Amtsgericht Starnberg:"Bonnie und Clyde" steigen in acht Bäckerei-Filialen ein

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Das Pärchen macht Hunderte Euro Beute. Der 20-Jährige fährt Auto ohne Führerschein und S-Bahn ohne Ticket. Die 22-Jährige bittet im Prozess um eine zweite Chance.

Von Christian Deussing, Starnberg

Sie waren pleite und sie liebten sich - und sie hatten eine Idee, wie sie ihre Brötchen verdienen können, allerdings keine legale. Das Pärchen hatte sich in einer Starnberger Bäckerei-Kette kennengelernt und nutzte bald sein Insiderwissen, um nachts in den Filialen Schlüsseltresore aufzubrechen. Mit einem Code öffneten und plünderten sie die Kassen.

Die jungen Starnberger stahlen meist 150 Euro und kauften davon Lebensmittel, Getränke und Zigaretten. Im Starnberger Hauptgeschäft entwendeten sie eine gesicherte Geldtasche mit 562 Euro und richteten einen Sachschaden von 500 Euro an. Als sie es am selben Ort erneut versuchten und eine elektrische Schiebetür öffnen wollten, erwischte sie der Bäckerei-Chef. Doch das Einbrecher-Paar konnte gerade noch flüchten. Allerdings war es so vor gut einem Jahr mit der Diebesserie vorbei, bei der der damals 19-Jährige mit seiner Freundin stets ohne Führerschein zu den Geschäften vorgefahren war.

Das Paar musste sich jetzt vor dem Jugendgericht in Starnberg verantworten und gestand die Taten. Sie fühlten sich offenbar ein bisschen wie Bonnie und Clyde - als es achtmal innerhalb kürzester Zeit in die Bäckerei-Filialen eindrang und sich bediente. In Starnberg schlug es mehrfach zu, ansonsten in Gauting, Pullach, München und in Pöcking. Dort mietete das Pärchen später ein Hotelzimmer, blieb zehn Tage und zahlte keinen Cent. Die Rechnung von 1100 Euro wurde bis heute nicht beglichen.

Der angeklagte Bursche zahlte auch im Juli vorigen Jahres seine Benzinrechnung von 30 Euro an einer Tutzinger Tankstelle nicht, weil wieder nichts auf dem Konto war. Den eingeräumten Schuldschein hat der junge Mann ebenfalls nicht bezahlt. Ohnehin hielt er sich nicht an das Gesetz, fuhr ständig in der S-Bahn schwarz und war laut Gericht 23 Mal ohne Fahrerlaubnis mit dem Auto unterwegs gewesen. Zudem beging er eine Unfallflucht und saß auch noch alkoholisiert am Steuer.

"Ihre kriminelle Energie quer durch das Strafgesetzbuch raubt einem den Atem", erklärte Jugendrichter Ralf Jehle und verurteilte den heute 20-Jährigen wegen der langen Liste der Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung - inklusive zwei Wochen Dauerarrest sowie 120 Sozialstunden. Seine 22-jährige Freundin - beziehungsweise Komplizin - erhielt eine einjährige Bewährungsstrafe.

Das Pärchen entschuldigte sich im Prozess für seine Taten, wobei die junge Frau weinend das Gericht darum bat, "eine zweite Chance zu bekommen". Die gewährte Richter Jehle den jungen Straftätern, warnte sie aber davor, "auf Tauchstation zu gehen" und nicht mit dem Bewährungshelfer sowie der Schuldnerberatung zusammenzuarbeiten.

Der frühere Bäckerei-Mitarbeiter hatte in der Verhandlung betont, in welcher "verzweifelten Notlage" er sich auch wegen der familiären Situation seiner Freundin damals befunden habe. "Das hätte man aber völlig anders lösen können, statt in Bonnie-und-Clyde-Qualität quer herumzufahren", stellte der Richter klar.

Dass überdies noch die Mutter des 20-Jährigen mit auf der Anklagebank saß, war in diesem Fall schon fast nebensächlich. Sie war jedoch die Halterin des Autos, mit dem das Diebespärchen auf Tour gewesen ist. Der Wagen war seit dem Frühjahr vorigen Jahres nicht mehr versichert, auch die Kfz-Steuer wurde nicht beglichen. Die Hausfrau muss als Strafe für diese Verstöße insgesamt 3200 Euro zahlen. Zudem werden ihr Auto und der Pkw-Schlüssel beschlagnahmt.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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