Volleyball-Bundesliga:Wie ausgewechselt

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Zurück im Siegermodus: Douglas da Silva (Mitte), umringt von feiernden Alpenvolleys. (Foto: Günther Kram/oh)

Hypo Tirol Alpenvolleys Haching verzichten beim 3:2-Auswärtserfolg gegen Pokalsieger und Rekordmeister Friedrichshafen auf "blöde Fehler" und übernehmen durch diesen Sieg wieder die Tabellenführung in der Bundesliga.

Von Katrin Freiburghaus, Friedrichshafen/München

Zweiter gegen Erster, Favoritenrolle verteilt: So einfach hätte man es sich vor der Partie des VfB Friedrichshafen gegen den Tabellenführer Hypo Tirol Alpenvolleys Haching am Samstag machen und das 3:2 (25:15, 18:25, 20:25, 25:16, 15:13) der bayerischen Tiroler unbeeindruckt zur Kenntnis nehmen können. So einfach war es aber nicht. Denn erstens fährt, Tabelle hin oder her, niemand als Favorit zum Rekordmeister nach Friedrichshafen, sofern er nicht gerade Berlin heißt; zweitens sprachen die jüngsten Ergebnisse eher für den VfB. "Wir hatten 0:3 in Berlin verloren, die haben den Pokal gewonnen, das war nicht gerade optimal", sagte Alpenvolleys-Libero Florian Ringseis zur Ausgangslage.

Die Show-Einlage, als sich der VfB vor dem Anpfiff von knapp 2500 Zuschauern mit dem Pokal bejubeln ließ, hatte also durchaus eine psycho-taktische Komponente. Die lief allerdings ins Leere, weil die Alpenvolleys gar nicht daran dachten, sich nach der Pleite in Berlin ein zweites Mal von einer großen Kulisse einschüchtern zu lassen, sondern die Gastgeber im ersten Durchgang einfach überrollten. "Wir haben ein Wahnsinnsspiel gemacht und gezeigt, dass Berlin ein Ausrutscher war", sagte Ringseis. In der Tat präsentierten sich die Alpenvolleys in Angriff und Aufschlag wie ausgewechselt: Kirill Klets und Pawel Halaba kratzten an der 20-Punkte-Marke, und der Brasilianer Hugo, dem in der Hauptstadt praktisch nichts gelungen war, wurde mit 24 Punkten Topscorer.

Er war es auch, der zum Auftakt zwei Asse servierte; seine Mitspieler fügten allein im ersten Satz fünf weitere hinzu. "Wir waren extrem aggressiv und haben sofort Präsenz gezeigt", sagte Trainer Stefan Chrtiansky, "das war entscheidend für das ganze Spiel." Im zweiten Satz hatte sich der VfB vom Schreck über die selbstbewussten Gäste erholt und brillierte in der Feldabwehr mit starken Reflexen und guter Organisation. Die Alpenvolleys ließen sich davon entnerven und hielten nur bis zur ersten technischen Auszeit mit. Im dritten Satz riss der Faden nach der zweiten technischen Auszeit. Dennoch lobte Chrtiansky seine Spieler für ihre unverändert positive Körpersprache. "Es war wichtig, dass wir da nicht nachgelassen haben", sagte er.

Nach dem 1:2-Rückstand drehten sich die Kräfteverhältnisse in Durchgang vier erneut; die Alpenvolleys erzeugten wieder mehr Druck. Zudem gelang es dem Team bis zum Schluss, eigene Fehler in wichtigen Situationen schneller abzuhaken, als es in Berlin und auch schon gegen Herrsching der Fall gewesen war, wo nach missglückten Aktionen in schöner Regelmäßigkeit zwei, drei weitere Punkte an den Gegner gegangen waren. "Wir haben das Berlin-Spiel analysiert, und heute hat im Angriff einfach keiner blöde Fehler gemacht", fasste Chrtiansky zusammen, weshalb sein Team Friedrichshafen einen offenen Schlagabtausch lieferte und nach fünf Sätzen das bessere Ende für sich hatte.

Drei Spieltage vor dem Ende der Hauptrunde bleibt die deutsch-österreichische Co-Produktion Erster und hat wieder einen Punkt Vorsprung auf Friedrichshafen. Wie viel der erste Platz im Poker um einen möglichst schwachen Gegner in einem potenziellen Halbfinale wert ist, lässt sich nicht sagen, seit der lange indisponierte Meister Berlin durch die Nachverpflichtung von Zuspieler Sergej Grankin doch noch in der Saison angekommen ist. Die Ausgangsposition für die Viertelfinals ist aber ohnehin hervorragend. Und auch das Saisonziel von Manager Hannes Kronthaler, sich als dritte Kraft in der Liga zu etablieren, darf spätestens jetzt als erreicht gelten.

© SZ vom 04.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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