Segelsport:Mastbruch bei der "Albatros"

Lesezeit: 3 min

Stefan Marx versucht, die "Albatros", das Flaggschiff der Ammersee Segelschule, nach ihrem Mastbruch im Uttinger Winterlager zu reparieren. (Foto: Arlet Ulfers)

Ohne Vorankündigung sind tragende Teile der historischen Segelyacht geborsten. Um das Flaggschiff der Ammersee-Segelschule in Dießen wieder flott zu kriegen, sind aufwendige Reparaturen erforderlich.

Von Renate Greil, Utting

Traurig zeigt Stefan Marx bei einem Ortsbesuch im Uttinger Winterlager Bruchstücke des Mastes: das untere kürzere Stück abgesplittert, das Längere angebrochen, noch mit allen Beschlägen und Seilen versehen, alles auf einem Anhänger gebettet. Ende Juli waren bei einem Segelausflug mit sieben Gästen plötzlich und ohne Vorankündigung tragende Teile des Flaggschiffes der Ammersee-Segelschule in Dießen, der historischen Segelyacht Albatros, entzweigebrochen. Der Schock über das Unglück ist Marx noch anzumerken. Noch hat er keine Lösung, wie es nun mit dem stattlichen Segelschiff, Baujahr 1905, weitergehen soll.

Der Mast ist gesplittert und wird derzeit vorsichtig gelagert. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Albatros gehört zur Flotte der Ammersee-Segelschule in Dießen, die der Uttinger Fischermeister 2001 von Heide Tücking-Seidl übernahm. Ihr Vater Ernst Seidl, der 1928 in Dießen die erste Binnensegelschule Deutschlands gegründet hatte, holte 1936 die Segelyacht vom Bodensee an den Ammersee und nannte sie fortan nach dem Vogel mit großer Spannweite Albatros. Stolze 130 Quadratmeter Segelfläche können, aufgeteilt auf sechs Segel, aufgezogen werden.

Unter vollen Segeln gleitet die "Albatros" über den Ammersee. (Foto: Arlet Ulfers)

Einst hieß die elegante Segelyacht "Skidbladnir" und wurde 1905 in der Werft von Max Oertz in Hamburg gebaut. Bestellt hatte sie der russische Zar Nikolaus II., der dem damaligen Württembergischen König Wilhelm II. ein kostbares Geschenk machte. 10 000 Goldmark kostete damals das Schiff. Bevor es den weiten Weg an den Bodensee antrat, wurde von Hamburg an die Ostsee zur Probe gesegelt.

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Und diese Eindrücke wurden in einer Fortsetzungsgeschichte von Kapitänleutnant Bethge in der renommierten Segelzeitschrift "Die Yacht" festgehalten. Auf den ersten Blick beschrieb Bethge das Boot als "zierlich und schmuck", zur ersten Ausfahrt schrieb er "beim Wenden schoss sie wie ein Pfeil; man merkte sehr bald, dass man ein sehr gutes Boot unter sich hatte". Im Laufe der Fahrt stellte er fest: "Das Schiffchen, das uns trug, bewährte sich als eminenter Flautenläufer!"

Vom Einmast-Gaffelkutter zur Zweimast-Yawl

Ende Juni 1905 segelte die Skidbladnir unter königlicher Flagge dann schon auf dem Bodensee. "In der Hauptsache für Regatten", seien damals die Schiffe konstruiert worden, erläutert Niki Marx, Juniorchef der Segelschule am Ammersee. Es gab nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende der Monarchie mehrere Besitzerwechsel und Umbenennungen und in dieser Zeit wurde der Einmast-Gaffelkutter zur Zweimast-Yawl umgebaut. Seidl verwandelte seinerzeit für die Verwendung als Schulschiff den Kielschwerter in einen Festkieler.

