Volleyball-Bundesliga:Der Fluch der Teilzeit

Lesezeit: 2 min

Irgendwer stört immer: Hier versucht Herrschings Julius Höfer einen Weg vorbei am Friedrichshafener Block zu finden - wie meist vergeblich. (Foto: Georgine Treybal)

Ohne ihren weiter verletzten Zuspieler Patrick Steuerwald hat Herrsching gegen Meister Friedrichshafen keine Chance

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Es gibt Situationen, die für sich selbst sprechen: Dass der VfB Friedrichshafen in einer restlos vollgestopften Herrschinger Halle klar mit 3:0 (25:22, 25:17, 25:18) gewann, spiegelte am Samstag perfekt wider, dass sich der TSV zwar mühte, gegen den deutschen Volleyball-Meister jedoch chancenlos war. Während Herrschings erster Heimniederlage nach zuletzt vier Siegen war aber noch etwas anderes zu beobachten: zwei Trainer, Max Hauser auf Seiten des TSV und Stelian Moculescu beim VfB, die das Tun ihrer Mannschaften emotional sehr unterschiedlich begleiteten. Moculescu sah eigentlich immer irgendwie beleidigt aus und präsentierte nach Fehlern geschätzte 50 verschiedene Gesichtsausdrücke für Missbilligung. Hauser verfolgte die vielen Rückstände seines Teams dagegen mit einer Miene, als hätte er jedes Mal selbst eine rechte Gerade kassiert.

Interessant ist das deshalb, weil es die Antwort darauf gibt, warum Friedrichshafen auf Platz zwei steht, während Herrsching vor den letzten beiden Hauptrundenspielen vier Punkte Rückstand auf Platz sechs hat, der zur direkten Playoff-Teilnahme berechtigt. Moculescu ist ein Profi, der Profis für Titelgewinne trainiert. Hauser dagegen ist ein Lehrer, der in seiner Freizeit Spieler betreut, von denen viele ebenfalls lediglich in ihrer Freizeit zum Üben kommen. Sie haben Spaß zusammen. Anspruchsvollen Spaß, aber Spaß.

Moculescu hat folglich jede Berechtigung, drohende Blicke schweifen zu lassen. Hauser dagegen zählte ohne Groll auf, wer alles einen schlechten Tag erwischt hatte: Phillip Trenkler, den er früh auswechselte, und Diagonalangreifer Daniel Malescha. Hauser machte sich weniger Sorgen um das verlorene Spiel als das Nervenkostüm der Spieler: "Die machen manchmal einen Stress, wenn gar kein Stress da ist. Ich sehe das nicht so tragisch."

Zumal die mangelhafte Vorstellung im Angriff viel mit der Verletzung von Zuspieler Patrick Steuerwald zu tun hatte. "Wir sind im Moment als Mannschaft schlecht, weil wir nicht eingespielt sind", sagte Hauser. Steuerwald plagt eine Daumenverletzung. Er begann gegen den VfB, hatte aber Schmerzen und kam nicht in Tritt. Tobias Neumann übernahm, doch Neumann ist einer jener Spieler, die nicht öfter als dreimal pro Woche Zeit haben. "Und das reicht gegen den VfB halt nicht", weiß Hauser.

Im Angriff passte deshalb wenig zusammen. Gut lief es für Herrsching immer dann, wenn der VfB agierte und Hausers Mannen den Ball irgendwie so lange im Spiel hielten, bis die Gäste am Block oder an sich selbst scheiterten. Die eigenen Offensivbemühungen förderten dagegen Abenteuerliches zu Tage: Malescha kam bei 18 Versuchen auf fünf Punkte. Die Angriffsquote des gesamten Teams lag lediglich bei 40 Prozent - dafür gelangen Herrsching neun Blockpunkte. Hauser zieht es in Erwägung, Steuerwald mit Blick auf die Playoffs respektive Pre-Playoffs am Mittwoch in Königs Wusterhausen oder gar bis zum Ende der Hauptrunde zu schonen.

Seine Planungen reichen jedoch noch weiter. Er denke intensiv darüber nach, wie er den Stammkader über die Saison hinaus halten und zugleich Verstärkung verpflichten könne, sagte er am Samstag. Der Besuch des VfB passte gut zu diesen Gedanken, führte er doch eindrucksvoll vor, was Hauser bräuchte, sich aber nicht leisten kann: "Leute, die acht Mal zum Training kommen." Außenangreifer Julius Höfer wird nicht dazugehören. "Professionalisierung ist die richtige Richtung", sagte er, "aber es ist leider nicht meine." Höfer kündigte an, vom Herbst an deutlich kürzer zu treten. Komplett in die zweite Mannschaft verabschiedet wurde am Samstag Mittelblocker Michael Wehl.

Kurzfristig kündigte Hauser derweil an, am Montag "alle Sachen zu üben, die heute gar nicht geklappt haben" und zu hoffen, "dass zweieinhalb Stunden dafür reichen". Er lachte. Andererseits ist Königs Wusterhausen nicht Zweiter, sondern Vorletzter - womöglich reicht der Montag also doch. Katrin Freiburghaus

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: