Bernried:Der gute Geist von Sankt Martin

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Seit mehr als 50 Jahren Mesner in Bernried: Helmut Schindler. (Foto: Georgine Treybal)

Mesner Helmut Schindler hat viele Aufgaben, vor allem an Feiertagen muss er früh aufstehen. Nun ist der 72-Jährige mit der Silbernen Bürgermedaille ausgezeichnet worden.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Helmut Schindler ist Mesner mit Leib und Seele, schon mehr als ein halbes Jahrhundert lang. Seit mehr als 50 Jahren steht er an jedem Sonn- und Feiertag in aller Herrgottsfrühe auf: Er muss sich darum kümmern, dass in Bernried die Kirchenglocken pünktlich läuten und Kerzen oder Hostien nie ausgehen. Und an den Wochentagen bereitet er Hochzeiten, Taufen oder Beerdigungen vor. Vor hohen Festtagen - Weihnachten, Ostern oder Fronleichnam - ist er tagelang mit Vorbereitungen beschäftigt. "Du bist der Erste, der kommt und der Letzte, der geht", sagt Schindler, "das geht nicht ohne Interesse und Herzblut".

Inzwischen ist er 72 Jahre alt und dachte eigentlich ans Aufhören. Er wollte nur noch die Sanierung der Bernrieder Kirche Sankt Martin zu Ende bringen. In den vergangenen zwei Jahren war er täglich vor Ort, um auf- und zuzusperren. Außerdem hat er dafür gesorgt, dass die Arbeiter im Kloster stets ein warmes Essen bekamen. Aber trotz der vielen Arbeit hält Schindlers Begeisterung weiter an. "Ich mache weiter", sagt er. Im Rahmen der Feierlichkeiten zur Wiedereröffnung des barocken Kleinods am vergangenen Sonntag ist Mesner Schindler von Bürgermeister Georg Malterer mit der Silbernen Bürgermedaille ausgezeichnet worden. Er habe die Kirche bis ins Dorf hineinwirken lassen, begründete der Rathauschef die Ehrung.

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Schindler muss immer dann arbeiten, wenn alle anderen freihaben. So etwas funktioniert nur, wenn das auch die Familie akzeptiert. Seine Frau Gabriele habe nicht nur all die Jahre hinter ihm gestanden, sagt der Bernrieder stolz. Sie arbeitet ebenfalls mit, putzt die Kirche, wäscht und bügelt die Messgewänder - schon seit Jahrzehnten. Manchmal hätten ihre drei Kinder gemeckert, räumt Gabriele Schindler ein. Denn spontane Ausflüge gab es nicht, und der jährliche zweiwöchige Urlaub musste bei den Schindlers von langer Hand geplant werden.

Schindler war 15 Jahre alt, als ihm der Job als Mesner angeboten wurde

Schon als Kind war Helmut Schindler Ministrant. Als der Pfarrer ihn einst fragte, ob er das Amt des Mesners übernehmen wolle, war er erst 15 Jahre alt. Ein paar Jahre hat der gelernte Automechaniker, der zunächst bei Dornier und später bei der Bundeswehr gearbeitet hat, ausgesetzt. "Aber ich war nie ganz von der Kirche weg", betont er. Zumal er bis heute Unterstützung bekommt von anderen Gläubigen, wenn er die Vorbereitungen allein nicht stemmen kann. "Ohne sie geht es nicht", freut er sich über das Engagement der Bernrieder. "Wir haben ein sehr gutes, harmonisches Miteinander", sagt er. Er müsse nie lange nach Hilfe suchen - und dafür sei er dankbar.

Die Bernrieder Sankt-Martin-Kirche erstrahlt nach der Renovierung in neuem Glanz. Mesner Helmut Schindler begutachtet mit Pfarrer Bernd Reithemann (links) und Kirchenpfleger Bernd Schulz eines der Gemälde. (Foto: Arlet Ulfers)
Seit fünf Jahrzehnten ist Helmut Schindler schon Mesner in Bernried. Auch das Aufstellen der Krippe in der Weihnachtszeit gehört zu seinen Aufgaben. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Die Kirche Sankt Martin in Bernried. (Foto: Arlet Ulfers)

Dabei war Schindler nie hauptamtlicher Mesner. Zu Beginn seiner Tätigkeit erhielt er als Lohn fünf Mark im Monat. Heute ist er auf der Basis eines Minijobs beschäftigt, bei dem ein Monatsverdienst bis zu 520 Euro möglich ist. Viel ist das nicht für diesen zeitintensiven Einsatz. Zumal sein Engagement weit über die Alltagspflichten hinaus geht: Er macht Kirchenführungen, das ganze Jahr über führt er eine Liste mit allen Verstorbenen des Dorfes. An Allerheiligen stellt er für jeden Toten eine Kerze vor den Altar. Und während in der Kirche die Namen vorgelesen werden, läutet er die große Glocke.

In der Adventszeit ist er tagelang damit beschäftigt, die Krippe mit mehr als 50 Figuren aufzustellen und sie in eine Landschaft auf dem Seitenaltar einzubetten. "Alles muss genau vorbereitet sein", erklärt er. So sammelt er frühzeitig - also lange, bevor es schneit - Moos für die Krippenlandschaft. An Fronleichnam baut er Altäre auf, für die Sonntagsmesse legt er schon am Samstag die Messgewänder heraus.

Aufgeregte Bräute, verängstigte Bräutigame und der verspätete Brautvater

Er mache das gerne, sagt er, denn er habe viel Schönes, aber auch viel Nachdenkliches erlebt, besonders bei Hochzeiten. Mit verschmitztem Lächeln erzählt er einige Anekdoten von Bräuten, die zu spät kamen und den Bräutigam in Angst und Schrecken versetzten. Einmal habe eine Braut monatelang angerufen, damit auch ja alles klappt. Doch am Ende sei alles schiefgegangen, was nur schiefgehen konnte: Zunächst habe sich der Brautvater massiv verspätet, und die Braut stand bei 30 Grad Hitze aufgelöst vor der Kirche. Beim Einzug habe der Organist dann die falsche Musik gespielt. Und vor dem Altar angekommen, habe sich die Braut neben den Stuhl gesetzt und sei der Länge nach hingefallen. "Ich könnte ein Buch darüber schreiben", sagt Schindler.

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