Niki Marx, der Juniorchef der Segelschule Ammersee, mit einem neuem Bugbeschlag an Bord. (Foto: Arlet Ulfers)

Zum 100. Geburtstag der Albatros steckte Stefan Marx viel Arbeit und Geld in die Renovierung des Oldtimers und ließ es in einer spezialisierten Bootswerft restaurieren. 16 Meter ist das Schiff lang, 15 Personen plus Skipper können sich darauf aufhalten und wieder mit königlichem Charme auf dem Ammersee segeln. Gebucht wird die Segelyacht als Tagescharter gerne von Firmen für Teamevents oder zu besonderen privaten Anlässen, erläutert der Junior.

Der Mastbruch ereignete sich bei einer Ausfahrt anlässlich einer gebuchten Geburtstagsfeier bei drei bis vier Windstärken. Das Großsegel war bereits zweimal gerefft, gesetzt waren vier der sechs Segel, erzählt Niki Marx. Locker könne die Segelyacht so bei sechs bis sieben Windstärken gesegelt werden, sagt er und sein Vater ergänzt, dass wie stets ein erfahrener Skipper an Bord war. Fast 14 Meter hoch ist der Mast, der innen hohl ist und etwa 400 Kilo wiegt, und aus einem besonderen Nadelholz gefertigt wurde. In Holland könnte man noch Ersatz finden, meint Stefan Marx.

Die "Albatros" nach dem Mastbruch. (Foto: Arlet Ulfers)
Stefan Marx zeigt den Originalsteven. (Foto: Arlet Ulfers)
Allein das Deck des königlichen Zweimasters ist sehenswert. (Foto: Arlet Ulfers)

Bei der Ursachenforschung für das Unglück, bei dem niemand verletzt wurde, half nun ein Gutachter weiter. Stefan Marx vermutet, dass der Steven abbrach und dies eine Kettenreaktion auslöste. In Sekundenschnelle kam es zum Bruch mehrerer tragender Teile und endete schließlich in einem zweimaligen Mastbruch. Dieser sei nach hinten weg auf der Leeseite ins Wasser weggeflogen. Dem zweiten hinteren Mast, dem Besanmast, ist nichts passiert, insgesamt habe man noch Glück im Unglück gehabt, auch was Schäden an Deck angehe. Stefan Marx hat noch den Steven aufbewahrt, der bei der Generalsanierung ausgetauscht wurde und zeigt, dass dieser eine Aussparung für eine Verschraubung aufweist. Eine zusätzliche Befestigung, die bei dem neu eingebauten Steven fehlte, sagte Marx. "Eine schwierige Situation", stellte er fest und hofft auf ein entgegenkommendes Angebot. Mit Kosten zwischen 35 000 und 45 000 Euro müsse er rechnen, berichtet er. Eine Versicherung, die dieses Risiko abdecken würde, habe er nicht.

Eine Spendenaktion ist geplant

Viele schätzen die historische Segelyacht, die zum Ammersee dazugehöre und diesen auch repräsentiere. Einigen möchte zum Erhalt beitragen und hätten ihn diesbezüglich angesprochen, so Marx. Deshalb habe er sich nun entschlossen, eine Spendenaktion zu planen, allerdings müssen noch einige Dinge abgeklärt werden. Details werden auf der Homepage bekanntgegeben. "Unser Ziel und unser Wunsch ist es, dass die Segelyacht zur nächsten Segelsaison wieder einsatzbereit ist", sagt Marx. Es sei aber nicht damit zu rechnen, dass alles originalgetreu ersetzt werden kann.

Den Kunden, die eine Ausfahrt auf der Albatros gebucht hatten, boten sie nun eine Fahrt mit dem Kutter an. Eine Option, die nur wenige annahmen, erzählt Marx. Denn eine Ausfahrt auf dem königlichen Zweimaster bietet eben ein ganz besonderes Erlebnis. Der Erhalt des Oldtimers hat allerdings auch seinen Preis, wie der Eigner erklärt. Jeden Winter investiere er zwischen 5000 und 10 000 Euro an Reparaturen, insgesamt seien es schon an die 170 000 Euro. Aber auch Stefan Marx ist dem Charme der alten Lady erlegen und hofft nun, dass sich alles zum Guten wendet.

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