Tennis:Kleine Schritte

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Sehr schnell auf Weltranglisten-Platz 45 geklettert – vielleicht zu schnell: Maximilian Marterer. (Foto: Peter Schatz/imago)

Nach einem Jahr des Aufstiegs kehrt Maximilian Marterer zu den BMW Open zurück. Der 23-Jährige hatte zuletzt aber ähnlich zu kämpfen wie manch deutscher Kollege.

Von Gerald Kleffmann, München

Michael Kohlmann hatte Glück in diesem Moment, die Sonne schien und wärmte kurz, während er am Trainingsplatz vor dem Klubhaus saß. An diesem Wochenende sollte es ja noch ganz anderes Wetter geben, manchmal wehte ein giftig-kaltes Lüftlein, Wolken verdüsterten dann plötzlich den Himmel, immerhin regnete es nicht. Es hätte an diesem Auftaktwochenende der BMW Open beim MTTC Iphitos schlechtere Bedingungen geben können. Aber auch bessere. Es ist April, klar. Aber: Es war auch, als würde sich das Klima dem Zustand des deutschen Männertennis anpassen.

"Wir Deutschen haben gerade eher eine schwierige Phase", bekennt Kohlmann, Davis-Cup-Teamchef und Leiter des DTB-Bundesstützpunktes in Oberhaching. Bezeichnend für diese Entwicklung ist nicht nur das leichte Straucheln des besten Deutschen Alexander Zverev, bis auf Jan-Lennard Struff kämpfen viele Deutsche gerade einen eigenen Kampf, gegen was auch immer. Yannick Hanfmann, der in München schon mal begeistert hat, quälten lange Zeit Sehnenprobleme im Schlagarm. In der Qualifikation verlor er in der ersten Runde, allerdings Mut machend. Der Italiener Lorenzo Sonego stand kürzlich beim Masters-Turnier in Monte Carlo im Viertelfinale und musste gegen den Karlsruher Hanfmann, 27, über drei Sätze gehen (7:6, 6:7, 6:3). Matthias Bachinger, 32, aus München hat immer wieder kleine Erfolge, aber auch Rückschläge. Er unterlag Andrej Rubljow 6:7, 2:6. Der Russe, andererseits, ist ein Guter und war lange verletzt. Er stand 2017 seinerseits im Viertelfinale der US Open. Cedrik-Marcel Stebe, der eine ganze Saison verletzt auslassen musste, stieß wiederum beim 3:6, 6:7 gegen den Usbeken Denis Istomin noch an seine Grenzen, "aber ich fühle mich endlich wieder fit", sagte er in München.

Auch Kohlmann sieht seine Rückkehr mit Freude, doch Geduld wird vonnöten sein. Aber wenn es jemanden gibt, der täglich auf diesem Gebiet geschult wird, ist es zurzeit Kohlmann samt dem Trainerteam in der "Base" in Oberhaching, auch Sitz des BTV-Leistungszentrums. Marvin Möller, 20, sollte wie in den vergangenen Wochen von Kohlmann mit betreut werden. Doch der Hamburger hat ähnliche Probleme wie Stebe damals, gar an der Schlaghand. Qualifikant Yannick Maden, 29, schaffte am Sonntag immerhin den Sprung ins Hauptfeld, der Stuttgarter siegte 6:2, 6:2 gegen den Tschechen Lukas Rosol.

Kohlmanns Hauptspieler, den der frühere Profi betreut, ist nach wie vor Maximilian Marterer. Der Nürnberger war 2018 ein Aufsteiger der zweiten Reihe hinter Zverev und dem unverwüstlichen 35-jährigen Philipp Kohlschreiber (den es dieses Jahr auch ein bisschen öfter hier und da mal zwickte). Marterer schlug bei den BMW Open 2018 in Runde eins den starken Argentinier Diego Schwartzman, der wieder in München teilnimmt. In Paris erreichte er das Achtelfinale und wehrte sich tapfer gegen den Sandplatzzermürber Rafael Nadal. Bis auf Rang 45 der Weltrangliste spielte sich Marterer hoch - doch dann folgten Probleme, die nicht mal auf Probleme in seinem Tennis zurückzuführen sind. Er hatte auf einmal ganz andere Gegner.

"Maxi war so schnell so hoch gestiegen, dass er quasi große Turniere wie die 500er und 1000er spielen musste", erklärt Kohlmann. Nicht, dass dies nicht das Ziel gewesen wäre. Aber: "Plötzlich spielte er sehr, sehr oft gegen Leute der Top 30, Top 20", sagt Kohlmann. Es war, als hätte Marterer zwei Klassen übersprungen. Er blieb dran, doch verlor öfter und damit auch ein wenig an Selbstvertrauen. Auf Rang 102 ist er zurzeit geführt, in der ersten Runde in München trifft er am Dienstag auf den Argentinier Juan Ignacio Londero (ATP-Nr. 79). Sollte er gewinnen, wäre gleich wieder ein Schwergewicht sein Gegner: Titelverteidiger Zverev. "Für Maxi war es wichtig, das Gefühl zu erhalten, sich in ein Turnier zu spielen", sagt Kohlmann, "daher hat er zuletzt auch das Challenger gespielt." In Francavilla in Italien erreichte er gerade das Halbfinale, nachdem er drei Matches in Serie gewonnen hatte. Mit 23 ist er immer noch in der Entwicklung und muss Erfahrungen sammeln, mit welchem Weg er sich wie am besten behauptet. Im Frühjahr etwa hatte Marterer erstmals die ATP-Turniere in Südamerika gespielt (ohne Kohlmann, der Marterer 20 Wochen im Jahr betreut). Die Ausbeute war spärlich, "aber er wird daraus lernen, was für ihn passt", sagt Kohlmann. Für die deutschen Tennismänner wie Marterer sind nun gerade auch die kleinen Schritte nach vorne wichtig.

© SZ vom 29.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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