Bernried:Liebesgeschichten und Heldensagen

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Das Buchheim Museum zeigt alte japanische Holzschnitte aus dem 18. und 19. Jahrhundert - ursprünglich Illustrationen für Bücher und Zeitungen.

Gerhard Fischer

Bernried-Was für eine schöne Geschichte: Der Magier Kume ist unsterblich und kann fliegen. Als er eines Tages so dahinschwebt, kommt er zu einem Fluss, in dem eine junge Frau ihre Wäsche wäscht. Kume sieht ihre Brust und ihre weißen Beine, und er ist so begeistert, dass er nicht mehr ans Fliegen und an die Macht des Magiers denkt und nach unten stürzt - vor die weißen Beine der schönen Dame. Er macht ihr einen Heiratsantrag, hängt den Magier-Job an den Nagel und arbeitet als Pferdehändler. Nur für sie.

Man kann Kuniyoshis Bild, das den Sturz des Magiers zeigt, im Buchheim-Museum anschauen. An diesem Samstag beginnt dort die Ausstellung "Farbholzschnitte Ukiyo-e der Sammlung Buchheim". Es ist eine schöne Schau, und das gilt nicht bloß für die Geschichten, die dort erzählt werden, sondern auch für die Bilder.

Die Museums-Kuratorin Clelia Segieth sagte, Lothar-Günther Buchheim habe in den 1970er Jahren angefangen, in Japan Farbholzschnitte zu erwerben - Bilder, die "irgendwie zu ihm passten": sehr farbig, mit expressiver Ausdruckskraft und erzählfreudig.

Was noch auffällt: Die Holzschnitte sind sehr fein und detailliert, die Szenen sind manchmal bloß angeschnitten, und mit einer schwarzen Linie werden die Konturen sehr deutlich gemacht. Bei manchen Bildern meint man, und das ist keineswegs despektierlich gemeint, eine Verwandtschaft zum Comic zu erkennen. Hergé hat Tim und Struppi ähnlich gezeichnet wie Hiroshige die "36 Ansichten des Berges Fuji".

Die Ausstellung ist sehr vielfältig, sie zeigt Bilder der Künstler Hiroshige, Kuniyoshi, Kunisada oder Utamaro, und sie zeigt Motive von Geishas, Bürgerfrauen, Landschaften oder kräftigen Männern. Die Werke stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, doch die Künstler nannte man damals nicht Künstler, sie waren Handwerker. Sie zeichneten Skizzen für die Verleger, die Illustrationen für ihre Zeitungen und Bücher brauchten, und diese Vorarbeiten wurden dann von Holzdruckmeistern vollendet.

Diese Kunst war damals nicht so angesehen, manchmal wurden die Farbdrucke als Einwickelpapier genommen oder als Plakat aufgehängt und später wieder weggeworfen. Mitte des 19. Jahrhunderts gerieten die Werke sogar in Vergessenheit, erst als die Europäer die Holzschnitte 50 Jahre später entdeckten, wurden sie gewürdigt - auch von den Einheimischen. Und der japanische Farbholzschnitt beeinflusste die europäische Moderne, man muss nur die Plakate von Toulouse-Lautrec angucken.

Kunisada und Kuniyoshi zeigen Stationen der Tokaido-Straße und des Kisokaido-Weges, die von Edo, dem heutigen Tokio, nach Kyoto führten. Utagawa Kuniyoshi bildete Heldensagen ab, vermittelte aber auch einen lebendigen Eindruck vom damaligen Leben, es geht um Künstler, Straßenhändler und Mönche. Er hat nicht nur die Liebesgeschichte des Magiers aufgezeichnet, sondern auch die Liebesgeschichte eines Mönchs. Diese endet tragisch. Wer eine Happy-End haben möchte, sollte hier aufhören zu lesen. Für die anderen: Ein Mönch verliebt sich in ein Mädchen, wirft alles hin, verliert sie aus den Augen, treibt sich rum, trifft sie zufällig wieder, rennt mit ausgebreiteten Armen auf sie zu - und wird vom Leibwächter des Mädchen getötet.

Die Vernissage zur Ausstellung "Wilde Kämpfer, Dämonen & Geishas in japanischen Landschaften. Farbholzschnitte Ukiyo-e der Sammlung Buchheim" findet an diesem Samstag, 20. Oktober, zum 17 Uhr statt. Die Schau dauert bis 7. April 2013. - Die Ausstellung "Meera Mukherjee: Eine Welt in Bronze. Indien im BuchheimMuseum" endet am Sonntag, 21. Oktober. Um 11.30 Uhr führt Georg Lechner vom Indien-Institut München durch die Ausstellung, danach wird ein Film zu Leben und Werk der Künstlerin Meera Mukherjee gezeigt.

© SZ vom 20.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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