Ausstellung:Erinnerungen an Zuhause

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Afra Dopfer setzt sich im Museum Starnberger See mit ihrem Heimatort und ihrem Elternhaus auseinander. (Foto: Arlet Ulfers)

Afra Dopfer setzt sich für das Museum Starnberger See mit ihrem Heimatort auseinander. Im "Schaukasten 4" zeigt die Künstlerin eine Retrospektive in kleinen Formaten.

Von Katja Sebald, Starnberg

Vor mehr als 40 Jahren verließ Afra Dopfer den Ort, an dem sie aufgewachsen war, um Künstlerin zu werden. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Holzbildhauerin und zur Theaterplastikerin, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München und ging mit einem Stipendium nach Paris und mit einem weiteren nach New York. Sie belegte Kurse an der Tanzfabrik in Berlin, gründete eine Familie und lebt heute als freischaffende Künstlerin in München. In Starnberg trat sie in all den Jahren nur ein einziges Mal mit ihren Arbeiten in Erscheinung.

Jetzt geht sie im Rahmen des Projekts "Schaukasten 4" im Museum Starnberger See der Frage nach, inwieweit sie von ihrem Heimatort und von ihrem Elternhaus geprägt wurde. Ihre Installation "déjà-vu _ jamais vu" ist eine Retrospektive in kleinen Formaten und zugleich eine liebevolle Erinnerung an die verstorbenen Eltern und deren Haus, das sie ausräumte und schließlich umbaute. Und nicht zuletzt bringt sie ihr eigenes Erstaunen darüber zum Ausdruck, wie viel Starnberg in ihrer künstlerischen Arbeit steckt.

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2007 nahm Afra Dopfer an dem längst legendären Ausstellungsprojekt "Hotel Daheim" teil, das der Künstler Stefan Moritz Becker initiierte. Auch damals setzten sich Künstler, die in Starnberg aufgewachsen waren, mit ihrem Heimatort auseinander. Die aktuelle Ausstellung nahm Dopfer, Jahrgang 1962, jetzt noch einmal zum Anlass, über ihr Aufwachsen in Starnberg und ihre Kindheitserinnerungen nachzudenken.

Den Auftakt für ihre Installation bildet deshalb eine Fotografie, für die sie vor Jahren das Speisezimmer im Haus ihrer Eltern an der Wilhelmshöhenstraße verfremdete, indem sie alle Bilder, die Möbel und den Teppich mit einer Vielzahl von weißen Blättern im Format DIN A 4 abdeckte und so den ganzen Raum mit einem Raster überzog. Fast könnte man meinen, der Schaukasten selbst stamme aus diesem mit gediegenen Stilmöbeln eingerichteten Speisezimmer, wo man einen nahezu baugleichen Schrank sieht. Tatsächlich aber ist der "Schaukasten 4" das älteste Möbelstück des Museums: Die Vitrine wurde zur Eröffnung im Jahr 1913 angefertigt und ist mit ihrer originalen Beschriftung erhalten.

Der "Schaukasten 4" ist das älteste Möbelstück des Museums Starnberger See. (Foto: Arlet Ulfers)

Afra Dopfer bezieht sich in ihrer Arbeit oft auf Architektur. Sie begreift deshalb auch diesen Schrank als Raum, den sie mit ihren Skulpturen, Objekten und Zeichnungen ordnet. Mit Arbeiten aus den zurückliegenden Jahren erzählt sie zugleich die Geschichte ihres künstlerischen Schaffens. Es sind oftmals minimale Eingriffe in Alltagsgegenstände, mit denen sie schlüssige Aussagen zu treffen weiß: So gießt sie etwa elegant geformte Kristallgläser mit Gips aus und erhält so kleine kegelförmige Skulpturen.

Oder sie bemalt eine ganze Rolle weißes Takelgarn in regelmäßigen Abständen von jeweils zehn Zentimetern mit schwarzer Farbe und bildet anschließend daraus feinsinnige dreidimensionale Zeichnungen. Auch mit Stecknadeln, die sie in ein schwarzes Samtkissen steckt, oder mit kreisrunden Filzgleitern, die sie auf einen Flusskiesel klebt, entstehen unprätentiöse und zugleich irritierend schöne Objekte. Wenige Punkte und Linien fügen sich zu zurückhaltenden Zeichnungen, gefaltete Papiere werden zu gleichsam ephemeren Skulpturen.

Ergänzt wird die sorgfältige Anordnung von ebenso leisen wie poetischen Kunstwerken durch einige wenige Dinge aus dem Haus der Eltern, die für Afra Dopfer mit besonderen Erinnerungen verbunden sind: Eine Postkarte aus den Bergen, die der Vater einst der Mutter schickte, ein winziges Spanholz-Tannenbäumchen aus dem Erzgebirge, ein schönes Kristallglas aus der Vitrine im Esszimmer. Oder das kleine Sofa in verblichenem Blau, das in ihrem Puppenhaus stand.

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