. Zum Auftakt beider Ausstellungen gab es am Sonntag eine Performance mit dem Schlagzeuger Günter "Baby" Sommer und Lyrikerin Nora Gomringer.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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