Forum Humor:Auf den Spuren der Gulbranssons

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Im Bernrieder Gasthof "Drei Rosen" feierten Olaf Gulbransson und Dagny Björnson ihren Polterabend. (Foto: Repro: Georgine Treybal)

100 Jahre nach dem Polterabend des Simplicissimus-Karikaturisten in Bernried erzählt der Biograf Gerd Holzheimer aus dem Leben des norwegischen Grafikers und seiner Ehefrau.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Die Ähnlichkeit zwischen dem norwegischen Grafiker, Simplicissimus-Karikaturisten und Maler Olaf Gulbransson und Gerd Holzheimer, dem Autor seiner Biografie, ist wirklich frappierend. Nicht nur Statur und die Größe von 1,73 Metern stimmen exakt überein, auch Kopfform und Gesichtszüge ähneln sich. Holzheimer trägt sogar Gulbranssons Brille. Die habe ihm dessen Enkelin geschenkt, erzählt er auf der Veranstaltung "100 Jahre Polterabend Olaf Gulbransson und Dagny Björnson", die am Donnerstag im Rahmen des Forum Humor-Festivals in Bernried stattfand.

Vor dem Hintergrund, dass Gulbransson und seine spätere Ehefrau Björnson vor genau 100 Jahren ihren Polterabend im Salettl des Bernrieder Gasthofs "Drei Rosen" gefeiert haben, kam der Forumsvorsitzende Reinhard Wittmann auf die Idee, das Fest nachzufeiern. Damals sei das Salettl proppenvoll gewesen, weil alleine schon die Blaskapelle mehr als die Hälfte des Platzes benötigte, erklärte Wittmann. Ein Jahrhundert später war der Pavillon wieder voll besetzt. Anstatt der erwarteten 50 Besucher waren etwa 70 gekommen. Aber die Veranstalter hatten die Bernrieder Blaskapelle vorsorglich im Biergarten platziert, und so blieb sogar noch Platz für spontane Tänzer, darunter Bürgermeister Georg Malterer und mehrere Gemeinderäte.

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Im Salettl hängt ein Foto von Gulbransson und seiner um 30 Jahre jüngeren dritten Ehefrau Dagny Björnson. Es wurde auf der Veranda vom Gasthof "Drei Rosen" aufgenommen, in dem Gulbransson bei seinen Besuchen nächtigte. Dagny Björnson kam nach Bernried, da sie gesundheitlich angeschlagen war und sich auf einem Bauernhof erholen wollte. Gulbransson, der als Simplicissimus-Karikaturist in München-Schwabing lebte, kam zu Besuch. Beiden hat es in Bernried so gut gefallen, dass sie später als Ehepaar sogar ein Haus in dem Dorf kaufen wollten. Da für Gulbransson das tägliche Schwimmen Lebenselixier war, suchte er sich eine Bleibe im Voralpenland an einem See.

Der Simplicissimus wurde 1896 in München als literarische Satirezeitschrift gegründet. (Foto: Repro: Georgine Treybal)

Erst als ein anderer Käufer dem Ehepaar das Bernrieder Haus weggeschnappt hatte, hätten sich die Gulbranssons am Tegernsee umgesehen und ein Haus in der Nähe des Anwesens von Ludwig Thoma in Finsterwald gekauft, berichtete Wittmann. Dennoch ist Bernried laut Holzheimer "ein sehr authentischer und wichtiger Ort" für die Gulbranssons geblieben.

Wittmann hatte Holzheimer ursprünglich eingeladen, damit er aus der im Jahr 2021 erschienenen Biografie liest. Daraus wurde aber nichts, denn der Autor wusste nach seinen jahrelangen Recherchen so viele Geschichten und Anekdoten zu erzählen, dass keine Zeit mehr blieb, um das Buch überhaupt aufzuschlagen. Stattdessen zeigte er viele Karikaturen und schwärmte von Gulbranssons minimalistischen Stil.

Er könne "mit so wenigen Strichen so viel Dynamik" hervorbringen, urteilte Holzheimer, und der anwesende Cartoonist Peter Gaymann stimmte ihm mit Kennerblick zu. Zur Lesung brachte Holzheimer auch ein Holzbrett mit. Das sei ein Stück aus der ersten Sprungschanze in Bayern, die Gulbransson 1902 bauen ließ, erklärte der Literaturwissenschaftler, der schon 30 Bücher verfasst hat, darunter auch eine Biografie des Kabarettisten und Forum Humor-Mitglieds Gerhard Polt.

Dieses Aquarell von Olaf Gulbransson mit dem Hirschberg im Hintergrund befindet sich noch heute beim Schererhof. (Foto: Repro: Georgine Treybal)
Biograf Gerd Holzheimer erzählte dem Publikum im Salettl in Bernried Geschichten und Anekdoten aus dem Leben des berühmten Grafikers. (Foto: Georgine Treybal)

Auf die Frage, warum er ausgerechnet eine Biografie über Gulbransson geschrieben hat, antwortete Holzheimer, seine Ähnlichkeit zu dem Zeichner sei auf jeden Fall nicht der Grund gewesen. "Bei mir ist es reines Versehen, dass ich so aussehe." Es sei "Fügung" gewesen, dass er schon als Kind auf Gulbranssons Spuren gewandelt sei. Er habe die Lausbubengeschichten von Ludwig Thoma geliebt, und die waren von Gulbransson illustriert. Eine Zeichnung des Lausbuben trägt das Gesicht Gulbranssons. Auch wenn er noch nicht gewusst habe, wer Gulbransson war, so Holzheimer, habe er sich bereits damals mit dem Lausbuben identifizieren können.

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