Stadtrat:Manuel Pretzl zum Zweiten Münchner Bürgermeister gewählt

Lesezeit: 3 min

Dass Pretzl im Stadtrat zugleich Fraktionschef der CSU bleibt, kritisieren FDP und Grüne heftig. Dies sei miteinander unvereinbar. (Foto: Florian Peljak)
  • Der Stadtrat hat CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl zum Zweiten Bürgermeister gewählt.
  • Weil er nun beide Ämter inne hat, gab es Kritik von FPD und Grünen.
  • Außerdem wurde Stadtbaurätin Elisabeth Merck im Amt bestätigt, Anton Biebl ist neuer Kulturreferent.

Von Heiner Effern, München

Der neue zweite Mann der Stadt ließ sich von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die goldene Amtskette umlegen, bevor er großes Stühlerücken auslöste. Manuel Pretzl (CSU) ging als gerade gewählter Bürgermeister um den langen Tisch der Stadtregierung herum und ließ sich neben dem OB nieder. Dem folgte in seiner Fraktion ein schnelles Nachrutschen, denn damit wurde der Stuhl des CSU-Fraktionsvorsitzenden frei. Allerdings gilt das lediglich für den Sitzplatz, denn Bürgermeister Pretzl wird wie angekündigt in Personalunion auch CSU-Fraktionschef bleiben.

Mit Spannung war erwartet worden, ob diese ungewöhnliche Doppelfunktion sich schädlich auf das Wahlergebnis auswirken würde. Doch eine solche Reaktion blieb aus. Pretzl erhielt 54 von 80 Stimmen, das sind sogar fünf mehr, als das Regierungsbündnis von CSU und SPD im Bestfall aufbieten kann. Sein neuer Platz biete ihm "einen neuen Blickwinkel auf den Stadtrat", sagte der 43-Jährige. Er freue sich sehr, "dass ich Bürgermeister meiner Heimatstadt sein darf". Pretzl folgt seinem Parteikollegen Josef Schmid nach, der am 14. Oktober in den Landtag gewählt worden war und deshalb sein hauptberufliches Amt in der Stadt aufgeben musste. Diese Doppelfunktion verbietet das Gesetz.

Parteitag der Münchner SPD
:Dieter Reiter will ein neues Team für die Stadtratsliste

Um die Grünen zu bekämpfen, setzt der Oberbürgermeister auf die Verkehrspolitik - er möchte die Innenstadt autofrei machen.

Von Dominik Hutter

Die Vollversammlung des Stadtrats am Dienstag brachte mit sich, dass noch weitere Stühle am Regierungstisch neu besetzt beziehungsweise für sechs weitere Jahre vergeben wurden. Mit einer deutlichen Mehrheit von 56 Stimmen wählten die Stadträte Anton Biebl zum neuen Kulturreferenten. Der bisherige Stellvertreter von Georg Küppers wird dessen Platz am 1. Juli 2019 übernehmen, wenn sein jetziger Chef in den Ruhestand wechselt. Biebl dankte dem Stadtrat für dessen "Mut zum Experiment", schließlich sei er der erste Jurist, dem dieses Amt anvertraut werde.

Deutlich routinierter, aber doch sichtlich mit Freude nahm Stadtbaurätin Elisabeth Merk ihre zweite Wiederwahl an. Ihr sprach der Stadtrat einen außergewöhnlichen und deutlich überparteilichen Vertrauensbeweis aus: Alle 65 gültigen von 79 abgegebenen Stimmen entfielen auf Merk, die seit knapp zwölf Jahren als Chefin des Planungsreferats amtiert. Trotz des immensen Wandlungsdrucks durch den starken Zuzug sei ihr Job "eine sehr schöne Aufgabe in der schönsten Stadt, in der man als Stadtbaurätin arbeiten kann". Sie werde in ihrer dritten Amtszeit ein weiteres Wohnbauprogramm auflegen und "an den "richtigen Stellen die bürokratischen Verfahren eindampfen", kündigte Merk an.

Die Wahl von Pretzl und Biebl war zuvor nicht ganz so einmütig abgelaufen. Grüne und FDP hatten beide Personalentscheidungen des schwarz-roten Regierungsbündnisses mit deutlichen Worten kritisiert. Das Amt des überparteilichen Bürgermeisters und das des CSU-Fraktionschefs halte er für "rechtlich und politisch unvereinbar", sagte etwa FDP-Fraktionschef Michael Mattar.

Die Grünen stellten mit Fraktionschefin Katrin Habenschaden auch deshalb eine eigene Kandidatin vor. Sie bekam 19 Stimmen, fünf mehr, als ihre Fraktion Sitze im Stadtrat hat. Davor hatte sie sich in einer sehr selbstbewussten Ansprache als Bewerberin vorgestellt. "Politischen Sachverstand und allergrößtes Engagement" wolle sie einbringen. Einen Hauptbausatz ihrer Rede, die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, wird sie natürlich recyceln: Sie wird ihn nach diesem Probelauf im Stadtrat im Jahr 2020 als OB-Kandidatin ihrer Partei gebrauchen können, sofern sie sich in der internen Nominierung durchsetzt.

Pretzl konterte die Angriffe, indem er dem Stadtrat versprach, seine beiden Ämter nicht zu vermischen: "Es gibt eine klare Trennlinie. Darauf können Sie sich verlassen." Diese wird rein äußerlich zwischen dem Bürgermeistertisch und dem Mikrofon im Plenum des Stadtrats verlaufen. Wenn er für die CSU-Fraktion als deren Chef auftrete, werde er diese Linie überschreiten und wie bisher am Rednerpult im Saal sprechen, kündigte Pretzl an. Als Bürgermeister werde er das erste Wort seines neuen Berufs in den Vordergrund stellen. "Wir müssen noch stärker als bisher auf die Bürger zugehen, der Stadtgesellschaft zuhören", sagte er. OB Reiter hieß Pretzl als Stellvertreter willkommen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder, der gewählt wird, genauso überparteilich sein wird wie ich", sagte er. Die beiden kennen sich gut und versicherten, vertrauensvoll zusammenarbeiten zu wollen.

Die Grünen schickten danach überraschend auch einen Kandidaten für die Stelle des Kulturreferenten in die Wahl. Fraktionschef Florian Roth bekam allerdings mit 14 nur exakt die Zahl der Stimmen, über die seine Fraktion verfügt. Und mit den Wahlen endete das Stühlerücken nicht: Danach verabschiedeten sich noch drei Stadträte, die wie Schmid in den Landtag eingezogen sind.

© SZ vom 28.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Landtag
:Bürgermeister nimmt Abschied vom Münchner Rathaus

Als OB-Kandidat ist Josef Schmid gescheitert, doch die CSU in München hat er zur modernen Großstadtpartei geformt - nun will er im Landtag Politik machen.

Von Heiner Effern

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: