Berg:Willkommen in den 90er Jahren

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Rupert Monn ist einer der ältesten Bürgermeister im Landkreis Starnberg. Sein Amtszimmer im viel zu kleinen Berger Rathaus ist ein funktional eingerichteter Raum mit Blick ins Grüne

Von Peter Haacke, Berg

"Welcome to the jungle" lautet der Titel eines Actionfilms über einen Kopfgeldjäger, der eigentlich aussteigen will, zuvor aber noch einen brandgefährlichen Job im brasilianischen Dschungel erledigen muss. "Welcome to the jungle" heißt ein Song der Rockgruppe Guns 'N' Roses aus dem Jahr 1987. "Willkommen im Dschungel" fühlt sich der Besucher möglicherweise auch bei der Visite von Bürgermeister Rupert Monn in Berg. Zwar rockt hier wahrlich nichts und man muss auch nicht um sein Leben bangen, aber immerhin: Sechs Pflanzen - darunter zwei Bäumchen und zwei Orchideen - wohnen ebenfalls im knapp 30 Quadratmeter großen Dienstzimmer im Berger Rathaus. Der erste Eindruck: Freundlich, gewiss mal teurer, aber auch ein bisschen langweilig. Rehbraunes Holz, Schreib- und Konferenztisch, schwarze Stühle, Beleuchtung wie im Raumschiff, rostbrauner Teppichbelag. "Das Modernste, was man damals haben konnte", sagt Monn. 90er Jahre-Stil.

Er hat die damals quasi neuwertige Ausstattung im Jahr 2000 komplett übernommen von Vorgänger Augustin Ullmann und seither nichts geändert. Einzig den Chefsessel hat er austauschen lassen: Der war mit Leder bezogen und Monn rutschte immer wieder auf der glatten Oberfläche nach vorn. Ansonsten aber fühlt sich Monn "einfach sauwohl" in seinem Büro im ersten Stock - auch wenn er es "etwas rustikaler eingerichtet hätte". Das Rathaus selbst ist schon lange viel zu klein für die vielen Mitarbeiter - eigentlich ein Wohngebäude aus den 1960er Jahren. Anfangs residierte die Verwaltung nur im Erdgeschoss, dann aber übernahm man auch die darüberliegenden Wohnungen. Sogar Container wurden schon aufgestellt, doch es blieb eng. Vielleicht - und da hoffen viele der gut zwei Dutzend Angestellten im Rathaus drauf - beschließt der Gemeinderat einen Neubau. Im Herbst geht es in Klausur, noch ist man sich nicht wirklich einig. Doch im Frühjahr 2017 könnte man umziehen. Frühestens. Vielleicht. Das alte Haus ist "energetisch gesehen eine Katastrophe", weiß der Hausherr. Kurios: Es gibt sogar eine innenliegende beheizbare Dachrinne, die aber undicht ist, wenn es regnet.

Ein bisschen mehr Stauraum oder Ablageflächen wären schön, sagt Monn, "die Schränke quellen mittlerweile über". Kein Wunder: Der dienstälteste Bürgermeister im Landkreis ist auch Sprecher seiner Zunft und zudem Chef des Abwasserverbands. Allerdings birgt der Schrank eine Überraschung: Eine Waschgelegenheit mit Spiegel wurde hier verbaut. Und ausgerechnet hier lagert Monn - aber das soll auch weiterhin sein Geheimnis bleiben.

Die Größe seines Büros ist für Monn okay. Selbst bei einem Rathaus-Neubau würde er bestenfalls fünf Quadratmeter mehr Raum für sich beanspruchen. An den Wänden eine Luftaufnahme vom Berger Schloss, eine Kapelle und ein großformatiges Gemälde mit Ansicht auf Aufkirchen, das beschädigt auf dem Speicher des Rathauses lag und seit der Restaurierung als Blickfang im Rücken des Bürgermeisters hängt. Dazu das Werk "Licht und Schatten" anlässlich seiner ersten Wahl zum Bürgermeister sowie ein Kruzifix - kunstvoll erschaffen aus Hufnägeln. "Im Jahr 2000 gab es im ganzen Haus kein einziges Kruzifix", berichtet Monn. Gläubiger Katholik ist er schon - auch wenn er nicht alles glaubt, was die Kirche vorbetet. Nur ein Farbtupfen sticht heraus aus der schwarz-braun-Orgie: Eine bunte Klappbox. Darin nimmt der Bürgermeister Unterlagen zur weiteren Bearbeitung mit nach Hause.

Es ist seine letzte Amtsperiode, 2020 ist Schluss. Und dennoch wird Monn einmal etwas nervös: Die Fotografin will ihn am Schreibtisch fotografieren - mit Aktenordnern, Mappen und Schriftstücken. "Das geht nicht", sagt Monn, "ich wollte noch aufräumen." Beim Blick aus dem Fenster - man ahnt es schon - sieht er Bäume, Grün, eines der letzten unbebauten Areale im Ortskern. Quasi der Dschungel von Berg. Im Herbst und Winter, wenn das Laub abgefallen ist, erblickt Monn die Kirche von Aufkirchen. Ob er von hier aus auch die geplanten vier Windräder in den Wadlhauser Gräben sehen könnte? "Das überlege ich auch noch", sagt Monn.

© SZ vom 12.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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