Kunst:Verhalten bis düster

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Der Kunsthistoriker Erich Schneider war eigentlich schon in Pension. Nun ist er Interimsdirektor des Buchheim-Museums. (Foto: Arlet Ulfers)

Bei seiner ersten Ausstellung als Interimsdirektor präsentiert Erich Schneider im Buchheim-Museum Werke eines Chiemgauer Landschaftsmalers aus der verschollenen Generation.

Von Katja Sebald, Bernried

Die Bilder hängen an der Wand, ordentlich in Reih und Glied vor neutralem Hintergrund. Erich Schneider, seit gut einem halben Jahr Interimsdirektor im Buchheim-Museum, eröffnet mit "Franz S. Gebhardt-Westerbuchberg - Porträt eines Malerlebens" die erste Ausstellung, die er für Bernried konzipiert hat. Er will sie als Antwort auf die Präsentation von Leo von König im Nachbarsaal verstanden wissen, die noch weitgehend von seinem Vorgänger Daniel J. Schreiber geplant wurde.

Stolz über das Ergebnis zeigte sich beim Presserundgang im Vorfeld zur Ausstellungseröffnung aber auch Stifter Joseph Hierling. Es ist bereits die vierte Ausstellung aus seiner Sammlung im Buchheim-Museum, "aber die erste monografische", wie er betont. Diesmal geht es also nur um Franz S. Gebhardt-Westerbuchberg, einen Künstler aus dem 20. Jahrhundert.

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Etwa ein Drittel habe er auf dem Kunstmarkt gekauft, sagt Hierling, den Rest aus dem Nachlass erworben und zuletzt habe er von einem der Söhne eine großzügige Schenkung erhalten. Bekannt sei der Künstler vor allem für sein druckgrafisches Werk gewesen, erläuterte Hierling, darunter eine Vielzahl von farbigen Monotypien, für die er eine spezielle Technik entwickelt habe.

Die jetzt präsentierte Bilderschau beschränkt sich jedoch auf die Malerei und ist auf recht konservative Weise in verschiedene Schaffensphasen gegliedert. Das Frühwerk ist auf der Galerie zu sehen und damit aus der eigentlichen Ausstellung ausgegliedert. Diese beginnt mit Gebhardt-Westerbuchbergs Zeit als "Maler/Bauer". Der 1895 als Franz Gebhardt geborene Künstler lernte während des Ersten Weltkriegs in einem britischen Internierungslager zeichnen.

Von 1920 an studierte er an der Kunstgewerbeschule und anschließend an der Kunstakademie in München. 1934 kaufte er einen Bauernhof auf dem Westerbuchberg am Chiemsee. Den neuen Wohnort fügte er seinem Nachnamen hinzu. Im Zweiten Weltkrieg war er als Kriegsberichterstatter eingesetzt, danach lebte er bis zu seinem Tod im Jahr 1969 bei Übersee, ab 1952 ausschließlich als Maler.

"Kopfweiden am Fluss" heißt das Landschaftsporträt aus dem Jahr 1934. (Foto: Arlet Ulfers)
Martialisch mutet Gebhardt-Westerbuchbergs Szene aus einem Schlachthaus an. (Foto: Arlet Ulfers)
1967 malte er ein "Selbstbildnis nach langer Krankheit". (Foto: Arlet Ulfers)

In der Nachkriegszeit habe mit dem "Tyll-Zyklus" eine neue Stilphase begonnen, schreibt die Kunsthistorikerin Ingrid van Dollen im Ausstellungskatalog. 36 kleinformatige Ölgemälde sind thematisch an den Freiheitsroman "Ulenspiegel" des belgischen Schriftstellers Charles de Coster gebunden. Es bleibt jedoch bei einer meist dunkeltonigen, verhaltenen und zuweilen auch bräsigen Malerei.

In den Schaffensperioden "Reife Jahre" und "Spätwerk" finden sich weiterhin Landschaftsdarstellungen, außerdem eine Reihe von Bildern mit religiöser Thematik. So entstand etwa 1963 ein düsteres Triptychon, auf dessen Mitteltafel eine Kreuzigungsszene dargestellt ist, während die Seitentafel, entgegen den Bildkonventionen, die Verkündigung an die Hirten und die Anbetung der Heiligen Drei Könige zeigen.

Mal steht er eitel vor der Staffelei, mal keck mit Hut oder Zigarre

Den Fokus der Ausstellung hat Schneider jedoch auf die zahlreichen Selbstporträts im Werk von Gebhardt-Westerbuchberg gelegt. Das ist insofern kein Wunder, als bis auf zwei Gemälde alle bekannten Selbstbildnisse in der Sammlung Hierling vereint sind. Aus allen Schaffensperioden sind Bilder erhalten, in denen der Maler sich mal eitel vor der Staffelei, mal keck mit Hut oder Zigarette und schließlich von Krankheit und Alter gezeichnet darstellt.

Das interessanteste Exponat der Ausstellung aber ist eine Leihgabe der Museen der Stadt Regensburg: In seinem "Großen Selbstbildnis zum 70. Geburtstag" zitiert der Gebhardt-Westerbuchberg mit dem Bild im Bild, das sich im geöffneten Atelierfenster ergibt, das berühmte "Selbstbildnis mit Skelett" von Lovis Corinth. Eine spannende Gegenüberstellung hätte sich wohl auch zwischen seinem Bild "Im Schlachthaus (Rembrandt-Zitat)" und Corinths "Fleischerladen" aus der Sammlung Buchheim ergeben.

Freilich würden solche Querverweise noch deutlicher vor Augen führen, dass die meisten der bis jetzt gezeigten Gemälde aus der Sammlung Hierling bei Weitem nicht die malerische Qualität der Bilder heranreichen, die der Museumsgründer Lothar-Günther Buchheim gesammelt hat.

Die Ausstellung "Franz S. Gebhardt-Westerbuchberg - Porträt eines Malerlebens" ist bis zum 9. Juni 2024 im Buchheim-Museum in Bernried zu sehen.

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