Sportschießen:Bis zum letzten Ring

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„Die Laune war diesmal gut“: Von den Spannungen zwischen altem und neuem Trainer ist Aleksandar Todorov (von links), Florentin Kunzlmann, Andreas Martin, Olena Kostevych, Michael Heise und Helmut Fischer nichts anzumerken. (Foto: Ergin Varel / oh)

Nach ihrem Trainerwechsel halten die Pistolenschützen der HSG München den Weg in die Finalrunde mit Siegen offen.

Von Julian Ignatowitsch, München

Wieso einfach, wenn es kompliziert geht? Frei nach diesem Motto laufen die Wettkämpfe dieser Saison für die Pistolenschützen der HSG München. Die Ergebnisse sind bislang durchwachsen, mehrmals hatte man Pech und verlor im Stechen. Trotzdem sind die Münchner im Rennen um die Bundesliga-Finalrunde in der Gruppe Süd noch dabei. Nach diesem Wochenende, mit zwei Siegen gegen Ludwigsburg (3:2 Punkte) und Fürth (3:2), umso mehr. "Man sollte uns nicht abschreiben", sagt Schützenmeister Helmut Fischer.

Jetzt habe man also auch endlich mal Glück gehabt. Zwei knappe Erfolge, dazu ein hervorragendes Teamergebnis von insgesamt 1891 Ringen am Samstag. "Die Burschen haben diesmal gezeigt, was sie können", sagte Fischer - und setzte die Betonung bewusst auf "Burschen". Denn die Einzige, die in diesem Jahr konstant ihre Leistung abruft, ist die Spitzenschützin Olena Kostevych. Nach ihrer Babypause hat sie sieben von acht ihrer Duelle gewonnen, auch an diesem Wochenende wieder beide, sie führt mit einem überragenden Durchschnittsergebnis von fast 390 Ringen die Einzel-Schützenwertung an. Fischer spricht deshalb schon davon, "dass wir auf Position eins sowieso immer gewinnen". Das Problem liegt auf den hinteren Positionen vier und fünf. Da in der Bundesliga jeweils fünf Sportler für eine Mannschaft antreten, reicht ein Top-Ergebnis alleine nicht. Auch zwei weitere Schützen müssen punkten, damit das Team gewinnt. Und da fehlte bei der HSG eben allzu oft die Konstanz.

Glück hatten die Münchner dann zum Beispiel, als der Ludwigsburger Rene Pollock (369 Ringe), ehemals HSG-Schütze, am Samstag mit einer 9,9 ausschoss, was zwar näher an zehn Ringen ist, aber nur für neun zählt. Genau dieser eine Ring reichte dem Münchner Florentin Kunzlmann (370) und in der Endabrechnung dann auch der ganzen Mannschaft zum Sieg.

Kunzlmann war zuletzt das Sorgenkind im Kader, erreichte nicht mal die 360-Ringe-Marke, die ein Hobbysportler normalerweise problemlos abliefert. Jetzt hat er also sein bestes Saisonergebnis und den entscheidenden Punkt erschossen. Fischer hofft deshalb, "dass der Knoten jetzt geplatzt ist". Gerade für Bundesliga-Neulinge wie Kunzlmann spielt die Psyche im Schießsport eine große Rolle. "Von der Schießtechnik her hat er eigentlich alles, was man braucht", meint Fischer.

Gebrauchen könnten die Münchner trotzdem noch einen Athleten auf internationalem Topniveau, so wie zum Beispiel den Albaner Arben Kucana, der langjähriges HSG-Mitglied und ehemaliger Olympia-Teilnehmer ist. Allerdings wurde Kucana, der bis vor kurzem noch Trainer der Mannschaft war und jetzt von seinem Vorgänger und Nachfolger Detlef Polter abgelöst wurde, nicht aufgestellt. Das Verhältnis zwischen Kucana und Polter ist schwierig, bei der Mannschaft kam Kucanas Führungsstil nicht gut an, weshalb der alte neue Trainer Polter wieder übernahm - und Kucana vorerst ausbootete. Ob Kucana in dieser Saison noch einmal starten wird, ist sehr zweifelhaft. Seine Fähigkeiten würden dem Team jedenfalls gut zu Gesicht stehen, findet selbst Schützenmeister Fischer, der sich in die Personalie aber nicht einmischen will und nur sagt: "Schießen kann der Arben richtig gut!"

Weder Kucana noch Polter wollen sich momentan in der Sache äußern, auch zwischen den beiden herrscht Funkstille. Zumindest den Rest des Teams tangiere die Streitigkeit aber nicht, versichert Fischer. "Die Laune war diesmal gut", meint er. Am letzten Wettkampfwochenende im Januar entscheidet sich nun, ob die HSG München noch einen Platz unter den besten Vier erreicht. Momentan sind die Münchner als Sechster punktgleich mit dem Dritten. Da auch ein direktes Duell mit dem Fünften Weil am Rhein (12. Januar, 16 Uhr) ansteht, hat man die Qualifikation zur Endrunde in Paderborn (2./3. Februar) in der eigenen Hand, müsste aber beide ausstehenden Hauptrunden-Wettkämpfe gewinnen. Fischer spricht von "zwei Duellen auf Augenhöhe". Es wird also sicher wieder knapp und auch ein bisschen kompliziert bei der HSG, so wie schon das ganze Jahr: Acht von neun Wettkämpfen endeten bislang mit dem knappstmöglichen Ergebnis 3:2 bzw. 2:3 - zumindest den Titel des "Spannungsmeisters" hält man also momentan in der Bundesliga. Einen Meistertitel haben die Münchner dagegen noch nie gewonnen. Davon sind sie auch noch ein gutes Stück entfernt.

© SZ vom 10.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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