Bernried:Naturparadies unter Stress

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Baumriesen machen den Bernrieder Park zu einem ganz besonderen Naturerlebnis. Sie prägen das Landschaftsbild gemeinsam mit dem See, dem Kloster und der Kirche Sankt Martin. (Foto: Georgine Treybal)

Temperaturschwankungen und Schneebruch setzen dem Bernrieder Park zu. Eine Führung mit Forstingenieur und Parkpfleger Niels Ondrascheck und Agraringenieurin Barbara Eder.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Trockenheit und Hitze, Schnee und tiefe Temperaturen: Im vergangenen Jahr hatte der Bernrieder Park viel zu verkraften. Nach dem extremen Schneefall im Dezember musste das etwa 78 Hektar große Naturparadies in Bernried sogar gesperrt werden. Und die massiven Schäden sind auch noch während der Führung am Samstag zum Thema "Überlebensstrategien von Pflanzen und Tieren im Winter" zu erkennen. Unter den Methusalem-Bäumen und im Bereich der Eichenallee liegen große Äste am Boden, die während des Sturms abgebrochen sind. Mit Motorsägen werden sie von Waldarbeitern zerkleinert und sauber aufgeschichtet.

Gearbeitet wird aber nur entlang der Wege. Im Waldgebiet dürfen Äste und umgefallene Bäume liegen bleiben. "Verkehrssicherheit ist wichtig, aber der Baum ist noch wichtiger", erklärt der Forstingenieur und Parkpfleger Niels Ondrascheck den etwa 30 Teilnehmern der Führung. Denn das Totholz bietet Nahrung und Unterschlupf für Igel, Fledermaus und Insekten sowie für Pilze. Und Insekten, wie etwa Wespen, die sich im Winter in den Baumrinden verkriechen, dienen beispielsweise dem Specht als Nahrung.

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Ein Baumriese hatte einem Gewittersturm im August vergangenen Jahres nicht standgehalten. In einem Nutzwald werde das Holz eines gefällten Baumes normalerweise verkauft, sagt Ondrascheck. Im Bernrieder Park steht hingegen die Biodiversität im Vordergrund, das Holz darf liegen bleiben. Doch die Entscheidung, welcher Baum erhalten wird oder als Totholz liegen bleibt, bedeutet einen immensen Aufwand und verursacht zudem hohe Kosten. Denn die Bäume müssen nach jedem Sturm begutachtet und die Kronen mitunter gesichert werden. Daher ist die Zunahme von Stürmen laut der Agraringenieurin und Vorsitzenden des Freundeskreises Bernrieder Park, Barbara Eder, eine große Herausforderung für die Parkpflege und die Baumerhaltung.

Carbon-Stützen sichern die Baumkrone

Eine Linde am Seeufer etwa ist von einem Pilz befallen, die Wurzeln haben Moderfäule. Normalerweise wird so ein kranker Baum gefällt, zumal zwei Bänke unter der Baumkrone stehen. "Aber der Baum ist maßgeblich für die Bucht", erklärt Ondrascheck. Also darf er stehen bleiben und wurde mithilfe von Carbon-Stützen abgesichert. Laut Eder ist es eine große Aufgabe, den Spagat zwischen Baumerhalt und Verkehrssicherungspflicht zu schaffen.

Die rund 30 Besucher der Führung erfahren viel über Baum- und Parkpflege. (Foto: Georgine Treybal)
Parkpfleger Niels Ondrascheck berichtet von seiner Arbeit und den Entscheidungen, die es täglich zu treffen gilt. (Foto: Georgine Treybal)
Die Zunahme von Stürmen ist laut Agraringenieurin Barbara Eder eine große Herausforderung für die Baumerhaltung. (Foto: Georgine Treybal)

Viel Geld wird daher von der Wilhelmina-Busch-Woods-Stiftung, die den Park seit den 1950-er Jahren verwaltet, in Baumsanierungen investiert. Bei der Linde beispielsweise lagen die Kosten bei 3500 Euro. Noch vor 20 Jahren sind nach Eders Angaben viele riesige Bäume gefällt worden, um die Sichtachsen zum See freizuhalten. Jetzt wird erhalten und bei Bedarf nachgepflanzt. Daher ist der Freundeskreis für jede Spende dankbar, sogar für die wenigen Euro, die in den Hut gelegt werden, den Eder nach der Führung herumgehen lässt.

Eine Eiche konnte vor ein paar Jahren nicht erhalten werden. Auch wenn der Baum tot ist, wurden lediglich die Äste abgeschnitten. Der Torso, in dem ein Hohlraum ist, blieb erhalten. Die Höhle dient seither vielen Tieren als Winterquartier. Nachdem Hornissen dort ein Nest gebaut hatten, wurde sie von Gartenschläfern für den Winterschlaf genutzt, später zogen Fledermäuse ein. Auch Waldkäuzchen und verschiedene Eulenarten wurden schon gesichtet. Siebenschläfer und Haselmaus graben sich ihre Höhlen für den Winterschlaf im Bereich der Wurzeln in bis zu 80 Zentimetern Tiefe.

Auch die Bäume haben eine Überlebensstrategie

Wenn ein Baum gefällt werden muss, erfordert das ebenfalls viel Aufmerksamkeit, wie der Parkpfleger betont. Zunächst müsse untersucht werden, ob sich keine Nester im Baum befinden. Denn manche Tiere halten keinen Winterschlaf, sondern legen Wintervorräte an und bauen sich Nester in den Baum, um sich bei Kälte zu verkriechen. Das Eichhörnchen beispielsweise baut sich gleich mehrere Kobel, wie die Nester heißen. Der Wechsel zwischen diesen dient laut Ondrascheck dazu, dass sie von ihren Feinden nicht so schnell gefunden werden und zudem Parasiten nicht überhandnehmen können.

Auch die Bäume haben eine Überlebensstrategie: Im Herbst ziehen sie ihre Nährstoffe in den Stamm zurück und die Blätter welken. Warum die Blätter bei Eichen und Buchen nicht abfallen, erklärt der Parkpfleger damit, dass die Rehe dann die Triebe im unteren Bereich nicht abfressen. Weil die Bäume gewöhnlich sehr sensibel auf Dünger reagieren, stehen einige Wiesen unter Naturschutz. Werden sie bewirtschaftet, wird zumindest im Bereich der Baumkronen nicht gedüngt. Viel besser wäre jedoch der 2,5-fache Kronendurchmesser, sagt Ondrascheck. "Aber da treffen Welten aufeinander."

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