Volleyball-Bundesliga:Verflixtes zweites Jahr

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Der TSV Herrschings präsentiert Nationalspieler Patrick Steuerwald und nennt sieine Ziele

Von Sebastian Winter, Herrsching

Patrick Steuerwalds Haare sind länger geworden, länger jedenfalls, als man sie aus Erstligazeiten mit Hachings Volleyballern in Erinnerung hat. Zwischen 2006 und 2010 und noch einmal in der Saison 2012/13 spielte er dort und wurde dreimal deutscher Pokalsieger. Zwischendurch und danach verdiente der Zuspieler in Polen, Frankreich und Italien sein Geld. Und nun sitzt er im Technologiepark Seefeld auf dem Podium - als neuer Kapitän von Herrschings Volleyballern.

Ein kleiner Werbefilm läuft auf dem Beamer, er zeigt ein Kind, das im Geschichtsbuch "Märchen vom Ammersee" blättert, es sieht die Erfolge des Klubs aus der vergangenen Premierensaison in der ersten Liga. Steuerwald sieht sich das Filmchen an, als es fertig ist, sagt er bald darauf: "Das zweite Jahr ist immer das schwierigste Jahr. Aber wir wollen und können die Teilnahme an den Playoffs erreichen." Die Erwartungen sind also gestiegen, nach dem Herrsching durchaus überzeugt hatte im ersten Erstligajahr, aber in den Pre-Playoffs an Mitteldeutschland scheiterte.

TSV-Trainer Max Hauser ist ganz auf der ofensiven Linie seines Kapitäns. (Foto: oh)

Das hängt natürlich auch mit der Verpflichtung Steuerwalds zusammen, dem 120-maligen Nationalspieler. Aber nicht nur mit ihm: Denn Herrsching holte in seinem Gefolge weitere Profis, wie Libero Ferdinand Tille, der am Mittwochabend nicht neben Steuerwald saß. Tille hatte Wichtigeres zu tun, er wehrte sich in Sofia mit der deutschen Nationalmannschaft letztlich vergeblich gegen das Europameisterschafts-Aus im Viertelfinale gegen Gastgeber Bulgarien. Neben den beiden ehemaligen Hachingern spielt auch Außenangreifer Phillip Trenkler (CV Mitteldeutschland) künftig am Ammersee. Außerdem konnten die Herrschinger den slowakischen Nationalspieler Peter Ondrovic zu sich locken, der wie Tille bei der EM spielte, aber mit der Slowakei schon nach der Gruppenphase ausschied. "Wir haben hervorragende Neuzugänge, meiner Meinung nach geht nicht mehr", sagt TSV-Trainer Max Hauser. Steuerwald sieht er als "zum Glück sehr, sehr kritischen Spieler, seine Bissigkeit und Einstellung bringt unser Training auf eine neue Ebene".

Hauser ist froh, bald auch Tille und Ondrovic begrüßen zu können. Denn dass sein Kader so kurz vor dem Saisonstart am 24. Oktober zu Hause gegen Lüneburg (Samstag, 18 Uhr) noch nicht komplett ist, macht auch ihm Sorgen vor dem verflixten zweiten Jahr. "Ich glaube, dass wir mit dem Kader aus dem vergangenen Jahr in dieser Saison sehr alt aussehen würden", sagt Hauser: "Die Liga wird immer stärker, ist sehr ausgeglichen." Auch Herrsching hat seinen Etat erhöht, bei 420 000 Euro ist der Klub mittlerweile angelangt. Das sind zwar 80 000 Euro weniger als die angepeilte halbe Million, aber weit mehr als der Etat aus der vergangenen Spielzeit, der knapp 300 000 Euro betrug.

Auch sonst hat sich einiges getan 30 Kilometer westlich von München. Die Gehälter der Spieler wurden aufgestockt, die meisten trainieren auch mehr, quasi unter Profibedingungen. Spieler wie Tille, Steuerwald und Ondrovic sind auch nicht für ganz kleines Geld zu haben, im Vergleich zu ihren Auslandsstationen haben sie aber einige Abstriche gemacht. Tille und Steuerwald möchten ihr Fernstudium forcieren, sie sind außerdem in München familiär sehr verwurzelt. Tille ist Mühldorfer, seine Freundin wohnt in der Gegend. Steuerwald wird bald Vater. Das alles hat dazu beigetragen, dass Herrsching sich diese beiden, für den Klub eigentlich zu guten, langjährigen Nationalspieler schnappen konnte. Tille hat gerade vor 12 500 Zuschauern in Sofia gespielt. Man darf gespannt sein, wie er und Steuerwald mit der Herrschinger Nikolaushalle zurechtkommen, einem Backsteinbau, der aus allen Nähten platzt, wenn 1000 Zuschauer kommen - und für den es weiterhin keine Alternative gibt. Tille und Steuerwald müssen ihr Spiel umstellen, das steht fest. Andererseits dürfen sie auch eines erwarten: In Windeseile vom Publikum in die Arme geschlossen zu werden.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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