Unterhaching:Seelenmassage im Bus

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Die Regionalliga-Fußballer der SpVgg Unterhaching erleben ein hartes Wochenende: Zunächst wird bekannt, dass der Verein aus finanziellen Gründen keine Drittligalizenz beantragt hat, dann kassieren sie beim ersten Punktspiel des Jahres in Schweinfurt in letzter Sekunde den Ausgleich

Von Stefan Galler, Unterhaching

Von Reihe zu Reihe tankte sich Manfred Schwabl durch den Mannschaftsbus und verabreichte den Jungs verbale Streicheleinheiten. Die Regionalligafußballer der SpVgg Unterhaching konnten den Zuspruch des Präsidenten auch dringend gebrauchen, denn das Wochenende hatte durchaus Potenzial, auch den wenigen erfahreneren Kräften im Kader an die Nieren zu gehen. Der Sieg im ersten Ligaspiel des neuen Kalenderjahres war den Hachingern zuvor in allerletzter Sekunde entrissen worden, Gegner Schweinfurt 05 gelang der 1:1-Ausgleich erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit.

Dieses Erlebnis hätte alleine schon ausgereicht, um jene "tiefe Traurigkeit" hervorzurufen, die Trainer Claus Schromm nach dem Abpfiff in der SpVgg-Kabine ausmachte. Dazu kam aber noch ein weiterer wenig erbaulicher Umstand: Kurz vor der Partie war bekannt geworden, dass die Hachinger keine Lizenz für die kommende Drittligasaison beantragt haben - zu groß seien die finanziellen Unwägbarkeiten. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass ein potenzieller "strategischer Partner" aus der Medienbranche ein mögliches Engagement beim Vorort-Klub zumindest vorerst auf Eis gelegt hat. "Es ist wirklich beeindruckend, wie sich die Jungs auf einem ekligen Platz gegen einen schwierig zu bespielenden Gegner reingehauen haben", so Schromm. "Und das wo es eigentlich auf Deutsch gesagt für'n Arsch ist, wie das Spiel ausgeht, weil alle Träumereien vom Aufstieg definitiv weg sind."

Angesichts von nunmehr zehn Punkten Rückstand auf Tabellenführer Wacker Burghausen dürfte Rang eins in der Regionalliga Bayern aber sowieso kein Thema mehr sein. Es geht weiterhin darum, einen Kader herauszuarbeiten, der in der kommenden Spielzeit um die Meisterschaft mitspielen soll. "Dieses Casting haben wir im Prinzip ja schon die ganze Saison. Und dass wir mit der Kaderzusammenstellung nicht so falsch liegen, hat sich in Schweinfurt gezeigt: Alle haben sich reingehauen."

Von den drei Zugängen standen zwei gleich in der Startelf: Sascha Bigalke war bei seinem ersten Pflichtspiel nach über einjähriger Verletzungspause ein "belebendes Element" (Schromm) im offensiven Mittelfeld und Vitalij Lux, der vom 1. FC Nürnberg II in den Sportpark gewechselt war, sorgte für viel Gefahr über die Außenbahn. "Er hat auch unheimlich viel nach hinten gearbeitet", resümierte Schromm, dessen Team bei schwierigen Platzverhältnissen nur langsam aus den Startlöchern kam. "Dennoch ein Kompliment an die Platzwarte, der Untergrund war gewalzt und eben, aber leider sehr seifig und tief." Die Schweinfurter "Schnüdel" kamen mit den Bedingungen zunächst besser zurecht, Steffen Krautschneider hatte die ersten Gelegenheiten, auch Tom Jäckel versuchte es mit einem Distanzschuss - vergeblich (23.). Erst jetzt war auch Haching da - und wie: Markus Einsiedler verpasste eine Hereingabe von Bigalke nur knapp, nach Ablage von Bigalke schoss Luca Marseiler nur um wenige Zentimeter vorbei und auf Pass von Alexander Sieghart zirkelte Bigalke die Kugel auf das Tordach.

Der nächste Versuch saß dann: Die Unterfranken konnten einen Ball nicht klären, der folgende Pressschlag fiel Bigalke vor die Füße und der 26-Jährige überwand FCS-Torwart Julian Schneider aus halblinker Position zum 0:1 (41.). "Wir haben die dortigen Voraussetzungen gut angenommen. Auf einem solchen Platz darfst du nicht in Schönheit sterben, sondern musst auch mal lange Bälle spielen und auf den zweiten Ball gehen", sagte Schromm.

Auch im zweiten Durchgang ging es in den Zweikämpfen hoch her, Torszenen blieben Mangelware. Die beste Ausgleichschance für die Schweinfurter vergab Jäckel, der aus fünf Metern an den vereinten Hachinger Abwehrbeinen abprallte (65.); und dann kam die aus Hachinger Sicht fatale Nachspielzeit, als es die SpVgg nicht fertigbrachte, einen Eckball endgültig zu klären, der aufgerückte Abwehrspieler Joe Bechmann überwand Torwart Stefan Marinovic mit aller Entschlossenheit per Kopf. "Eine gefühlte Niederlage für uns", fand der diesmal als Innenverteidiger aufgebotene Kapitän Ulrich Taffertshofer. "Wir hätten unsere Kontersituationen besser ausspielen und den Sack zumachen müssen."

Nur gut, dass der Präsident später im Bus Seelenmassage betrieb. "In bewährter Manier", wie Trainer Schromm augenzwinkernd kommentierte.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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