Karikaturen:Weiter so!

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Das Hilfswerk Misereor und das Erzbistum Bamberg haben eine feine Karikaturen-Ausstellung initiiert, die nun in Bernried zu sehen ist. Hauptthemen sind Klimakatastrophe und Flüchtlingspolitik

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Ein Mann erschießt einen Wal mit der Begründung: "Können Sie sich vorstellen, wieviel Treibhausgas so ein Wal mit nur einem einzigen Furz ausstößt?" Als Kommentar unter der Karikatur von Martin Perscheid steht: "Zur Rettung des Weltklimas werden erste entscheidende Schritte unternommen." Bissig, witzig, humorvoll, oft sarkastisch, aber nie mit dem erhobenen Zeigefinger setzen sich 39 Karikaturisten in der Ausstellung "Glänzende Aussichten" mit aktuellen, aber auch zeitlosen Themen auseinander. Die Schau ist derzeit in Bernried zu sehen.

Das Bischöfliche Hilfswerk Misereor und das Erzbistum Bamberg hatten einen Aufruf an Zeichner aus Deutschland und den Nachbarländern gestartet, Cartoons zu Themen wie Klima, Konsum oder Flüchtlingswelle einzureichen. Mehr als 1000 Karikaturen kamen an, eine Jury wählte 99 davon für die Ausstellung aus. Die Bernrieder Missionsbenediktinerin Schwester Helga Gabriela Haack, die sich ehrenamtlich bei Misereor engagiert, hat angeregt, die Wanderausstellung nach Bernried zu holen. Pfarrgemeinderat Franz Greinwald unterstützte sie dabei.

Der Skater fliegt fröhlich über die Tragödie hinweg. (Foto: Georgine Treybal)

Die Ausstellung fand so großen Anklang, dass die 60 Ausstellungskataloge schon nach kurzer Zeit vergriffen waren und neue nachbestellt werden mussten. "Es ist eine ansprechende Ausstellung, die mit Humor und einem Lächeln zum Nachdenken anregen soll", sagte Schwester Helga Gabriele zur Eröffnung am Mittwoch. Im Torbogengebäude sind hauptsächlich Werke zu den Themen Flüchtlinge und Konsumverhalten zu sehen. In einem Cartoon von Til Mette, dem Mitbegründer der TAZ Bremen, rettet sich ein Flüchtling mit letzter Kraft aus einem überfüllten Boot an Land und ein Beamter erklärt: "Können Sie nächste Woche wiederkommen? Wir wissen noch nicht, wie wir Ihnen helfen können." Heiko Sakurai nimmt die Frontex aufs Korn. Am Grenzzaun der EU ist ein Schild angebracht: "Liebe potentielle Flüchtlinge, diesen humanitären Schutzwall hat die EU hier für Sie errichtet, um künftige Tragödien zu verhindern."

Manchmal ist auch ein zweiter Blick notwendig, um eine ironische Karikatur zu verstehen. So lässt der ehemalige DDR-Künstler Andreas Prüstel, der heute Cartoons unter anderem für den Eulenspiegel zeichnet, einen alten Mann zu seiner ebenso alten Partnerin beim romantischen Dinner sagen: "Sie machen mich wirklich heiß, Hildegard! Wiewohl - fossile Brennstoffe haben nun mal keine Zukunft!" Ob Bio-Lebensmittel und Bio-Tierhaltung, ob Umweltverschmutzung oder Banalitäten des Alltags - oft erkennt sich der Betrachter wieder in den Cartoons, beispielsweise wenn sich bei Renate Alf die Mutter, die ihr Kind mit dem Auto zur Schule bringt, über den Verkehr beschwert. Oder wenn der mehrfach ausgezeichnete Zeichner Gerhard Mester den Fahrer eines SUV vor dem Naturkostladen sagen lässt: "Für die Umwelt ist mir kein Weg zu weit."

Ein merkwürdiger Besucher auf der Alm. (Foto: Georgine Treybal)

Andere Künstler nehmen sich die kleinen Dinge des Alltags und die Sparmentalität vor und drehen das Ganze ins Absurde. Zum Thema Klimakatastrophe gewährt Helmut Jacek einen Frühbucherrabatt für die Arche Noah. Und der in Österreich geborene Karikaturist Freimut Woessner lässt einen Korbverkäufer zu seiner Kundin sagen: "Brauchen Sie eine Tüte für den Korb?"

Wie Franz Greinwald betonte, geht es bei der Ausstellung darum, sich ansprechen zu lassen, zu schmunzeln und zu lachen. Es sei Ziel der Ausstellung, das eigene Verhalten ehrlich zu überprüfen und in Richtung Menschenfreundlichkeit und Klimagerechtigkeit zu verändern. Der Betrachter sollte sich einladen lassen zum Mitdenken und Mitwirken, um etwas mehr Gerechtigkeit und ein Leben in einer besseren Welt zu erreichen, so jedenfalls Greinwald. Die Zeichner haben einen guten Mittelweg gefunden. Sie haben eine feine Trennungslinie gezogen zwischen überspitzter Darstellung von Fehlern und Mängeln, ohne dabei bitterböse zu werden oder gar zu moralisieren. Bei Gerhard Mester sagt ein Engel zu Gott: "Moody's hat Eurer Schöpfungswerk auf Ramschniveau herabgestuft."

Die Werke sind bis zum 26. Januar zu sehen. Ein Teil der Ausstellung ist täglich von 14 bis 17 Uhr im Bildungshaus des Klosters zu sehen. Das Torbogengebäude hat bis zum 24. Januar, nur an den Sonntagen, jeweils von 9.30 bis 15 Uhr geöffnet.

© SZ vom 08.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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