Volleyball-Bundesliga:Federn und Federn lassen

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"Höhen und Tiefen": Leicht zerrupft gehen die Herrschinger Norbert Engemann und Benedikt Sagstetter (v.l.) vom Feld. Das 2:3 gegen Lüneburg zeigte, dass das Team in seinen Leistungen noch zu sehr schwankt. (Foto: Oryk Haist/imago)

Der TSV Herrsching unterliegt Lüneburg knapp in fünf Sätzen. Trainer Hauser ist mit dem Saisonstart dennoch zufrieden.

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

So ein Ruf ist eine sensible Angelegenheit: Ein, zwei Unüberlegtheiten - schon ist er ruiniert. Die WWK Volleys Herrsching, mittlerweile im sechsten Jahr mit ihrem sorgsam ausbalancierten Bad-Boy-Image in der Volleyball-Bundesliga unterwegs, hatten sich in den ersten Wochen dieser Saison öffentlich gleich mehrfach so sachlich und vorausschauend präsentiert wie selten: In der Hallenfrage gibt es Hoffnung und - falls aus dem Vorhaben, in Fürstenfeldbruck zu bauen, nichts werden sollte - sogar einen Plan B, nämlich die Rückkehr in Liga zwei. Trainer Max Hauser diskutierte im Studio eines Münchner Fernsehsenders einträchtig mit Hannes Kronthaler, dem Generalmanager der in Innsbruck und Unterhaching beheimateten Alpenvolleys, über den Volleyball-Standort Bayern. Ein seriöser Dialog statt Seitenhieben.

Nach so viel Harmonie war es am vergangenen Samstag deshalb offenbar an der Zeit, mal wieder aktiv gegenzusteuern. Und so bot das Rahmenprogramm zum engen sportlichen Duell mit der SVG Lüneburg, das Herrsching 2:3 (25:18, 22:25, 18:25, 25:20, 12:15) verlor, bewährte Sticheleien. Dazu gab es als Kulturbeitrag in der Satzpause bayerische Folklore: Rekonvaleszent Tom Strohbach und der ehemalige Herrschinger Daniel Malescha übten sich in der Disziplin des Maßkrugstemmens.

Vor dem Spiel kommt es zum verbalen Scharmützel zwischen "Lünehünen" und "Lünehühnern"

Zuvor hatte Herrsching die Lüneburger Spielankündigung gekontert, in der die Niedersachsen die Volleys als "selbsternannten ,geilsten Club der Welt'" bezeichneten: Die Volleys warben ihrerseits für das Duell mit der "selbsternannten ,SVG'". Kurz vor dem Anpfiff hielt der in Arbeitskleidung gewandete Hallensprecher ein aufblasbares Huhn auf seinem Schoß, eines der "berüchtigten Lünehühner", wie er erklärte - eine Verballhornung des Lüneburger Spitznamens "Lünehünen". Er kündigte an, man werde das Huhn nun gemeinsam rupfen, und warf mit großer Geste drei Federn in die Luft.

Nach dem Spiel bemerkte Gäste-Trainer Stefan Hübner mit Blick auf seinen Arm süffisant: "Es sind noch ganz schön viele Federn dran." Herrschings Trainer Hauser lächelte dazu amüsiert bis gequält. Das mochte darin begründet liegen, dass zumindest ein paar mehr Federn drin gewesen wären. Denn die Lüneburger waren in jenen Phasen, in denen sie ihre Länge mit Schnellangriffen durch die Mitte ausspielten, tatsächlich schwer zu bändigen, kamen dank starker Phasen der Gastgeber aber nicht durchgängig dazu. "Beide Mannschaften haben jeweils zwei Sätze unheimlich gut aufgeschlagen und die auch deutlich gewonnen", analysierte Hauser, der eine Entscheidung im Tiebreak "gerechtfertigt" fand.

Herrsching steht mit sieben Punkten auf einem Playoff-Platz. Dort wollen sie bleiben

Dort verloren die Herrschinger durch eine umstrittene Entscheidung zum 0:1 kurzzeitig den Faden und holten ihren frühen 0:3-Rückstand nie komplett auf. Dennoch kämpfte sich das Team bis auf 12:13 heran. Dass es nicht zum Match-Gewinn reichte, führte Hauser konkret auf "zwei sehr glückliche Angriffe von Lüneburg" in der Schlussphase, insgesamt aber darauf zurück, "dass wir noch viele Höhen und Tiefen haben". Der Start in die Spielzeit sei mit zwei knappen Heimniederlagen im Tiebreak gegen die Alpenvolleys und Lüneburg sowie den beiden Auswärtserfolgen in Giesen und Rottenburg dennoch "fast ein bisschen besser gelaufen, als ich dachte". Mit sieben Punkten rangieren die Herrschinger in der Tabelle dort, wo sie auch am Saisonende stehen wollen: auf einem Playoff-Platz. Die zwei Wochen bis zum nächsten Liga-Spiel am 9. November gegen Berlin wolle er nutzen, "um akribisch an den einzelnen Spielern zu arbeiten", sagte Hauser. Während der englischen Woche sei dafür keine Zeit geblieben.

In diesem Bereich liegt aber offensichtlich noch großes Potenzial. So spielten Herrschings Punktbeste, Diagonalangreifer Jalen Penrose (18) und Außenangreifer Jori Mantha (19) am Samstag phasenweise deutlich stärker als zu Saisonbeginn, aber noch keinesfalls fehlerfrei. "Wir haben eine Mannschaft, die am Ende sehr stark sein kann", betonte Hauser erneut. Dass ihr aktueller Leistungsstand von "ungefähr 75 Prozent" reichte, um bisher in jedem Spiel zu punkten, nehme er "gerne mit". Wann Strohbach aktiv zu dieser Mannschaft stößt, ist offen. In einer Woche sind erste Einheiten im Sand geplant, entscheidend sei aber, "dass er so gut arbeitet, wie es geht, aber auch nicht früher spielt, als es geht", sagte Hauser. Das nächste Hühnchen müssen die Herrschinger ohne ihn rupfen: am Wochenende im Pokal-Achtelfinale gegen Zweitligist Mainz.

© SZ vom 28.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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