SV Pullach:Zitterpartie

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Grummelnd in der Coaching-Zone: 1860-Trainer Frank Schmöller, links, beobachtet einen Zweikampf zwischen dem Pullacher Jan Penic (schwarzes Trikot) und Kevin Nsimba. (Foto: Markus Fischer/Passion2Press/)

Gegen seinen Ex-Klub SV Pullach siegt Frank Schmöller mit dem TSV 1860 München II mit 1:0. Dennoch spart der Trainer nicht mit Kritik.

Von Fabian Dilger, München/Pullach

Mitten im Gespräch mit den Reportern musste sich Frank Schmöller nach dem Spiel kurz entschuldigen und zu den Fans vor dem Vereinsstüberl huschen, ein paar Hände drücken und Schultern klopfen. Mit Vehemenz hatten die Anhänger des TSV 1860 II die Anwesenheit des Trainers gefordert, sie wollten ihren Derbysieg gegen den SV Pullach auskosten und das Siegesglück teilen. Zuletzt hatte es ja mit dem Schlusspfiff nur Flüche beim Löwen-Nachwuchs gegeben. Nach einigen Rückschlägen zitterte Schmöllers Elf diesmal einen Vorsprung über die Ziellinie: 1:0 (1:0) hieß es am Ende.

"Die letzten 20 Minuten waren pure Angst, die pure Verunsicherung", sagt Schmöller

Nun ist der Trainer Frank Schmöller kein Mensch, der immer ein unbeschwertes Gemüt mit an die Seitenlinie bringt. Eine gewisse Grundskepsis gegenüber den Leistungen der eigenen Mannschaft ist bei ihm stets vorhanden. Beim Wiedersehen mit seinem alten Verein, dem SV Pullach, mit dem der ehemalige Profi Bayernliga-Meister wurde und den jetzt sein langjähriger Spieler Alexander Benede trainiert, war Schmöller trotz des Sieges fast die komplette Spielzeit über am Grummeln, Kopfschütteln und streifte, oft lautstark, missgelaunt durch seine Coaching-Zone. Die Gründe: Nach gutem Beginn ließen die Löwen deutlich nach und gewährten Pullach viel mehr Initiative, in der Schlussphase drückte der Gast dann vehement auf den Ausgleich, der leicht hätte fallen können. "Die letzten 20 Minuten war die pure Angst, die pure Verunsicherung bis nach draußen spürbar", sagte Schmöller hinterher. Nachdem die Löwen in den letzten Spielen mit schöner Regelmäßigkeit gegen Ende Ausgleichs- und Niederlagentreffer kassiert hatten, machte Schmöller zum Teil einen Memory-Effekt geltend: "Das ist ja vielleicht auch menschlich nach den letzten Ergebnissen. Deswegen ist dieser Sieg heute umso wichtiger."

1860 hatte den Gegner in den ersten zehn Minuten intensiv angelaufen und wollte ihn zu Fehlern zwingen. Nach und nach etablierten die Pullacher aber mehr und mehr Ballbesitz. Immer wieder forderte Benede "Ruhe" von seinen Spielern: den kurzen Ball, die Zirkulation des Spielgeräts. Pullach sah mit Ball am Fuß emsiger und strukturierter als die Sechziger aus, arbeitete einen Tick mehr.

Die Isartaler wirkten im Vergleich zu ihren jüngsten Niederlagen stark verbessert. "Es ist doch eine geile Truppe. Man schaut gerne zu", sagte Benede nach dem Spiel. Die beste Chance hatten die Pullacher in der 37. Minute, als Henri Koudossou von rechts Max Zander im Strafraum fand, der im Sprung den Ball über den Kasten jagte. Den Treffer machten in dieser Phase allerdings die Sechziger: Stürmer Tomislav Kraljevic wurde einmal auf Höhe des Strafraums gut eingesetzt und konnte unbedrängt zum 1:0 abschließen (32.). Es war eine der wenigen Torszenen im gesamten Derby.

Die zweite Halbzeit bot ein ähnliches Bild: Pullach war offensiv, Sechzig abwartend. Hundertprozentige Chancen kreierten die Raben aber nicht, eher "Halbchancen", wie Kapitän Alexander Jobst nach dem Spiel meinte. Am meisten davon in den geschäftigen letzten 20 Minuten, als Schmöller zittern musste: Jobst selbst brachte einen Freistoß-Aufsetzer aufs Tor, den Sechzigs Torwart György Székely wegklatschte, zum Einschuss stand aber niemand bereit. Székely klaute dann Michael Hamberger den Ball im Strafraum vom Schlappen (81.), kurz darauf wurde er noch vom eigenen Mann behindert, schnappte sich den Ball aber gleich wieder. Die 1860-Abwehr hielt letztlich stand. Pullach hatte viele Flanken, da fehle dann aber oft "die entscheidende Schärfe", sagte Benede: "Wir treffen aktuell nur nicht Schwarz-Gelb, sondern immer den Gegner."

"Wir treffen momentan immer den Gegner": Kurz vor Schluss sieht SV-Kapitän Jobst Rot

Die nervöse Schlussphase hätte seine Elf schon vorher vermeiden können, wenn sie ihre Gegenstöße konsequent ausgespielt hätte, kritisierte Schmöller auf der anderen Seite: "Die Kontersituationen spielen wir wahnsinnig schlecht aus, ich würde da nicht von Kontern sprechen, ich würde da von Rohrkrepierern sprechen." Bei einem dieser Konter sah Alexander Jobst nach einem Foul die rote Karte (87.).

Die Tabellensituation ist für die beiden jungen Teams im unteren Mittelfeld ähnlich, die Analyse der Trainer identisch: Beide Mannschaften können es besser, bringen es aber noch zu unregelmäßig auf das Spielfeld. "Im Training, ohne Druck, zeigen sie es regelmäßig", sagte Schmöller. Auch im Pullacher Training scheint mehr zu klappen als im Spiel, was laut Benede daran liegt, dass der "Transfer" noch nicht klappt. "Da müssen wir wieder hinkommen. Wir werden weitermachen."

© SZ vom 16.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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