Tennis:Der Zirkus kommt in die Stadt

Lesezeit: 3 min

Zweitligist Großhesselohe hat für die kommende Saison einen erstligareifen Kader zusammengestellt. Zugpferd ist Topspieler Florian Mayer, das Ziel ist der Aufstieg - was sonst

Von Ralf Tögel

Strahlender Sonnenschein, 28 Grad: Es benötigt nicht viel Fantasie, um zu erraten, dass sich Christopher Kas nicht hierzulande aufhalten kann. Er ist in Dubai. Die Wassertemperatur? Aber hallo. "Ich bin zum Arbeiten hier, wir sind entweder auf dem Platz oder im Kraftraum", sagt Kas. Kas ist Tennistrainer von Beruf, und wir, das sind Kas und Mona Barthel, die Nummer 183 der Weltrangliste. Die 26-Jährige war schon einmal auf Position 23 gelistet. Kas, der schon Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki trainiert hat, soll nun Barthel wieder nach oben bringen. Aber Kas ist nicht nur erfolgreicher Trainer, er ist auch Teammanager des TC Großhesselohe und als solcher gerade im Begriff, auch diesen nach oben zu bringen.

Der Tennisklub aus dem Münchner Süden hat einen wahren Coup gelandet, was das Gesicht der Mannschaft betrifft: Florian Mayer, aktuell hinter Alexander Zverev und Philipp Kohlschreiber der drittbeste deutsche Spieler, wird in der kommenden Saison für Großhesselohe in der zweiten Liga Süd aufschlagen. Die treibende Kraft hinter dieser Neuausrichtung ist Bernard Eßmann, der als Vorsitzender in sein fünftes Amtsjahr geht und nun eine neue Zeitrechnung im Verein initiiert hat. Sein Vorgänger Leo Benz hatte die erste Bundesliga kategorisch ausgeschlossen, sie als "Zirkus" bezeichnet. Tennis auf gutem Challenger-Niveau war sein Klub-Credo, was den Leistungssport betrifft. Attraktiv war das allemal, doch für die kommende Saison hat Kas ein Team zusammengestellt, das wohl auch in der ersten Liga bestehen könnte.

Der Vorjahresvierte hat alle Topspieler gehalten, allen voran den Schweizer Daviscup-Spieler Marco Chiudinelli, Nummer 120 der Welt. In Vladimir Ignatik (Nummer 192), Andrey Golubev (233) und Gianluigi Quinzi (292) kommen drei weitere Spitzenkräfte hinzu. Präsident Eßmann will aber auch weiterhin an der Linie festhalten, "den Fokus auf die Jugend" zu legen. Dem trägt der Klub mit den Zugängen Marek Jaloviec (319) und vor allem dem 16-jährigen Talent Leopold Zima Rechnung. Kas sieht in dem 22-jährigen Tschechen Jaloviec zudem eine Verstärkung: "Er hat viel Potenzial, ist in München aufgewachsen, lebt und trainiert hier. Er passt also perfekt in unser Konzept."

Was im Übrigen auch für Florian Mayer gelte: "Er ist das i-Tüpfelchen", findet Kas, weil er ebenfalls bestens ins Großhesseloher Schema passe. Mayer wohnt in der Nähe von München, trainiert in der Tennisbase Oberhaching und "ist einfach ein super Typ", so Kas, "jetzt haben wir einen Weltklassespieler auf einer ohnehin starken Mannschaft obendrauf". In der Tat, der 33-Jährige hat ein äußerst erfolgreiches Jahr hinter sich, neben Siegen gegen Topspieler wie die aktuelle Nummer acht Dominic Thiem oder Alexander Zverev (24) gewann Mayer das ATP-Turnier im westfälischen Halle. Aktuell steht der gebürtige Bayreuther, der in der Vorsaison bei Erstligist Aachen unter Vertrag war, auf Weltranglistenposition 50. Und Großhesselohes Vorstand verspricht, dass die Zuschauer den prominenten Zugang mindestens drei Mal werden sehen können. "Das ist keine Luftmeldung", bekräftigt Eßmann. Dass der Aufstieg die zwingende Folge dieser immens starken Mannschaft sein muss, will der TCG-Chef aber nicht sehen. Natürlich sei dies das Ziel, aber auch dank eines neuen Sponsors ist der Etat solide finanziert, sagt Eßmann. Die Mannschaft ist dem Vernehmen nach etwa 150 000 Euro teuer und in der Lage, in dieser Konstellation auch in der Bundesliga aufzuschlagen. "Wenn sich die jungen Spieler so entwickeln, wie wir uns das vorstellen", erklärt Kas, "kann man mit dieser Mannschaft auch in der ersten Liga spielen." Was auch nicht teurer werden würde, zumal im Oberhaus mit Vierer- statt wie in Liga zwei mit Sechser-Teams gespielt wird.

Schon jetzt ist Großhesselohe eine Top-Adresse im deutschen Tennis. Neben den Männern sind auch die Frauen in der zweiten Bundesliga notiert, die Herren 30 spielen erstklassig. Eine Zirkusnummer will aber auch Eßmann aus dem Klub nicht machen: "Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir nur auf die ersten Herren schauen", er räume dem Breitensport denselben Stellenwert ein. "Wir investieren viel im Bereich Kinder und Jugendliche", 90 neue Mitglieder in diesem Bereich würden das belegen und zudem dem aktuellen Trend widersprechen. "Unsere Mitgliederzuwächse sind die schönste Nachricht", sagt Eßmann, derzeit seien es mehr als 1000: "So viele wie noch nie", betont Eßmann. Man hört ihm den Stolz darauf an. Der Klub habe auch einiges in die Anlage investiert: "Wichtig ist, dass wir die Balance halten zwischen Leistungssport und Breitensport", erklärt der Vorsitzende, "es läuft gut", weshalb ihm sein Engagement große Freude bereite. Auch Kas macht die Arbeit derzeit viel Spaß, das liege aber nicht nur an Dubai. Sondern auch daran, welche Möglichkeiten ihm der TCG-Boss für seinen zweiten Job schafft.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: