Advent:Wie sich der Nikolaus auf seinen stressigen Tag vorbereitet

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So schaut es aus, wenn der Nikolaus seine Klamotten holt: Hinter dem unscheinbaren Türchen im Starnberger Pfarrzentrum St. Maria hat Andreas Weger seine Mitra und sein Bischofsgewand verstaut. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Eltern schicken Tadel per E-Mail, Geschenke werden vorab versteckt - nur mit guter Planung können Andreas Weger und seine Kollegen von der Kolpingsfamilie alle Kinder besuchen.

Von Carina Seeburg, Starnberg

Wie sieht es denn aus, das Haus vom Nikolaus? Gibt es da eine Tür, hinter der sich ein geheimer Raum verbirgt? An dessen Wand ein Bischofsstab lehnt und in dem Gewand, Mitra und das dicke goldene Buch auf ihren Einsatz warten? Die pragmatische Antwort, die der Nikolaus auf diese Frage gibt, lässt Kinderträume schnell platzen. "Alle Utensilien der heiligen Nikoläuse von der Kolpingsfamilie Starnberg lagern bei mir im Keller, gestapelt in großen Umzugskartons", sagt Andreas Weger. Doch um den Zauber für die Kinder im Landkreis aufrecht zu halten, scheut er keine Mühe.

Erst klingelt ein Glöckchen vor dem Fenster, dann klopft es - und plötzlich steht er da, der Nikolaus. Strahlende Kinderaugen, aber auch besorgte Mienen begegnen seinem Blick. "Wart ihr denn alle brav?", fragt der alte Mann in die Runde. Die Kinder können beruhigt sein. Kein Krampus lauert mit Rute in der Ecke. "Wir wollen, dass der gute Nikolo kommt, der Bischof von Myra, der als gütiger Mensch überliefert ist. Diesen Mann wollen wir verkörpern", sagt Weger.

Seit sechs Jahren besucht Weger jedes Jahr zwischen dem dritten und dem sechsten Dezember Familien. Den Hirtenstab hat er von seiner Vorgängerin übernommen, die ihn als Kind einst selbst als Nikolaus zu Hause besuchte und dabei einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. "Das Ideal, das ich selbst vermittelt bekommen habe, ist das eines gutmütigen Mannes, der auch tadelt, hauptsächlich aber Freude bringt - und außerdem das eines Nikolaus ohne Kitsch". Um diesem Ideal gerecht zu werden, schlüpfen die drei Nikoläuse der Kolpingsfamilie - Andreas Weger, Martin Eickelschulte und Andreas Schubert - alljährlich in authentische Bischofsgewänder und setzen statt der roten Bommelmütze eine traditionelle Mitra auf.

Damit allein ist es jedoch noch nicht getan. Weger ist 41 Jahre jung und kann weder mit einem weißen Rauschebart noch mit einem ausufernden Bauch aufwarten. Die Lösung des Problems treibt dem Nikolaus in wohlig warmen Wohnzimmern regelmäßig Schweißtropfen auf die von Kunsthaar und Mitra umrahmte Stirn: Unter seinem Gewand trägt er ein dickes Kissen. Weitere Schichten wie ein Rollkragenpullover und eine dicke Daunenjacke sorgen für zusätzliches Volumen unter dem Gewand. Komplettiert wird die Erscheinung des heiligen Nikolaus durch einem goldenen Gürtel, an dem ein kleines Glöckchen befestigt ist, das jeden Nikolausbesuch mit leisem Läuten begleitet.

Ums Tadeln kommen die Kleinen aber nicht herum. "Die Lob- und Tadellisten kommen per Mail. Für jedes Kind schicken uns die Eltern einige positive und negative Punkte, aus denen wir dann einen Text für das goldene Buch erstellen, das als Utensil natürlich nie fehlen darf", erklärt Weger. Damit man die Kinder direkt ansprechen könne, benötige man außerdem Informationen zu Erkennungsmerkmalen wie "der blonde Junge mit der roten Brille".

Die Top Drei der Tadel seien nachlässiges Zähneputzen, unaufgeräumte Kinderzimmer und wenn die Kleinen nicht auf ihre Eltern hören, sagt Weger und schmunzelt. Tatsächlich würde das Lob aber stets überwiegen und natürlich gäbe es bei jedem Besuch auch kleine Geschenke. Diese verstecken die Eltern vor dem Besuch draußen, damit Weger sie in seinem Sack verstauen und den Kindern anschließend überreichen könne. Man bekomme als Nikolaus auch viel zurück. Fröhliches Lachen, manchmal selbst gemalte Bilder oder ein vorgetragenes Gedicht. "Jede Familie und jeder Besuch als Nikolaus ist anders, aber schön ist es immer", resümiert Weger seine Erlebnisse.

Der Aufwand ist allerdings nicht unerheblich. Sein Terminkalender sei in diesen Tagen eng getaktet. "Rational ist das ein Irrsinn", sagt Weger, der eigentlich Ingenieur für Versorgungstechnik ist, und sich für sein Ehrenamt als Nikolaus der Kolpingsfamilie von der Arbeit frei nehmen muss. Doch sobald er bei der ersten Familie anklopfe und die Eltern "Oho, der Nikolaus ist da!" rufen, falle alle Last ab. "Wenn ich das Funkeln in den Augen der Kinder sehe, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe."

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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